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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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brauchst, könntest du es beim jungen MacDoig versuchen.«
    »Beim Sohn des Krämers? Warum?«
    »Weil Kalix heutzutage nach Laudanum stinkt. Wusstest du das nicht?«
    Marwanis schlüpfte aus der Zelle und versperrte hinter sich die Tür. Gawain überlegte, ob sie wohl die Wahrheit gesagt hatte. Es hatte schon Werwölfe mit einer Schwäche für Laudanum gegeben,
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    aber das kam nur selten vor und galt als heruntergekommen. Gawain mochte sich gar nicht vorstellen, dass Kalix damit etwas zu tun hatte. Er verschwendete keinen Gedanken an die Frage, warum Marwanis ihm geholfen hatte. Kalix war in London. Dort hatte Gawain schon gesucht, vor zwei Jahren, aber ohne Erfolg.
    Damals hatte Thrix geschworen, sie hätte von Kalix absolut nichts gehört.
    »Mehr werde ich hier nicht erfahren«, dachte er. »Zeit, zu gehen.«
    Er untersuchte seine Zelle. Das Fenster war viel zu klein, als dass er sich hätte hindurchquetschen können, und ringsherum standen dicke Steinwände. Die Zellentür bestand aus mehreren Schichten Hartholz, das von Eisenbeschlägen verstärkt wurde. Dunkel wurde es erst in ein paar Stunden, also setzte er sich auf die Pritsche in einer Ecke der Zelle und wartete.
    Die Nacht brach an, und der Mond ging auf. Es war die zweite Nacht nach dem Vollmond. Nur reinblütige MacRinnalch-Wer-wölfe konnten sich verwandeln.
    Mit einer menschlichen Großmutter hätte Gawain dazu nicht in der Lage sein dürfen. Allerdings besaß Gawain eine außerordentliche Entschlusskraft und Konzentrationsfähigkeit. Er meditierte kurz, dann ließ er die Wer-wolfgestalt von sich Besitz ergreifen. Er ging zur Tür und beugte sich hinab, bis er den Türgriff mit den mächtigen Kiefern umschließen konnte. Dann biss er so fest zu, dass der Griff mitsamt einem Stück Holz aus der Tür gerissen wurde.
    Gawain ging einen Schritt zurück, dann trat er mit voller Wucht zu. Die Tür krachte auf, Splitter aus Holz und Metall flogen in den Gang. Gawain sprang aus der Zelle.
    Die beiden Wachen draußen erschraken. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass Gawain in dieser Nacht zum Werwolf würde. Gawain stieß sie zur Seite, dann rannte er den Gang entlang bis zu einer flackernden Fackel neben einem großen Fenster. Ohne zu zögern sprang er auf das Fenster zu, krachte durch die dicke Schei
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    be und stürzte vom höchsten Teil der Burg bis hinunter in den Wassergraben.
    Der Aufprall war heftig, aber Gawain tauchte sofort wieder auf und schwamm zur anderen Seite. Er hievte sich schon ans Ufer, als die Wachen noch Alarm schlugen. Als sie die Treppe hinunterstürmten und mit Fackeln in den Händen aus dem großen Tor von Burg MacRinnalch strömten, war Gawain längst in der Dunkelheit verschwunden.
    Im Westflügel eilte ein ausgesprochen nervöser Diener zu den Gemächern der Herrin der Werwölfe.
    »Herrin, der Gefangene ist geflohen.«
    »Geflohen?«, frage Verasa. »Wie?«
    »Er hat sich verwandelt und seine Zellentür aus den Angeln gerissen, dann ist er in den Burggraben gesprungen.« »Tatsächlich?«
    Verasa reagierte gelassen, aber Markus, der bei ihr war, wurde wütend. Er stauchte den Diener zusammen und befahl ihm, alle verfügbaren Werwölfe zusammenzurufen und Gawain zu suchen. Der Diener nickte und ging so bald wie möglich hinaus, um Markus' Zorn zu entkommen.
    Die Herrin der Werwölfe zeigte keinen großen Zorn.
    »Schon gut, Markus, ich habe damit gerechnet, dass er flieht. Deshalb habe ich ihn in diese Zelle statt in den Kerker bringen lassen. Er ist ein kräftiger, junger Wolf, trotz seines menschlichen Blutes.«
    »Warum wolltest du, dass er flieht?«
    »Nun ja«, sagte Verasa. »Hier hat er mir nichts genützt. Was hätte ich mit ihm machen sollen? Ihn hinrichten lassen?«
    »Verdient hätte er es«, antwortete Markus.
    »Vielleicht. Aber Markus, wollen wir heutzutage wirklich noch MacRinnalchs hinrichten? Immerhin wollen wir den Clan modernisieren.«
    »Und wenn er Kalix findet?«
    »Dann führt er uns zu ihr. Thrix behauptet, sie wüsste nicht, 176

    wo Kalbe sich aufhält. Ich bin nicht sicher, ob sie die Wahrheit sagt. Es beunruhigt mich, dass wir immer noch nicht wissen, wo Kalix ist. Und wenn Gawain sie findet, wird er versuchen, sie vor Sarapen zu schützen, was nicht schlecht wäre.«
    Markus konnte das nicht einfach so gutheißen. Er hatte Gawain nie gemocht.
    »Ich wusste gar nicht, dass er sich in jeder Nacht nach Belieben verwandeln kann.«
    »Nicht? Gawain stammt aus einem sehr starken Geschlecht. Sein

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