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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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weinen, Liebe«, sagte Florinda weich. »Sie sollen nur wissen, wie lieb Sie mir geworden sind.«
    Garnet drehte das feuchte Taschentuch zwischen den Fingern. »Ich werde nicht mehr weinen«, sagte Sie. »Ach, Florinda, werde ich Sie jemals wiedersehen?«
    »Ich weiß es nicht, Garnet.«
    »Sie können zu mir kommen, wann immer Sie Ihr Weg eines Tages wieder nach New York führt. Mein Vater ist Mr. Horace Cameron. Er wohnt am Union Square. Oliver und ich werden im nächsten Jahr wieder zu Haus sein. Sie werden uns im Stadtadreßbuch ohne weiteres finden.«
    »Ich glaube nicht, daß ich je im Leben wieder nach New York kommen werde, Garnet.«
    »Aber vielleicht –; Garnet zog in angestrengtem Nachdenken die Augenbrauen zusammen – »vielleicht könnten wir uns in St. Louis wiedertreffen. Wir kommen dort durch auf dem Weg nach Independence.«
    »Ich fürchte, ich werde nicht in St. Louis sein, wenn Sie dort durchkommen«, sagte Florinda. »Vielleicht steige ich ein paar Städte weiter stromab aus. Aber selbst wenn ich bis St. Louis führe, so würde ich doch schwerlich dort bleiben. Wie die Dinge nun einmal liegen, könnte ich mich in einer Hafenstadt am Strom kaum sicher fühlen.«
    »Ja«, seufzte Garnet, »ich fürchte, Sie haben recht. In dieser Jahreszeit kommen zu viele Menschen durch St. Louis.«
    Es entstand nun eine ziemlich lange Pause. Florinda stand da und drehte ihr Täschchen zwischen den schwarz behandschuhten Händen. »Nun, so oder so«, sagte sie schließlich, »ich werde Sie jedenfalls niemals vergessen. Wann immer Sie sich einsam fühlen, sollen Sie an mich denken und sollen wissen, daß ich in eben diesem Augenblick auch an Sie denke. Denn ich werde jeden Tag meines Lebens an Sie denken.«
    Es klopfte. Garnet öffnete die Tür eine Handbreit und sah Oliver draußen stehen. »Ist Florinda fertig?« fragte er.
    »Ja, sie ist fertig. Komm herein!«
    Oliver brach in schallendes Gelächter aus, als er die schwarze Wolke erblickte. Er faßte Florinda bei den Schultern und drehte sie mehrmals hin und her. »Es ist wahrhaftig nicht zu glauben«, murmelte er. Er sagte, draußen warte ein Boy, der Florindas Gepäck tragen solle. Er werde ihn hereinholen.
    »Lebe wohl, Florinda«, sagte Garnet, als Oliver das Zimmer wieder verlassen hatte.
    Florinda warf den Schleier zurück. Sie legte ihre beiden Hände auf die Schultern und küßte sie. »Sie sind das netteste Mädchen, das mir jemals begegnete«, flüsterte sie. »Leben Sie wohl und haben Sie Dank für alles Liebe, das Sie mir taten.«
    Draußen näherten sich Schritte; Florinda ließ den Schleier wieder fallen. Als Oliver mit dem Boy hereinkam, stand sie bei ihren Reisetaschen, wie eine Frau, die der Schmerz fast zu Boden drückt. Der Boy nahm die Gepäckstücke auf. Oliver gab Garnet einen kurzen ehelichen Kuß und sagte: »Ich bleibe nicht lange, meine Liebe.« Dann wandte er sich Florinda zu und bot ihr respektvoll den Arm.
    Garnet stand in der Tür und sah hinter ihnen her, wie sie nebeneinander den Flur hinabgingen. Sowohl Oliver als auch Florinda spielten ihre Rolle ausgezeichnet. Florinda ging mit schwerfällig schleppenden Schritten; Oliver stützte sie und streichelte ihr beruhigend die Hand. Garnet sah ihnen nach, bis sie hinter dem Knick verschwanden, wo der Schrank stand, in dessen Nische sich Florinda am Vormittag verborgen hatte.
    Sie ging ins Zimmer zurück und schloß die Tür hinter sich. Dann trat sie ans Fenster und zog den Vorhang zurück. Draußen war die Dunkelheit hereingebrochen, aber schräg gegenüber dem Hotel brannte eine Laterne. Eine Reihe Mietdroschken hielten an der Straßenecke. Leute kamen und gingen, die Eingangstür unten klappte mehrmals. Garnet wartete.
    Die Wartezeit erschien ihr endlos, und doch vergingen nur drei bis vier Minuten, da sah sie Oliver mit der vermummten Gestalt an seiner Seite auf die Straße treten. Garnets Hand krampfte sich in den Vorhangstoff, daß ihr die Finger schmerzten. Ein Kutscher riß den Schlag einer geschlossenen Droschke auf. Oliver war Florinda beim Einsteigen behilflich und stieg dann ebenfalls ein. Der Boy reichte das Gepäck in die Droschke.
    Garnet stieß den Atem aus, den sie unbewußt zurückgehalten hatte; ihre Hand erschlaffte, sie ließ den Vorhang fallen. Das war alles. Florinda war weg, war in Sicherheit. Jetzt war kaum noch Gefahr zu befürchten. In dem Gedränge am Kai würde sie nicht auffallen. Sie war sehr froh. Aber in ihr war plötzlich eine Woge von

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