Kalifornische Sinfonie
Baumwollstrümpfen. Sie löste die Haarnadeln. Ihr blondes Haar fiel in langen silbernen Wellen bis zu den Hüften herab. »Was für wundervolles Haar!« rief Garnet entzückt.
Bescheidenheit und Zurückhaltung in bezug auf ihre eigene Person waren nicht eben Florindas Sache. »Ja«, sagte sie, »ich glaube, es ist ganz nett. Als kleines Mädchen mußte ich es im Theater immer lang herabwallend tragen, mit einem blauen Band darin. Dem Publikum gefiel das offensichtlich. Die Leute pflegten zu sagen, ich sähe aus wie ein kleiner Engel. Wo ist die Haarbürste?«
Garnet brachte sie ihr. Sie hatte ihr Haar noch nicht wieder aufgesteckt. Als sie nebeneinander vor dem Spiegel standen, stieß Florinda einen kleinen Schrei des Entzückens aus. »Garnet«, rief sie, »sehen Sie doch nur! Passen wir nicht wundervoll zusammen?«
Garnet lächelte beim Anblick ihrer gegensätzlichen Erscheinungen. Ihr eigenes blauschwarzes Haar und ihre roten Wangen, daneben Florindas porzellanfarbene Haut und ihre strahlende Blondheit – ein wunderbarer Kontrast. »Ja«, sagte sie, »ein hübsches Bild, glaube ich.«
»Hübsch? Hölle und Frikassee! Wir sind eine Sensation! Ich wollte, wir könnten zusammen in einem Geschwisterakt auftreten. Wir würden das ganze Haus durcheinanderbringen. Ich würde uns anziehen – o Garnet!« Sie seufzte vor Entzücken. »Sie müßten Weiß und Gold tragen, um Ihre lebhaften Farben zur Geltung zu bringen, ich dagegen Schwarz und Silber, um meine blasse Tönung zu heben. Versuchen Sie sich das doch mal auszumalen! Können Sie singen?«
Garnet schüttelte lachend den Kopf. »Wahrhaftig nicht. Ich kann wohl eine Melodie behalten und einigermaßen richtig wiedergeben, aber meine Stimme ist so dünn, daß sie nicht einmal ein Zimmer füllt. Außerdem bin ich ja keine Künstlerin.«
»Nein, natürlich. Entschuldigen Sie. Es war auch nur so ein Gedanke von mir.« Florinda seufzte abermals, als fiele es ihr schwer, von einem reizvollen Traum Abschied zu nehmen. Sie wand ihr Haar um den Kopf und steckte es mit Nadeln fest. Garnet brachte ihr den schwarzen Unterrock. Florinda kicherte, als sie ihn überzog. »Mein Gott, Garnet«, sagte sie, »das Ding hat einen entsetzlichen Taillenumfang; offenbar ist es für eine Witwe bestimmt, die ein Andenken an den Verstorbenen im Leib trägt. Ich werde die Bänder hinten über Kreuz nehmen und vorn zusammenbinden müssen. Wollen Sie mir bitte helfen, in das Kleid zu steigen? Wo wird es geöffnet?«
»Vorn natürlich. Können Sie das nicht sehen? Heben Sie die Arme. Ich werde es Ihnen über den Kopf ziehen.«
Florinda fügte sich kichernd. Als sie die Arme hob, flammte die dünne Haut der Narben leuchtend auf. Der Anblick tat Garnet weh, sie mühte sich wegzusehen.
»Hölle und Teufel!« rief Florinda, während sie das Kleid über der Taille zurechtzog und mit der anderen Hand die Knöpfe zu schließen begann. »Nun sehen Sie sich das an! Ich meine, selbst die achtbarste und respektabelste Witwe braucht nicht den Eindruck zu erwecken, sie habe eine Figur wie eine Wassermelone. Dieses Ungeheuer von einem Kleid hat doch wahrhaftig von oben bis unten fast die gleiche Weite. Ich kriege es ja kaum über dem Busen zusammen.«
Garnet sah bestürzt, wie sich das schwarze Gewand über Florindas Brüsten spannte und die Formen nachzeichnete. »Das wirkt ja direkt unanständig«, sagte sie.
Florinda schien der Anblick ihrer eigenen Person nichtsdestoweniger zu erheitern; sie besah sich mit augenscheinlichem Vergnügen. »Wieso, Liebling?« sagte sie; »das Kleid zeigt, wie der liebe Gott mich geschaffen hat. Dies ist das erste Mal, daß ich Veranlassung habe, meinen Wuchs zu beklagen. Ich sehe verdammt scheußlich aus, was?«
»Wenn Sie als elegante Witwe auftreten wollen, dürfen Sie nicht fluchen«, sagte Garnet.
»Oh, ich werde nicht, Darling«, lachte Florinda. »Ich werde mich höllisch in acht nehmen. Ich bin schon dabei, mich zu wandeln. Bald werde ich so tugendhaft sein, daß Sie mich nicht mehr wiedererkennen.«
»Wir haben leider keine Zeit mehr, den Sitz des Kleides zu ändern«, bemerkte Garnet sachlich, »deshalb werden Sie den Schal so drapieren müssen, daß die mangelhafte Paßform nicht auffällt. Bitte, hier ist der Ehering, den Sie anstecken müssen.« Sie reichte ihr eine kleine Schachtel. Florinda nahm den schmalen Reif heraus und steckte ihn an ihren narbigen Finger. Dann versuchte sie den Hut aufzusetzen. Sie verwickelte sich in den langen Schleier und
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