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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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heute einmal wieder einer taubenetzten Rose im Frühling! Und der liebe Kleine! So ein hübsches, kräftiges Kind! Sie müssen sehr glücklich sein als junge Mutter!« Er ist wahnsinnig, dachte Garnet.
    »Glabbel, babbel, babbel!« sagte Stephen. Stephen hatte seinen Brei gesehen oder gerochen, der auf dem Herd stand, nun wollte er ihn auch haben, und er wollte keinen langen Unsinn vorher. Silkys Vorreden interessierten ihn nicht. Er hob den Kopf und fing an zu brüllen. Und da das offenbar noch nicht ausreichte, grub er seine kleinen Hände in Garnets Haare, zog ihr eine Locke heraus und brachte ihr die ganze Frisur in Unordnung.
    Die Frau am Tisch sagte: »Der arme kleine Bursche!« Dabei lächelte sie und winkte dem Kind mit der beringten Hand.
    »Oh, ihm fehlt nichts«, versetzte Garnet, die sich immer noch nicht ganz klar darüber war, wer die Besucherin sein mochte, »er hat nur Hunger, deshalb ist er ein bißchen unruhig.« In diesem Augenblick hörte sie Schritte auf der Treppe. Gleich darauf betrat Florinda die Küche, die vermutlich vor dem Beginn der Nachmittagsarbeit noch eine Tasse Schokolade trinken wollte.
    Florinda blieb auf der Schwelle stehen, die Hand noch auf der Türklinke; sie schien vom Anblick der fremden Frau peinlich überrascht. Florinda trug ein sauberes Kalikokleid mit kleinen blauen Blumen auf grauem Grund. Ihr Haar glänzte wie Atlasseide, und ihre Haut schimmerte rosig, da sie sich eben mit eiskaltem Wasser gewaschen hatte. Der Lederriemen, den sie um die Taille trug, glänzte, und alles an ihr wirkte hell, sauber und adrett. Garnet wußte, welche Mühe und Arbeit es kostete, in Los Angeles sauber auszusehen. Sie wußte auch, daß Florinda sich halb aus Selbstachtung, halb aus wohlverstandenem Geschäftsinteresse so sorgfältig pflegte. In diesen glutheißen Tagen pflegten die Männer draußen zu erzählen, Silkys Bar sei der kühlste und sauberste Ort in der ganzen Stadt. Wie dem auch sein mochte. Jedenfalls wirkte Florinda in diesem Augenblick erfrischend angenehm, während die Person mit den rosa Blumen gewöhnlich aussah, und Garnet fand, das möchte den Unterschied ausmachen zwischen einer Kurtisane und einer Straßendirne. Kaum war dieser Gedanke in ihr aufgeblitzt, da durchfuhr es sie: Die Frau mußte aus dem Etablissement kommen, an das sie aufdringliche Besucher zu verweisen pflegte. All das war ihr im Bruchteil einer Minute durch den Kopf gegangen. Inzwischen brüllte Stephen, weil er seinen Brei haben wollte. Florinda stand da und hatte noch immer die Hand auf der Türklinke, und diese Hand steckte in einem fingerlosen grauen Seidenhandschuh, dessen Farbe zum Grundton ihres Kleides paßte.
    »Silky«, sagte Florinda, und ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Wut, »hast du vergessen, was du mir versprochen hast?«
    Die Fremde sah zu Boden und drehte verlegen an einem ihrer Ringe. Dann zuckte sie die Achseln und streifte Florinda mit einem leichten, offenbar amüsierten Lächeln. Silky schien noch entschieden verlegener. Und in der Verlegenheit pflegte Silky besonders hochtrabend zu reden. Er sagte: »Meine liebe Florinda, ich bedauere ganz außerordentlich, und es täte mir sehr leid, wenn Mrs. Hale oder Sie sich in irgendeiner Weise belästigt fühlten, aber – ich versichere es aus aufrichtigstem Herzen – es liegt leider, leider eine durchaus zwingende Gegebenheit vor, durchaus zwingend, wie gesagt. Es ist da eine höchst betrübliche und höchst bedauerliche Sache –
    »Halt die Luft an!« sagte Florinda.
    Garnet fühlte sich von einem unwiderstehlichen Lachreiz gekitzelt. Stephen zerrte wieder an ihren Haaren, und sie konnte ihn nicht daran hindern, weil sie seine Beine festhalten mußte, damit sie sich nicht weiter abwärts bewegten und mit dem an ihrer Seite baumelnden Revolver in Berührung kämen. Florinda ließ jetzt die Türklinke los und ergriff Garnets Arm.
    »Komm bitte mit heraus«, sagte sie.
    Garnet war ganz froh, ihr folgen zu können, denn Stephen hatte schon ein ziemliches Gewicht und wurde ihr allgemach zu schwer. Sie folgte Florinda in den kleinen Treppenvorraum. Florinda schloß die Tür hinter sich, und Garnet setzte sich auf die unterste Treppenstufe und Stephen neben sich. Sie versuchte ihre zerstörte Frisur wieder in Ordnung zu bringen. »Florinda«, sagte sie, »ist das etwa Estelle?«
    »Ja«, antwortete Florinda kurz.
    »Was will sie hier?« fragte Garnet. »Ich sollte mich darüber ja wahrhaftig nicht entsetzen, aber –
    »Ich bin

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