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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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tat einen Schritt auf die andere zu; ihre Hand streifte den Rand des Tisches und stieß das dort liegende Buch mit den Stichen herunter. Das Buch blätterte auf. Bevor Garnet es noch aufheben konnte, hatte die Blonde sich schon gebückt und es aufgenommen.
    »Was für hübsche Bilder«, sagte sie und glättete eine etwas zerknüllte Seite. Sie lächelte bezaubernd: »Haben Sie den Schreck überwunden?«
    »O ja, das ist ganz vorbei; deshalb bat ich Sie nicht, noch zu bleiben. Ich wollte Ihnen nur sagen – ich sah Sie heute abend – im ›Blumengarten‹. Sie waren wundervoll!«
    »Danke. Fanden Sie das wirklich? Süß jedenfalls, daß Sie es mir sagen. Ich habe Sie auch dort gesehen. Gleich vor der Bühne. Mit einem Herrn. Waren Sie zum erstenmal dort?«
    »Ja gewiß. Ich bin überhaupt zum erstenmal in New Orleans. Ich habe immer in New York gewohnt. Wir sind auf der Hochzeitsreise.«
    »Und ihr Mann hat Ihnen die Stadt gezeigt?«
    Garnet nickte. »Ich habe mich so gefreut, Sie hier wiederzusehen. Ihre Darbietungen waren großartig. Ich habe mich nie so gut unterhalten. Oh, Miß – jetzt weiß ich nicht, wie ich Sie anreden soll. Auf dem Programm stand ein Name: Juliette – ich weiß nicht mehr – soll ich Sie so nennen?« Das Gesicht der Sängerin wechselte den Ausdruck; sie warf Garnet einen beinahe prüfenden Blick zu. »Warum wollen Sie mich nicht so nennen?« fragte sie.
    »Ja – verzeihen Sie – ich dachte nur – mein Mann meinte, der Name auf dem Programm sei wahrscheinlich gar nicht Ihr richtiger Name. Er sagte, die meisten Damen beim Theater führten sogenannte Künstlernamen. Bitte, verzeihen Sie« – Garnet lächelte ein bißchen hilflos, »ich wollte nicht unhöflich sein. Sie sind die erste Künstlerin, mit der ich zusammentreffe.«
    Jetzt lachte die Blonde, offen und herzlich. »Aber entschuldigen Sie sich doch nicht«, sagte sie. »Ich glaube, Sie könnten gar nicht unhöflich sein, selbst wenn Sie es wollten. Ihr Mann hatte vollkommen recht, Juliette la Tour ist ein Phantasiename, nicht mehr als ein Etikett. Man liebt in New Orleans alles Französische. Ich heiße Florinda.«
    »Wie? Oh! Danke, Miß – Florinda«, stammelte Garnet. Das Buch! dachte sie. Als die Sängerin das Buch mit den Stahlstichen vom Boden aufnahm, war die Seite mit dem Namen Florinda aufgeschlagen gewesen. Sie hatte die etwas zerknitterte Seite geglättet und den Namen gelesen. Aber vielleicht war das ein Zufall. Sie lächelte höflich. »Ich fragte nach Ihrem Namen und nannte Ihnen noch nicht einmal den meinen«, sagte sie. »Ich bin Garnet Hale. Mrs. Oliver Hale.«
    »Ich bin erfreut, Sie kennenzulernen, Mrs. Hale«, versetzte die Sängerin. »Sie sind ein liebes Geschöpf, und ich bin glücklich, Ihnen ein paar frohe Stunden bereitet zu haben. Kommen Sie nächste Woche wieder in den ›Blumengarten‹; ich bekomme ein paar neue Lieder und ein Kleid, bei dessen Anblick sich die Dächer von den Häusern heben werden.« Sie küßte entzückt ihre Fingerspitzen und warf ein Kußhändchen in die Luft. »Schwarzer Atlas! Eine Kombination wie eine Zwiebelhaut.«
    Sie sagte das mit einem so reizenden Lachen und so völlig unaffektiert, daß Garnet sich ihrem Zauber nicht entziehen konnte. Sie begann auch zu lachen. Vielleicht hieß die andere wirklich Florinda. Jedenfalls war sie eine charmante Person. Die Tür zur Hotelhalle wurde geöffnet, und Oliver erschien in ihrem Rahmen. Er wandte sich auf der Schwelle noch einmal um und sagte zurücksprechend: »Fest und sicher verpacken. Es gibt viele Schlaglöcher auf dem Weg zum Council Grove.«
    »Da kommt mein Mann«, sagte Garnet. »Ich werde ihm erzählen, wie freundlich Sie zu mir waren.«
    Oliver machte ein etwas verblüfftes Gesicht, als er die Dame erkannte, die neben Garnet stand, doch lächelte er und verbeugte sich höflich. Garnet sagte: »Darf ich Ihnen meinen Mann vorstellen?« Sie zögerte und wußte nicht, was sie sonst noch sagen sollte, da sie ja Florindas Familiennamen nicht kannte. Sie erzählte, daß zwei betrunkene Männer sie belästigt hätten und daß Florinda sie von ihnen befreit habe.
    Olivers Gesicht verfinsterte sich. »Wie kamen sie denn herein?« sagte er; »die Tür zur Straße soll doch nach zehn Uhr abends geschlossen sein.«
    »Nun, sie war jedenfalls nicht verschlossen«, sagte Garnet. »Die Männer kamen direkt von der Straße.«
    Oliver wandte sich Florinda zu und sprach ihr seinen Dank aus. »Es war sehr liebenswürdig von Ihnen, meiner

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