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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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einen Teppich, um die Flammen zu ersticken. Ich weiß nicht, ob ich geschrien habe. Ich weiß nur, daß ich das Feuer zu löschen suchte. Das ganze Zimmer war von dem widerlichen Geruch brennenden Fleisches erfüllt. Und dann fühlte ich förmlich die lautlose Stille ringsum. Arabella war tot, ein verkohltes Stück Fleisch. Die Juwelen lagen noch überall auf dem Boden verstreut. Mallory war nicht mehr da.«
    Nikolai hatte dem grausigen Bericht schweigend zugehört. Seine Kinnbacken mahlten, und seine Augen waren ganz dunkel. Er flüsterte, und das Grauen schwang in seiner Stimme: »Er war geflohen. Er wußte, du hättest ihn umgebracht, wenn du ihn noch vorgefunden hättest.«
    »Ja«, sagte Florinda, »aber ich wußte in diesem Augenblick, daß ich ihn finden und daß ich ihn umbringen würde. Zunächst konnte ich gar nichts tun, denn ich konnte meine Hände nicht gebrauchen. Aber ich wußte, sobald ich auch nur die Finger würde bewegen können, würde ich ihn töten. Ich ging zu einem Arzt und ließ mich behandeln. Und ich folgte allen seinen Anweisungen. Ich achtete nicht auf die schier unerträglichen Schmerzen, ich übte und übte unentwegt, immer nur von dem einen Gedanken besessen, den Mörder meines Kindes töten zu müssen. Sobald die Brandwunden notdürftig verheilt waren, kaufte ich mir einen Revolver und übte mich im Schießen. Mit dem Revolver in der Tasche, ging ich durch die Straßen und suchte alle Lokale ab, in denen er zu verkehren pflegte. Ich fand ihn schließlich in einem Spielsalon. Ich ging zum Roulettetisch, ohne mich umzusehen und ohne darauf zu achten, wer mich sah. Er erblickte mich und versuchte zu fliehen. Es muß wohl in meinem Gesicht gestanden haben. Ich zog den Revolver und feuerte. Ich traf ihn genau in die Stirn. – In dem sofort einsetzenden Tumult kam ich aus dem Lokal heraus und auf die Straße. Es war tief in der Nacht, der Regen strömte vom Himmel, und es war so dunkel, daß man keine Hand vor den Augen sehen konnte. Und wahrscheinlich wäre nie etwas auf die Sache gefolgt, wenn sich drinnen im Spielsalon nicht unmittelbar darauf eine andere Tragödie ereignet hätte. Am Roulettetisch befanden sich nämlich unter anderem in jenem Augenblick zwei Herren der New Yorker Gesellschaft namens Selkirk und Reese. Die beiden hatten einen heftigen Streit miteinander gehabt, weil Reese ein Liebesverhältnis mit der Frau Selkirks unterhielt. Sie waren beide mit Pistolen bewaffnet, und unmittelbar nachdem ich Mallory erschossen hatte, hob Reese aus einem jähen Entschluß heraus seine Waffe und schoß Selkirk eine Kugel in den Kopf. Als bald darauf die Polizei eintraf, behauptete er dann, ich hätte beide Männer erschossen. Eines betrunkenen Strolches wie Mallorys wegen hätte sich zweifellos niemand aufgeregt, aber der Selkirk-Mord verursachte einen riesigen Skandal. Ich mußte fliehen. Meine Freunde von der Bühne kamen heimlich zu mir und waren mir behilflich. Sie brachten mich verkleidet auf ein Schiff.« Florinda schwieg; sie strich sich mit einer müden Bewegung das blonde Haar aus der Stirn.
    Nikolai Grigorievitch, noch immer ihre Hände haltend, sagte leise: »Du hast diese Geschichte seit damals noch keinem Menschen erzählt, nicht wahr?«
    »Nein«, antwortete Florinda, den Kopf schüttelnd. »Ich konnte nicht. In mir war alles zu. Es konnte nicht heraus.« Und nach einer Pause: »Aber nun ist es doch gut, daß ich es mir einmal vom Herzen reden konnte.«
    Sie saßen eine Weile stumm nebeneinander. Dann sagte Nikolai: »Der – Vater deines Kindes hat also auch nie davon erfahren?«
    »Doch«, entgegnete Florinda. »Eine Kollegin vom Theater hat es ihm erzählt. Und als ich schon auf dem Schiff war, kam er noch einmal zu mir.
    Das war eine merkwürdige Begegnung. Ich habe nie einen Menschen so reden hören. Er hat sich nie im geringsten um Arabella gekümmert, ja, er hatte sie, wie gesagt, nicht einmal gesehen, aber nun, da sie auf so grauenhafte Weise gestorben war, mochte sein Gewissen erwachen. Er lief auf und ab und beschimpfte sich selbst. Er tauge nichts, sagte er, und er werde wahrscheinlich nie etwas taugen. Er war so zerknirscht, daß ich ihn schließlich trösten mußte, ganz so, als hätte er und nicht ich das Furchtbare durchgemacht.
    Ach, was er alles redete in dieser Nacht! Er sagte, ich sei das einzige Mädchen, das er wirklich geliebt habe. Und er hätte sich nie von mir getrennt, wenn seine Mutter nicht hinter unser Verhältnis gekommen wäre und gedroht

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