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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Wir haben es wieder einmal geschafft!
    Garnet stand gegen die Hauswand gepreßt, um nicht von der Menge erdrückt zu werden; sie fühlte am ganzen Körper das leise Prickeln, das sie immer verspürte, wenn etwas Aufregendes geschah. Von diesen Kaliforniern ging etwas aus und erfaßte sie, das sie nicht hätte erklären können; sie hatte nur das unbestimmte Gefühl: Sie sind prachtvolle Kerle! Sie sitzen gerade und aufrecht in ihren Sätteln, sie reiten stolz und siegesgewiß über die Erde, sie erobern sich Weltreiche und schaffen aus Wüste und Einöde bewohnbares Land. Sie war ungeheuer stolz darauf, daß es ihr beschieden war, mit diesen Männern nach Kalifornien zu gehen. Nicht weit von sich sah sie Florinda eingekeilt in der Menge. Florinda hatte ihr leuchtendes Haar unter dem Schal verborgen; aber jetzt in diesem Augenblick hätte sie das gar nicht nötig gehabt; die Menschen waren viel zu sehr mit den einziehenden Kaliforniern beschäftigt, um auf sie zu achten. Garnet bahnte sich einen Weg an der Mauer entlang und drang zu ihr vor.
    »Guten Morgen, Garnet«, rief Florinda, da sie sie gewahrte; »ist das nicht ein großartiger Zirkus?«
    Dicht vor ihnen ließ ein Kalifornier eine Kette spanischer Flüche ertönen, um sein störrisches Maultier zum Weitergehen zu veranlassen. »Oh«, lächelte Garnet, »sie sind wundervoll!«
    »Wundervoll? Hölle und Teufelsbrut! Ich habe in meinem ganzen Leben keine solche Rotte von Strandräubern und Wegelagerern erblickt. Vielleicht entpuppen sie sich als Menschen, wenn sie sich gewaschen und gekämmt haben werden; aber ich weiß wahrhaftig nicht, ob sie so etwas tun.« Aber sie lächelte, während sie das sagte. »Pst«, flüsterte sie, »ich will lieber still sein; sie könnten verstehen, was ich sage.«
    »Kommen Sie mit und frühstücken Sie mit mir«, sagte Garnet. »Señora Silva ist zwar auch irgendwo auf der Straße, aber ich denke, sie wird bald wieder da sein.«
    »Oh«, antwortete Florinda, »ich käme ganz gern, aber ich wage es nicht. Mr. Bartlett ist noch nicht aufgestanden. Ich muß nach Hause und mich um ihn kümmern. Er hat sich in der letzten Nacht bis obenhin vollaufen lassen; höchstwahrscheinlich hat er einen Kopf wie eine Wassermelone. Wie ist es, werden Sie etwas später zu Hause sein?«
    »Gewiß werde ich das. Oliver ist noch nicht zurück aus Taos; wo sollte ich ohne ihn hingehen?«
    »Großartig! Ich komme vorbei.« Florinda spielte mit den Fransen ihres Schals. »Ich möchte nämlich etwas mit Ihnen besprechen«, sagte sie.
    »Etwas Ernstes? Können Sie es hier nicht sagen?«
    »Nein, nicht gut. Ich habe jetzt auch keine Zeit mehr.« Florindas Gesicht hatte sich plötzlich verschlossen, sie gab aber keine weitere Erklärung. »Ich muß da sein, bevor Bartlett aufwacht«, sagte sie, »ich sehe Sie später.« Sie verabschiedeten sich, und Garnet ging nach Hause. Nachdem sie gefrühstückt hatte, holte sie ihr Nähzeug heraus; sie stickte einen Kragen für Florinda; damit würde sie den Vormittag über beschäftigt sein. Der Lärm der Stadt drang in ihr Zimmer; die Kalifornier schienen schon dabei, ihre Ankunft zu feiern.
    Am frühen Nachmittag erschien Señora Silva mit einem Haufen frisch gewaschener Wäsche. Garnet legte ihre Stickerei beiseite und wechselte das Kleid. Sie schlüpfte in ein bedrucktes Musselinkleid mit einer roten Schleife am Hals. Nach den langen Wochen, da sie Wäsche und Kleider immer gleich ungebügelt anziehen mußte, war es ihr ein ausgesprochener Genuß, etwas anzuziehen, das direkt vom Bügeleisen kam. Da Florinda jeden Augenblick erscheinen konnte, begann sie Äpfel und Weintrauben auf einer Platte zu ordnen. Sie fragte sich, was Florinda wohl bedrücken mochte.
    Sie war noch mit den Früchten beschäftigt, als es an der Tür klopfte. Aber der Besucher war nicht Florinda, sondern ein Mann, ein Mann, den sie noch nie gesehen hatte.
    Der Fremde war wie ein mexikanischer Caballero gekleidet. Er stand, da Garnet die Tür öffnete, unterhalb der Treppe in der Sonne. Er trug eine scharlachrote, mit schwarzer Seidenborte abgesetzte Jacke, blaue Beinkleider mit Silberbiesen und hohe glänzende Stiefel aus bestem Leder mit großen silbernen Sporen. Sein breitkrempiger Hut war aus schwarzem Filz und mit einer silbernen Kordel geschmückt. Der Mann nahm, da er Garnet erblickte, den Hut ab und verbeugte sich höflich. Die Sonne glänzte auf seinem dunklen, sauber geschnittenen Haar.
    »Buenos dias, Señorita«, sagte der Mann,

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