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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Frau beizustehen, Miß – Miß la Tour«, sagte er. »War der Name nicht so?«
    »Nein«, lächelte die Blonde; »ich erklärte es eben Ihrer Gattin, als Sie hereinkamen. Juliette la Tour ist nur mein Bühnenname. Ich heiße Grove, Florinda Grove.«
    Oliver verbeugte sich. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen meine Dankbarkeit ausdrücken soll, Miß Grove.«
    Grove? dachte Garnet; sie hörte nicht, was die andere sagte. Das Buch! dachte sie, Florinda! Oliver stand in der Tür und sagte: ›nach Council Grove‹. Eine sonderbare Sache. Und es schien kaum ein Zweifel, daß die Künstlerin ihren angeblichen Namen eben erst von ungefähr aus der Luft aufgegriffen hatte.
    Der Negerkellner kam herein; er trug das Tablett mit Florindas Essen. Er sah mit einigem Erstaunen, daß die Austern noch immer unberührt auf dem Tisch standen. Florinda rief ihm zu: »Stell die Platten ab, Cicero. Ich traf hier ein paar Freunde und begann zu schwatzen.« Sie wandte sich wieder Oliver zu und sagte mit etwas gedämpfter Stimme: »Darf ich Sie um einen Gefallen bitten, Mr. Hale?«
    »Aber ja. Was kann ich für Sie tun?«
    »Beschweren Sie sich nicht wegen der offenen Tür. Der Kellner da ist verpflichtet, sie jeden Abend um zehn zu schließen. Er ist sehr gewissenhaft, aber er hat einen kleinen schwerkranken Jungen zu Haus. Er machte sich deswegen große Sorgen, und wenn ein Mensch den Kopf voller Sorgen hat, dann passiert es ihm leicht, daß er etwas vergißt. Sie wissen, wie das ist, nicht wahr? Er würde Unannehmlichkeiten bekommen, wenn man erführe, daß er die Tür offen ließ.«
    Oliver nickte. »Selbstverständlich«, sagte er, »ich werde mich nicht beschweren und die Sache nicht erwähnen.«
    »Danke. Das ist sehr nett von Ihnen. Aber nun muß ich mich wohl verabschieden und gute Nacht sagen. Ich habe morgen früh Probe und gewaltigen Hunger. Es hat mich sehr gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
    Sie nickte Oliver und Garnet lächelnd zu und ging zu ihrem Tisch. Als die Hales das Zimmer verließen, sah Garnet sich noch einmal um. Sie dachte: ich sollte eigentlich böse auf Oliver sein; er hätte mich nicht so lange allein lassen dürfen, nachdem er selbst gesagt hat, New Orleans sei ein ziemlich dunkler Ort, das amerikanische Marseille. Aber sie war nicht böse; hätte er sie nicht allein gelassen, so wäre sie nicht mit Florinda zusammengetroffen. Florinda war zwar ein zweifelhaftes Geschöpf, das in schwarzen Florstrümpfen tanzte, und vermutlich eine Dirne, aber Garnet fand, sie sei nichtsdestoweniger einer der nettesten Menschen, die ihr jemals begegneten.
    Sechstes Kapitel
    Oliver lachte, als Garnet ihm erzählte, wie Florinda ihren angeblichen Namen sozusagen aus der Luft aufgefangen habe. »Du wirst dich langsam daran gewöhnen müssen, die Menschen nicht nach ihren wirklichen Namen zu fragen«, sagte er. »Wenn du erst in die wilden Weiten von Santa Fé kommst, wirst du vielen Männern begegnen, die ihre richtigen Namen irgendwo weit hinter sich gelassen haben.«
    Garnet begriff das nicht gleich; sie hatte nie etwas von solchen Möglichkeiten gehört. »Es ist sonderbar«, sagte sie, »aber ich werde es mir merken.«
    Sie schliefen am nächsten Morgen ziemlich lange; es war nahezu elf, als sie zum Frühstück hinuntergingen. Auf Oliver wartete bereits einer seiner Männer; es gab allerlei zu tun. Garnet ging deshalb nach dem Frühstück allein auf ihr Zimmer zurück.
    Sie hatte eben das zweite Stockwerk erreicht, als sie zwei Männer erblickte, die auf die Treppe zukamen. Der eine, ein breitschultriger Mann mit einem feisten roten Gesicht, schien sehr erregt. Sein Begleiter machte einen besseren Eindruck. Er war schlank und korrekter gekleidet. Als sie herankamen, hörte Garnet den mit dem feisten, roten Gesicht sagen: »…hat das Hotel bestimmt nicht verlassen. Ich will beschwören, daß das Frauenzimmer sich noch…«
    Das weitere verstand sie nicht mehr. Die Männer gingen die Treppe hinab; Garnet sah ihnen leicht angewidert nach und wandte sich ihrem Zimmer zu. Der Flur machte hier einen Knick. In der Ecke stand ein großer Schrank mit Glastüren. Er enthielt Seemuscheln, Wachsblumen und allerlei Andenken und Nippessachen. Ein am Schrank befestigtes Schild wies darauf hin, daß man die ausgestellten Gegenstände im Vestibül kaufen könne. Garnet blieb einen Augenblick stehen und besah sich die Auslage. Es ist merkwürdig, dachte sie, wenn Menschen unterwegs sind, kaufen sie immer allerlei Zeug zusammen, das sie zu

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