Kalifornische Sinfonie
geschrieben? Er war wütend und sagte, er wäre nicht – Zwiebackbrei. Ich verstehe nicht.«
»Sie brauchen das auch nicht zu verstehen«, sagte Garnet. »Erzählen sie weiter.«
Nikolai grinste, setzte die Flasche an und trank sie glucksend leer. »Als Pablo brachte den Brief«, fuhr er fort, »John wollte gerade reiten nach San Franzisko. John will Geld machen, möglichst viel Geld. San Franzisko ist sehr, sehr gewachsen: fast fünfhundert Einwohner jetzt, fast alles Yankees und vier Fünftel unter vierzig Jahren alt und alle sehr reich. John war sicher, das Land bei San Franzisko würde bald werden sehr, sehr teuer. Darum John hatte gekauft ein großes Stück Land. Nun er wollte hinreiten und es ansehen. Dann – er las Ihren Brief und war wütend und sagte, er wolle nicht mehr reiten nach Norden, er wolle jetzt reiten nach Los Angeles. Es war heißer September – Sie werden noch wissen, wie heiß es da war – deshalb John hielt sich in der Nähe der Küste, um Wasser und Gras für die Pferde zu finden –
Nikolai Grigorievitch grinste sie an. »Sie waren in der Nähe von Santa Barbara«, erzählte er weiter, »da John wollte springen über einen Abfluß. Der war breit, und John hätte nicht müssen springen, er hätte können herumreiten, aber er war wütend und wild, und er wollte verlieren keine Zeit, und deshalb er sprang. Er ritt einen sehr guten Hengst, und der Hengst sprang auch, aber das Wasser war zu breit, und der Hengst sprang zu kurz, und John stürzte und fiel. Dann Pablo und seine junge Frau kümmerten sich um ihn, und die anderen Boys ritten nach Santa Barbara zu Leuten, die John kannte. Sehr nette Leute; sie heißen Lorca. Die kamen bald mit einer Tragbahre und brachten John in ihr Haus, und dann holten sie den Mann, der kann Knochen einrichten.«
»Waren Sie da, Nick?« fragte Garnet.
»Nein, ich wußte gar nichts. Ich zu der Zeit war in San Franzisko. Da war im Hafen das russische Pelzschiff. Das Schiff wird nicht fahren vor dem Frühjahr, deshalb ich ging wieder nach Süden, um John zu sagen, er soll übernehmen mein Vieh, wenn ich fahre. In Torosa man sagte mir, John sei geritten auf dem Küstenweg nach Los Angeles, und da ich dachte: Reite und sage auch guten Tag Miß Garnet und Miß Florinda! Als ich kam nach Santa Barbara, ich fand John im Hause von Señor Lorca. Ich ging zu ihm und sah: Er war überall bandagiert.«
»Wie schwer sind seine Verletzungen, Nick?«
»Oh, nicht so schlimm, daß sie nicht könnten geheilt werden«, antwortete Nikolai. »Oh, Miß Garnet, John ist ein Narr. Ich wollte ihm lassen mein ganzes Vieh. Er will es nicht nehmen, wenn er nicht kann es bezahlen. Er ist sehr dumm!«
»Ja, ich weiß«, sagte Garnet, »hat er viel leiden müssen?«
»Nun, er hatte Schmerzen und auch Fieber zuerst«, versetzte Nikolai, »aber das Fieber ist weg, und wenn er ruhig liegt, er hat auch keine Schmerzen mehr. Aber er will nicht ruhig liegen; es ist ihm verhaßt.«
»Das will ich gern glauben«, sagte Garnet, »o Nick, dieser verrückte Mann! Warum hat er mir nur nicht früher geschrieben?«
»Wieso? Er konnte doch nicht schreiben. Und vielleicht wollte er nicht, daß ein anderer schrieb für ihn.«
Garnet lachte kurz auf: »Oh, ich kenne ihn genau. Niemand könnte John Ives dazu bringen, einzugestehen: Ich bin hilflos und brauche dich! Sicherlich hätte er mir auch jetzt noch nicht geschrieben, wenn Sie nicht zufällig nach Los Angeles geritten wären. Da konnte er sich sagen, daß Sie mir von seinem Unfall erzählen würden.«
»Warum fragen Sie, wenn Sie die Antwort wissen?« sagte Nikolai. »Wann werden Sie können reiten mit mir nach Santa Barbara?«
»Morgen. Isabel kann sich Stephens annehmen.«
»Ich habe mitgebracht zwei Dienerinnen für Sie.«
»Warum, Nick? Das war doch nicht nötig.«
»Señora Lorca sagte, ich müsse mitnehmen zwei Frauen. Sie könnten nicht reiten mit mir ohne Begleitung von Frauen. Das sei nicht schicklich.«
Garnet kicherte. »Nick«, sagte sie, »mit Ihnen würde ich allein um die ganze Welt reiten, wenn es sein müßte.«
»Ich danke Ihnen, Miß Garnet«, grinste Nikolai. »Sie würden mir vertrauen, aber Señora Lorca würde mir nicht vertrauen. Sie sagte, ich sei ein sehr, sehr böser Mensch. Wollen Sie mir geben noch etwas Wein? Darf ich haben die Flasche dort?«
»Aber ja, nehmen Sie sie doch.«
Er stand auf, sich die Flasche vom Regal zu holen. Micky kam herein, sah nach dem Essen auf dem Herd und ging in die Bar zurück.
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