Kalifornische Sinfonie
Aber schließlich war er gesättigt. Nun saßen sie nebeneinander und tranken mit Genuß ihren Kaffee.
»Wie ist es«, sagte Garnet, »kann ich heute ein paar Sachen auswaschen?«
»Oh, das wirst du schon. Ich werde dir Wasser bringen lassen.« Er lächelte sie an, als wolle er um Entschuldigung bitten. »Ich fürchte, es wird nicht viel sein«, sagte er.
»O Lieber!« seufzte Garnet. »Wenn ich nach Santa Fé komme, werde ich mich einen ganzen Tag lang in Seifenwasser einweichen und meine Kleider und meine Wäsche werde ich waschen und scheuern, bis sie reißen. Es starrt alles vor Schmutz.«
»Du kannst in Santa Fé einweichen, was du willst«, lachte Oliver, »aber du wirst dich nur mit deinem eigenen Körper befassen müssen. Deine Sachen wird Señora Silva reinigen.«
»Wenn ich mir vorstelle, daß ich wieder gebügelte Wäsche haben werde!« stöhnte Garnet. »Es ist nicht auszudenken.«
Oliver schenkte ihr einen liebevollen Blick. »Ich fürchte, das alles ist sehr hart für dich«, sagte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es gewiß nicht. Im Gegenteil, es ist ein riesiger Spaß für mich; ich habe mich nie im Leben so wohl gefühlt.« Oliver strahlte. Er wollte aufspringen, um ihr das versprochene Wasser zu holen, aber sie hielt ihn zurück. »Bitte, wart’ eine Minute«, sagte sie, »ich möchte dich etwas fragen.«
»Frage. Für dich ist mein Leben ein aufgeschlagenes Buch.«
»Oliver – du sagtest vor einer Weile, daß ich mir keine Gedanken über Charles machen sollte«, begann sie. »Sag, wird er sehr böse sein, wenn er hört, daß du geheiratet hast?«
»O Garnet!« rief Oliver, »mach dir doch, um alles in der Welt, keine unnützen Sorgen. Charles wird überrascht sein, mich mit einem amerikanischen Mädchen verheiratet zu sehen. Das ist alles. Er hatte gehofft, daß ich ein kalifornisches Mädchen wählen und in eine große Rancherofamilie einheiraten würde. Charles ist ehrgeizig.«
»Aber hast du denn nicht das Recht, ein Mädchen zu heiraten, das dir gefällt? Was geht Charles das überhaupt an?«
»Nichts natürlich, du hast vollkommen recht.« Oliver stand auf. »Mach dir Charles’ wegen keine Sorgen«, wiederholte er, »bitte! Es hat wirklich keinen Sinn.«
Er sprach ruhig und anscheinend ganz obenhin, aber Garnet hatte ein merkwürdiges Gefühl. Es war ihr, als sei sein Gleichmut nicht echt Sie sah ihn ernst und offen ins Gesicht. »Ich glaube dir«, sagte sie, »ich werde mir keine Sorgen machen. Aber – ich habe den Eindruck, daß du dir – Charles’ wegen – Sorgen machst.«
Oliver murmelte: »Welcher Unsinn!« und wandte sich ab. »Du bist ein Närrchen«, sagte er, »warte einen Augenblick; ich bin gleich wieder da.«
Garnet sah ihm nach. Wie sonderbar das war! Immer wenn sie auf seinen Bruder zu sprechen kam, war Oliver, ganz entgegen seiner Gewohnheit, kurz angebunden. Was mochte dahinterstecken? Nun, in einem hatte er jedenfalls recht: jetzt war nicht die Zeit, über solche Dinge nachzudenken, jetzt galt es, die Dinge zu tun, die getan werden mußten.
Oliver hatte ihr seine Eßgerätschaften dagelassen. Sie nahm sie und ging zum Fluß hinunter, um sie mit Sand und Wasser zu säubern. Als sie in den Korral zurückkam, hatten sich schon einige Männer auf der Erde ausgestreckt, um ihren Mittagsschlaf zu halten. Sie bahnte sich einen Weg zwischen den liegenden Körpern. Mr. Reynolds saß vor seinem eigenen Wagen und war damit beschäftigt, sich einen Knopf an das Hemd zu nähen. Er rief lachend herüber: »Sie brauchen nicht so vorsichtig zu gehen; die Kerle würden nicht mal aufwachen, wenn ein Ochse auf ihnen herumtrampelte.« Garnet lachte und band ihren Sonnenhut ab.
»Großartiges Haar haben Sie«, sagte Mr. Reynolds.
Sie lachte abermals und kletterte in die Kutsche. Während sie die Leinwandplane herunterließ, kam Oliver mit zwei Eimern Wasser heran. »Mehr war leider nicht möglich«, sagte er und lächelte bedauernd. »Einen Eimer kannst du zum Waschen verwenden, den anderen laß bitte als Trinkwasser zurück. Komm, gib mir eine Decke!«
Sie nahm die Eimer entgegen und reichte ihm die Decke heraus. Er breitete sie auf der Erde aus, wickelte sich hinein und war schon mit dem nächsten Atemzug eingeschlafen.
Garnet schloß die Plane endgültig, zog ihr Kleid aus und öffneten einen in der Ecke stehenden Kasten. Sie wühlte in dem Haufen zusammengeknüllter schmutziger Wäsche, der darin lag. Unter diesen betrüblichen Umständen konnte sie für
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