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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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sich aber nicht dazu; vermutlich begriff sie nicht einmal, was Garnet meinte.
    Als Garnet dann am Abend in der Küche saß und mit Stephen spielte, um ihn müde zu machen, kam Micky herein. Micky hatte die Hände in den Ärmeln seiner Jacke, sein Zopf wippte auf dem Rücken, und sein Gesicht zeigte das übliche höflich-liebenswürdige Lächeln. »Miß Golnet?« sagte er.
    »Ja, Micky?«
    »Miß Flinda sagt: Hübsches Tier!«
    »Hübsches Tier?« wiederholte Garnet, »hübsches Tier?« Sie ließ Stephens Hand los und sprang auf. »Was heißt das? Was hat sie sonst noch gesagt?«
    Micky lächelte sanftmütig: »Miß Flinda gesagt: ›Verdammter Narr!‹«
    »Stephen, sei ruhig«, sagte Garnet. Und zu Micky gewandt: »Ist Nikolai etwa hier?« Mickys Antwort erübrigte sich; die Tür von der Bar her öffnete sich, und Nikolai Grigorievitch Karakozof kam hereinspaziert. Sein Mantel war über und über bestaubt, und sein Kinn schimmerte von dem goldblonden Flaum eines mehrere Tage alten Bartes. Er hielt eine Flasche Wein in der Hand. Die stellte er jetzt auf den Tisch, kam mit langen Schritten auf Garnet zu, hob sie hoch, bis ihr Gesicht sich mit dem seinen in gleicher Höhe befand, und küßte sie auf die Wangen. »Viel zu dünn«, sagte er lachend, »viel zu dünn sind Sie geworden, Miß Garnet. Aber ich liebe Sie immer noch.« Er ließ sie los und reichte dem kleinen Stephen einen aus leuchtend bunten Federn angefertigten Vogel. Der krähte vor Vergnügen.
    »Ich sehr müde und sehr hungrig«, verkündete Nikolai Grigorievitch, »bin geritten von Santa Barbara bis hier in einer Tour. Neunzig Meilen. Haben Sie etwas zu essen?«
    »Gleich, Nick«, lächelte Garnet, »es steht noch auf dem Feuer. Oh, Nick, ich freue mich, Sie wiederzusehen. Hier, trinken Sie Ihren Wein, bis das Essen gar ist.«
    Nikolai ging zum Herd und prüfte den Inhalt der Töpfe nach. »Ich habe Ihnen mitgebracht einen Brief von John«, sagte er über die Schulter sprechend. Er zog sein Messer heraus und stach in das Fleisch im Topf. Das Fleisch war noch fast roh, aber das schien Nikolai nicht zu stören. Er schnitt sich seelenruhig eine Keule ab, schrie leise auf, weil er sich die Finger verbrannt hatte, umwickelte das untere Ende der Keule mit einem Taschentuch und begann rote, rohe Fleischstücke mit den Zähnen abzureißen. Garnet sah es mit Grausen; ihr wurde schwach im Magen. Sie hielt sich mit einer Hand an der Tischkante fest und sagte leise: »Nick, geben Sie mir den Brief.«
    Der hatte den Mund voll, er konnte nicht sprechen; er machte eine Geste mit dem linken Ellbogen, die sie nicht verstand. Sie schrie ihn an: »Sie großer Lümmel, können Sie nicht einmal an etwas anderes als ans Essen denken? Ich möchte den Brief haben.«
    Nick hatte den Mund für einen Augenblick leer. Er sagte: »Nicht böse sein, Miß Garnet, ich wirklich sehr, sehr hungrig. John ist in Santa Barbara. Ist mit dem Pferd gestürzt.«
    »Mit dem Pferd gestürzt? John reitet doch wie ein Indianer.«
    »Ja, aber Bach war viel zu breit. Aber John war eilig und sehr wütend. Er wollte zu Ihnen und wollte Sie verprügeln.«
    Sie starrte ihn an: »Nick, – was reden Sie da für einen Unsinn?«
    Nick war stark mit seiner Keule beschäftigt; er schmatzte. »Er wollte Sie durchhauen«, wiederholte er. »Der Brief – wenn Sie sehen wollen – ist in meiner linken Jackentasche. Nehmen Sie ihn heraus. Meine Hände sind zu fettig.«
    Er machte wieder eine Geste mit dem Ellbogen, und Garnet begann in seiner Tasche zu kramen. Sie fand ein weiteres Taschentuch, eine rote Seidenschleife, die zweifellos für einen Mädchenkopf bestimmt war, eine Perlenhalskette, ein Messer in einem Etui, ein Päckchen mit Salz und zwei Zettel. Der eine Zettel war die Empfangsbestätigung einer Häute-Lieferung. Der andere war der, den sie suchte.
    Es war ein gefaltetes, zerknittertes und an den Ecken eingerissenes Stückchen Papier. Garnet zitterte, als sie es auseinanderfaltete. Dann starrte sie auf die Schriftzeichen; sie hatte dergleichen noch nie gesehen. Einen Augenblick dachte sie, sie vermöchte nicht richtig zu sehen, aber sie sah schon richtig. Die Schrift war so verrückt. Die in großen Druckbuchstaben geschriebenen Worte purzelten durcheinander, als handele es sich um die Schreibversuche eines Kindes, dem gerade das Abc beigebracht wurde. Sie entzifferte mit Mühe:
    VER d aMm t e s fRa u e n zImm e R w as s Ol l das lA uwaR m e r zwi E b a c k brE i? w ARtE nuR, bis Ich m ei n e
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