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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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von seinem Geschäftspartner in Los Angeles erzählt. Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Ich bin Mrs. Hale.«
    Seine grünblauen Augen verengten sich zu einem Spalt und seine dünnen Lippen glitten vor Staunen auseinander. »Sie sind Mrs. Hale?« sagte er. Er wiederholte noch einmal, als müsse er sich vergewissern, daß er auch richtig gehört habe: »Mrs. Oliver Hale?«
    »Ja – gewiß. Wundert Sie das?« Garnet näßte ihre Lippen. Sie hatte damit gerechnet, daß Olivers kalifornische Freunde überrascht sein würden, wenn sie erfuhren, daß er verheiratet sei. Aber sie hatte immerhin nicht damit gerechnet, daß die Nachricht sie entsetzen würde. Schließlich pflegten die meisten Männer irgendwann im Laufe ihres Lebens zu heiraten. Mr. Ives hatte die Sprache noch nicht wiedergefunden; er schien noch reichlich damit beschäftigt, das Gehörte zu verarbeiten. Garnet fuhr fort: »Oliver und ich haben im letzten März in New York geheiratet.«
    Als sie das gesagt hatte, hatte John Ives sich schon wieder gefaßt. Sein Gesicht war undurchdringlich, kühl und beherrscht, jeder Zug von einem eisernen Willen kontrolliert. »Erlauben Sie, daß ich Ihnen meine Glückwünsche ausspreche, Mrs. Hale«, sagte er ruhig. »Wenn ich Oliver sehe, werde ich ihm zu seinem großen Glück gratulieren. Sie sagten, er sei nicht zu Hause? Würden Sie mir bitte sagen, wo ich ihn finde?«
    Garnet fühlte so etwas wie einen heimlichen Stich. Irgend etwas stimmte nicht. Sie war sicher gewesen, daß die Kalifornier ihr gefallen würden; der hier gefiel ihr gar nicht. Man konnte nicht mit ihm reden; er war ein Eisblock, man hätte an seiner Statt auch mit einem Schneemann reden können. Nichtsdestoweniger blieb sie unverändert höflich.
    »Es tut mir leid, Mr. Ives«, sagte sie, »aber mein Mann ist mit mehreren Wagen nach Taos gefahren. Ich erwarte ihn in ein bis zwei Tagen zurück.«
    »Oh«, sagte John Ives. »In diesem Fall möchte ich Ihnen nicht länger lästig fallen. Bitte, sagen Sie Oliver, wenn er kommt, daß ich wieder bei Señor Ramos wohne. Er weiß das übrigens; ich wohne immer dort.«
    Er machte eine Bewegung auf die Tür zu. Garnet hob die Hand. »Bitte«, sagte sie, »wollen Sie nicht den Brief hierlassen, den Sie für ihn haben?«
    »Brief?« Er trat einen Schritt zurück und runzelte die Stirn. »Was für einen Brief?«
    »Sagten Sie nicht, Sie hätten einen Brief für Oliver?«
    Ives schüttelte den Kopf. »Ich wüßte nicht, daß ich von einem Brief gesprochen hätte, Mrs. Hale«, versetzte er kühl.
    »Aber Sie haben es zweifellos gesagt«, versicherte Garnet. Das wurde ja immer sonderbarer. »Ich verstehe nicht sehr viel Spanisch«, sagte sie, »aber das habe ich verstanden. Sie sagten: ›Tengo una carta para Don Olivero.‹ Sie sagten das ganz deutlich.«
    John Ives verzog die schmalen Lippen; es sollte wohl ein Lächeln darstellen. Es wurde kein Lächeln, weder ein freundliches noch ein unfreundliches; es war nicht mehr als eine höfliche Grimasse, wie ein Mann sie ziehen mochte, wenn er einer Dame auf der Straße das Taschentuch aufhob und zurückgab. »Verzeihen Sie, Mrs. Hale«, sagte er, »aber ich fürchte, der Irrtum ist trotzdem auf Ihre mangelnden Sprachkenntnisse zurückzuführen. Ich sagte nichts von einem Brief.«
    Garnet fühlt ihre innere Gereiztheit wachsen. Der Mann hatte einen Brief für Oliver. Er hatte es klar und unmißverständlich gesagt, als er der Meinung war, eine Señorita Silva vor sich zu haben. Jetzt, nachdem er gehört hatte, sie sei Olivers Frau und Oliver sei nicht in der Stadt, behauptete er, nichts von einem Brief gesagt zu haben. Er wollte ihn ihr also nicht anvertrauen. Sie mußte sich Mühe geben, ihr Temperament im Zaum zu halten; aber es gelang ihr kaum, ihren inneren Grimm zu verbergen.
    »Sie könnten ihn ohne Sorge hierlassen«, sagte sie ziemlich scharf, »ich pflege keine Briefe zu lesen, die nicht an mich adressiert sind.«
    »Ich habe keinen Brief für Oliver, Mrs. Hale«, entgegnete Ives kurz; »guten Abend.«
    Er wandte sich wieder der Tür zu. Garnet biß sich auf die Lippen. Sie fand, dies sei der ungehobelteste Mann, der ihr je im Leben begegnet sei. Er war eben im Begriff, das Zimmer zu verlassen, als ein anderer Schatten über die Türschwelle fiel und Florindas Stimme vernehmbar wurde. »Garnet«, rief Florinda, »darf ich hereinkommen?« Sie blieb stehen und zuckte ein wenig zurück, als sie den Fremden sah. »O Pardon«, sagte sie, »ich wußte nicht, daß Sie

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