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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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den Korb; ein zärtliches Lächeln stand in ihrem Gesicht. Garnet sah die vernarbten Hände, die mit den Ringellöckchen des Kindes spielten, und fühlte sich versucht, ihre Meinung zu ändern. Es war schließlich kein Wunder, daß Florinda eine so hohe Meinung vom Wert des Geldes hatte. Sie hatte ja nichts Eigenes, an das sie ihre Liebe hängen konnte. Nach der Siesta brachte ihnen ein Mädchen einen ganzen Stapel frisch gewaschener Wäsche. Garnet beschäftigte sich damit, eines von Stephens Jäckchen auszubessern, und Florinda hockte auf dem Fußboden und verstaute die Wäsche in einer Truhe. Darüber fand sie ihren Schmuckkasten. Sie öffnete ihn und besah sich aufmerksam den Inhalt. Schließlich nahm sie einen Ring mit einem außergewöhnlich großen und schönen Aquamarin heraus.
    »Ich denke, ich werde Doña Manuela diesen Ring schenken, wenn wir weggehen«, sagte sie. »Schau mal, ist er nicht hübsch?«
    Sie warf den Ring Garnet in den Schoß. Die nahm ihn auf und betrachtete ihn mit Entzücken. »Was für ein wundervoller Stein«, rief sie aus.
    »Fünfundsiebzig Karat«, sagte Florinda selbstgefällig.
    Garnet drehte den Ring zwischen den Fingern und beobachtete, wie der Stein das Licht auffing und in blaugrünen Blitzen reflektierte. Wie lange mag es her sein, daß Florinda keine Ringe mehr tragen kann, weil ihre Hände verwüstet sind? dachte sie. Neben ihr auf der Wandbank lagen die farbigen Seidendocken. Garnet empfand fast so etwas wie ein Schuldgefühl, weil sie in der Lage war, ihren Dank an Doña Manuela durch eine zierliche Handarbeit abzustatten, was Florinda ganz offensichtlich nicht konnte. Sie hatten nie von dieser Sache gesprochen, und sie taten es auch jetzt nicht. Garnet sagte: »Ein herrlicher Ring, Florinda. Doña Manuela wird sich sehr freuen.«
    »Wenn sie ihn anstecken kann«, lachte Florinda. »Sie hat fürchterlich fette Finger. Aber vielleicht findet sie jemand, der ihn ihr weitet. Ich habe ihn übrigens von einem sehr netten Mann.«
    »Einem, den du gern mochtest?« fragte Garnet.
    »O ja, ich mochte ihn sehr«, sagte Florinda und legte den Ring in den Schmuckkasten zurück. Sie lächelte Garnet über die Schulter hinweg an. »Wolltest du mich wieder fragen, ob ich schon einmal geliebt habe?«
    »Nein. Die Frage hast du ja schon einmal verneint.«
    »Liebling, warum machst du denn so ein trauriges Gesicht?«
    »Ich wollte, du wärest nicht so eine Zynikerin.«
    »Ich weiß gar nicht, was das ist: eine Zynikerin«, lachte Florinda. »Jedenfalls« – sie zögerte und auch ihr Gesicht umschattete sich. »Garnet«, sagte sie leise. »Ich halte nichts von Mondschein und Regenbogen, von Liebe und Glück und ähnlichen Dingen. Ich glaube nicht daran.«
    »Meinst du, ich sollte nicht wieder heiraten?« fragte Garnet. »Nie wieder?«
    »Oh, warum denn nicht, wenn du es gern magst? Ich meine nur, du solltest nicht zu viel erwarten.« Sie sprach jetzt ruhig und überzeugend. »Ich möchte dich nicht erschrecken, und ich möchte ganz gewiß nicht deine Gefühle verletzen, aber glaube mir: Wir Mädchen ›diesseits des Parks‹ wissen eine ganze Menge von den Mädchen auf deiner Parkseite. Wir kennen all die Gelübde und Liebes-und Treueschwüre, die ihr bekommt, und wir wissen auch, was sie wert sind. Und wie töricht ein Mädchen ist, das sich von dergleichen bezaubern läßt.«
    Garnet preßte die Hand auf den Fenstersims. Sie fühlte die rauhe Oberfläche der ungebrannten Ziegel unter ihren Fingern. »Ich glaube nicht, daß wir immer und unter allen Umständen Törinnen sind, wenn wir an Liebe und Treue glauben«, sagte sie.
    »Garnet, Liebe«, bat Florinda. »Wahrhaftig, ich wollte dich nicht kränken. Aber der einzige Weg, sich nicht kränken zu lassen, ist, keinem Menschen Gelegenheit dazu zu geben. Verlange nicht zuviel, und du wirst nicht enttäuscht sein. Verstehst du das nicht?«
    »O ja, das verstehe ich schon. Aber ich glaube es nicht. Ich werde mich, solange ich lebe, niemals mit Halbheiten zufriedengeben.«
    »Oh, Hölle und Frikassee!« sagte Florinda. »Laß uns hinausgehen und uns eine Tasse Cha holen.«
    Garnet fragte sich ein bißchen nachdenklich, ob Florinda sie nur vor Männern im allgemeinen oder vor einem, vor John, hatte warnen wollen. Es war ihr gleichgültig. Sie brauchte nicht vor Männern im allgemeinen gewarnt zu werden, denn sie verlangte nur nach einem. Und was John anging, so wußte sie: Er würde nicht sprechen, er würde ihr kein Versprechen geben, ihr nicht

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