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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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nicht mit der klügsten und geliebtesten Frau, teilen konnten. Sie fragte sich, wie Oliver sich wohl fühlen würde, wenn er gezwungen wäre, lange Wochen in einer großen Frauengesellschaft zu verbringen, ohne jemals die Möglichkeit zu haben, auch nur mit einem Manne zu sprechen. Nie waren ihr früher solche Gedanken gekommen. Jetzt, da sie so lange unter Männern zu leben gezwungen war, hatte sie oft ein seltsames Einsamkeitsgefühl; es war ihr, als sei sie jäh von ihrem eigenen Geschlecht abgeschnitten. Während sie so bei Olivers Männern vor dem Feuer stand und zusah, wie Luke das Büffelfleisch schmorte, wurde ihr mit erschreckender Deutlichkeit bewußt, daß Jugend und Unreife hinter ihr lagen, daß sie nun wirklich erwachsen war.
    »Kommen Sie, Madam«, sagte Luke, nach ihrem Topf langend, »ich habe hier ein paar saftige Buckelrippen.«
    Garnet sah ihn abwesend an. Sie sah das freundlich lachende Gesicht des jungen Mannes, und ihre wirren Gedanken verflogen; ihr wurde wieder bewußt, wie hungrig sie war. »O Luke«, rief sie, »danke sehr! Das ist wunderbar!« Sie sah ihm zu, wie er das Essen für sie ausschöpfte. Das Fleisch verströmte einen herrlichen Duft; Garnet wurde fast schwindlig davon.
    Luke goß ihre Tasse voll Kaffee und nahm einen der Brotstöcke ab. Er legte ihn über den Korb mit getrocknetem Büffelfleisch, um ihn abkühlen zu lassen. Nach einem Weilchen zog er das erkaltete Brot vom Stock ab und reichte es Garnet. Die brach sogleich ein großes Stück ab und begann heißhungrig zu essen, während sie in den Korral zurückging und sich vor ihrem Kutschwagen niederließ, den Rücken gegen eines der Räder gelehnt. Das Fleisch dampfte noch; es schwamm in einer dicken Bohnenbrühe. Auch der Kaffee dampfte, und das außen knusprige, innen weiche Brot war warm. Garnet bestrich es statt Butter mit dem Mark aus dem Schenkelknochen eines Büffels und streute Salz darüber.
    Es schmeckte herrlich. Garnet gedachte mit heimlichem Lachen der Mahlzeiten in ihrem elterlichen Hause, der blütenweißen Damasttafeltücher, des geschmackvollen Geschirrs aus Porzellan, Silber und Kristall. Oh, auch das war sehr schön gewesen, aber gewiß hatte ihr das Essen dort nie so gut geschmeckt wie in diesem Augenblick. Sie aß ihre Portion vollständig auf, kratzte ihre Schüssel mit einem Stück Brot aus und ging zum Feuer zurück.
    »Luke«, sagte sie, dem Koch die Schüssel hinhaltend, »ich schäme mich entsetzlich, aber –
    »Wieso, Mrs. Hale?« lachte Luke, »Büffel sind dazu da, gegessen zu werden.« Er füllte ihr die Schüssel noch einmal und grinste, während er ihr den Kaffee eingoß. »Essen Sie sich ja satt«, sagte er, »wenn den Leuten mein Essen nicht schmeckte, machte mir die ganze Kocherei keinen Spaß.«
    Garnet lachte und ging mit ihrer Beute zum Wagen zurück. Während sie dort saß und die zweite Portion mit gleichem Appetit verzehrte, sah sie Oliver vom Fluß heraufkommen und zu Lukes Feuerstelle gehen, um sich sein Essen zu holen. Er mußte dabei an dem Feuer vorüber, wo die vier Mexikanerinnen kochten. Sie starrten ihn mit unverhohlener Bewunderung an und riefen beinahe gleichzeitig: »Buenos dias, Don Olivero!«
    Oliver verlangsamte seine Schritte ein wenig, lächelte den Frauen zu und sagte: »Buenos dias, Señoras! Cómo están ustedes?« Oliver sah sich ganz gern von Frauen bewundert, ohne Garnet aber jemals Grund zur Eifersucht zu geben. Er liebte sie leidenschaftlich, und da sie das wußte, sah auch sie es nicht ungern, wenn andere Frauen ihn bewunderten. Sie war stolz darauf, einen Mann zu haben, der auch anderen gefiel. Freilich hatte sie ihn im Verdacht, eine stattliche Anzahl von Eroberungen hinter sich gebracht zu haben, bevor er sie zur Frau wählte. Sie wußte ja nicht viel über diese Dinge, aber ihr Gefühl sagte ihr, daß ein Mann ziemlich reichlich Erfahrungen gesammelt haben müsse, um ein so zärtlicher und vollendeter Liebhaber zu sein, wie Oliver es war.
    Oliver kam mit seiner Schüssel heran, zwinkerte ihr lachend zu und ließ sich neben ihr nieder. Er freute sich immer, wenn er sie so herzhaft ihr Büffelfleisch essen sah, ebenso wie er sich über ihre Aufregung im Varietétheater gefreut hatte, als sie Florinda kennenlernten. Er zeigte ihr seinen Teil von der Welt und empfand dabei ein ähnliches Vergnügen wie ein Junge, der einem Gefährten seine Spielsachen zeigt.
    Zunächst war er zu sehr damit beschäftigt, seinen eigenen Hunger zu stillen, um viel zu reden.

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