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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Einsamkeit.
    Nur um etwas zu tun zu haben, ging sie zum Tisch, zog die Schublade auf und fand Florindas Brief, dessen Adresse in der unbeholfenen Schrift einer des Schreibens wenig gewöhnten Hand geschrieben war. Sie wollte den Brief zurücklegen, da sah sie daneben ein kleines Päckchen. Irgend etwas war in Schreibpapier eingewickelt; auf dem Papier stand: ›Für Garnet‹.
    Sie nahm das Päckchen auf. Es fiel etwas mit leichtem Klirren heraus, was im Lampenlicht funkelte. Garnet stieß einen leisen Schrei aus. Sie erkannte die wundervollen Smaragdohrringe, die sie an Florinda bewundert hatte. Florinda hatte sie lose in Papier gewickelt. Auf der Innenseite des Papiers hatte sie etwas geschrieben. Garnet las:
    »Liebe Garnet. Die Dinger sind für Sie. Sie sind echt. Ich wollte, daß Sie sie tragen, weil ich Ihnen so sehr danke. Sie werden niemals wissen, wie sehr. Bitte, machen Sie sich meinetwegen keine Gedanken; ich werde immer gut durchkommen. Ich werde mir auch Ihretwegen keine Sorgen machen, denn ich weiß: Auch Sie gehören zu der Art, um die man sich nicht sorgen muß.
    Ich weiß, Liebe, daß Sie sich meines Namens wegen Gedanken gemacht haben. Nun, Sie sollen ihn wissen. Ich heiße Emma Norquist. Aber Sie können sich nicht denken, wie es ist, wenn ein Mädchen meines Aussehens beim Theater mit einem solchen Namen herumlaufen muß. Als ich ein Kind war, nannten sie mich: Kleine Miß Geraldine Montgomery. Seitdem habe ich viele und besser klingende Namen geführt. Romantischere, wissen Sie. Als Sie mich gestern nacht nach meinem Namen fragten, hatte ich in dem Büchlein gerade den Namen Florinda gelesen. Und dann sprach Oliver von einem Council Grove. Florinda und Grove schien mir gut zusammenzupassen. Ich dachte da ja nicht, daß ich Sie jemals wiedersehen würde, und so hatte ich das heute vormittag schon vergessen. Aber ich mag den Namen jetzt; er gefällt mir. Ich glaube, Florinda ist der eleganteste Name, den ich jemals trug.
    Also gut, Liebe. Leben Sie wohl und noch einmal Dank für alles. Ich werde immer an Sie denken und werde Sie immer lieben, und sollte ich hundert Jahre alt werden.
    Ihre treue Freundin Florinda Grove.«
    Zehntes Kapitel
    Obgleich sie sich mit solcher Endgültigkeit Lebewohl gesagt hatten, hegte Garnet immer noch die Hoffnung, Florinda wieder zu begegnen, wenn sie nach St. Louis käme. Aber sie begegnete ihr nicht.
    St. Louis war die lauteste und geschäftigste Stadt, die sie jemals gesehen hatte. Sie hatte in den letzten fünf Jahren ihre Einwohnerzahl verdreifacht und beherbergte zur Zeit an die fünfzigtausend Menschen in ihren Mauern. Sie war eine aufblühende Stadt, deren Wachstum man sozusagen mit den Augen verfolgen konnte. Die Häuser wuchsen förmlich aus der Erde. Garnet wurde Morgen für Morgen durch den Lärm von Hämmern und Sägen geweckt. Die Straßen waren mit Kutschen, Rollwagen, Ochsenkarren und Planwagen vollgestopft; nie hatte Garnet ein solches Gedränge erlebt, auch nicht in der großen Stadt New York. Die Bürgersteige waren von Menschen überfüllt. Da waren Händler, die sich für die Reise nach Santa Fé vorbereiteten, Arbeiter und Ochsentreiber, die nach passender Beschäftigung suchten, Kaufleute, die ihre Warenballen auf die Mississippi-Flußboote umluden, die sie nach Independence bringen wollten. Es erweckte den Anschein, als sei jedermann in der Stadt auf dem Wege nach Independence.
    Das Hotel, in dem Oliver und Garnet wohnten, hatte rote Plüschmöbel und Spiegel mit vergoldeten Rahmen. Jedes Zimmer im Haus war bewohnt. Vor der Tür zum Speisesaal mußte man zuweilen in Reihen anstehen, bevor man eintreten konnte, um seine Mahlzeit einzunehmen. Aber es war ein bequem eingerichtetes und gut geführtes Hotel, das vorzügliche Speisen und Getränke lieferte. Die vielen geschäftigen Leute waren hungrig und hatten Geld genug, um zu bezahlen, was sie verzehrten. Die Kellner brachten ihnen große Platten mit Fleisch und Schinken und Wild, dazu heißes Maisbrot, das von Butter troff, und köstliche Fruchttorten. Sie schleppten große Kannen mit Kaffee und Flaschen mit Whisky und Wein heran. Die Tischdecken wiesen in der Regel Kaffee-und Saftflecke auf; es war keine Zeit, sie zwischen den einzelnen Mahlzeiten zu wechseln.
    Die Flecke störten nicht weiter. Die Stadt pulste vor Leben, sie war jung und geräuschvoll und hatte keine Zeit für Sentiments irgendwelcher Art. Garnet gefiel das. Sie spürte das Leben; es ergriff sie. Da war nichts blaß und

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