Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
an und errichteten eine Bäckerei. Sie erwiesen sich alles in allem als so nützlich, daß die Einwohner San Diegos eine Abordnung zu Gouverneur Mason sandten und ihn baten, seinen Einfluß dahin geltend zu machen, daß die Mormonen für immer in Kalifornien blieben. Nun, die Mormonen waren nach Westen gesandt worden, um hier unter Brigham Young eine neue Mormonenkolonie zu gründen, und das gedachten sie auch durchzuführen.
    Diejenigen Mormonen, die auf den weiteren Dienst in der Armee verzichteten, brachen denn auch unverzüglich auf, um geeignetes Land für die Kolonie zu suchen. Sie füllten sich die Taschen mit dem Samen in Kalifornien gedeihender Pflanzen und bereiteten sich so auf die mannigfachen Aufgaben vor, die ihrer diesseits der großen Wasserscheide harrten. Sie erschienen auch in Silkys Bar, um sich zu verabschieden, und Garnet und Florinda wünschten ihnen viel Glück; Florinda freilich meinte nicht ohne heimliche Bewunderung, einen solchen Segenswunsch hätten sie vermutlich gar nicht nötig, sie sähen ganz so aus, als erreichten sie die Ziele, die sie sich gesteckt hätten, auch so. Zuweilen geschah es, daß Captain Brown in der Bar erschien, wenn Texas anwesend war. Dann pflegte der Offizier jedesmal betont in eine andere Richtung zu blicken, und Texas ließ nicht erkennen, ob er Brown erkannt hatte. Texas war in diesen Tagen übrigens guter Laune. Sein Hauptinteresse galt dem kleinen Stephen. Am Tage, da der Junge seinen ersten Geburtstag feierte, brachte Texas eine große Torte angeschleppt, die seine Wirtin, Señora Vargas, gebacken hatte. Außerdem hatte er viel Zeit damit verbracht, dem Kleinen Spielsachen anzufertigen; er brachte ihm eine Rassel, ein paar Strohtiere und einen Wollball, mit dem er sich nicht weh tun konnte.
    Für Garnet bedeutete Texas nach wie vor eine große Hilfe, war er doch hinsichtlich der Pflege und Betreuung des Kindes ständig mit seinen Ratschlägen bei der Hand. Isabel tat gewiß, was sie konnte; sie hatte ja selber drei Kinder großgezogen; aber Texas war Arzt und Amerikaner. Er begriff (was Isabel nie begreifen konnte), daß es Garnet schwerfiel, ein kleines Kind ordentlich zu ernähren, ohne Milch bekommen zu können. Für Isabel wie für die meisten kalifornischen Mütter bedeutete Kuhmilch ausschließlich Kälbernahrung. Sie pflegte Stephen einen Brei aus Maismehl, Bohnen und Fruchtsaft oder anderen Gemüsen, die gerade erreichbar waren, zu bereiten. Später würzte sie den Brei mit Fleischbrühe. Garnet hatte es dabei zunächst gegraust, aber Texas hatte sie beruhigt, indem er sagte, kalifornische Kinder pflegten bei dieser Ernährung recht gut zu gedeihen. Nun, und zu ihrer Überraschung und Erleichterung gedieh auch Stephen dabei. Im September kam eine Hitzewelle über Los Angeles, und sie erlebten das heißeste Wetter, das sie je kennengelernt hatten, seit sie den Cajón-Paß überquerten. Die Nächte waren nach wie vor rauh und kühl, aber von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang meinten sie in dem gelbbraunen Sonnenglast zu ersticken. Wie ein schweres Gewicht lag die Hitze auf den Nacken der Menschen. Für die Bar freilich hatte auch diese Pein ihre Lichtseiten. Kamen die Gäste bei Nebelwetter, um sich innerlich aufzuwärmen, so kamen sie nun, um sich abzukühlen; so oder so rieselte der Bargeldstrom zu Florindas Entzücken in die Kasse.
    Eines Morgens sah Garnet Mr. und Mrs. Charles Hale am Lokal vorüberreiten, von zahlloser Dienerschaft gefolgt. Es war in den Tagen der größten Hitze. Sie wunderte sich darüber, fand sie doch, daß jeder Mensch, der bei so heißem Wetter die Möglichkeit hatte, auf dem Lande zu bleiben, doch vernünftigerweise nicht in die Stadt reiten werde. Aber Silky belehrte sie eines Besseren. »Die Hale-Ranch liegt östlich von Los Angeles«, sagte er. »Mit jeder Meile, die man weiter nach Osten kommt, entfernt man sich aber weiter von der Küste und nähert sich der Wüste; die Hitze nimmt also zu. Es ist also an sich schon zu begreifen, daß die Leute hier Zuflucht suchen.«
    In eben diesem heißen September geschah es weiter, daß Garnet zum ersten Male die Bordellbesitzerin Estelle zu Gesicht bekam. Obgleich Estelles Etablissement nur wenige Häuser von der Bar entfernt war, hatte Garnet die Frau noch nie gesehen. Sie selbst verließ ja freilich auch nur in den frühen Morgenstunden das Haus, um etwaige Besorgungen zu machen; zu dieser Zeit waren im Hause der Señora Estelle noch alle Fensterläden geschlossen. Die Bar

Weitere Kostenlose Bücher