Kalix - Die Werwölfin von London
ihr zeigte, wie man von der Seite Musik herunterladen konnte. Moonglow ließ sie allein weitermachen und ging einkaufen.
Als Moonglow das Haus verließ, wurde es schon dunkel. Das einzige Geschäft, das sonntags um diese Zeit geöffnet hatte, war ein winziger Supermarkt, nicht billig, aber gut sortiert. Moonglow kaufte Gemüse und Gewürze, die sie zum Kochen brauchte. Die Kassiererin grüßte sie lächelnd. Moonglow hatte die Mitarbeiter schnell kennengelernt. Das schaffte sie immer, sogar in einer so anonymen Stadt wie London. Sie ging nach Hause, stellte das Essen in der Küche ab und ging nach oben, um sich umzuziehen. Dort fand sie Kalix, die sich in eine Werwölfin verwandelt hatte und offenbar versuchte, ihren Computer aufzufressen.
»He!«, rief Moonglow, machte einen Satz nach vorne und schnappte sich ihr MacBook, bevor es zwischen Kalix' großen Zähnen verschwand.
»Was soll das?«
Kalix starrte sie wütend an.
»Ich möchte eine Erklärung«, verlangte Moonglow. Langsam verwandelte Kalix sich wieder in ihre menschliche Gestalt zurück, dann stand sie mit gesenktem Blick da.
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»Und? Warum wolltest du meinen Computer fressen?« »Er hat nicht funktioniert«, murmelte Kalix. »Also hast du gedacht, du beißt ihn einfach?«
»Ja.«
»Kalix, er ist mir sehr wichtig. Du hast versprochen, vorsichtig zu sein. Wäre ich dreißig Sekunden später nach Hause gekommen, hättest du ihn kaputt gemacht.«
Moonglow unterzog ihren Computer einer kurzen Inspektion. Er schien den Vorfall überstanden zu haben.
»Worüber hast du dich denn so geärgert?«
»Ich konnte die Sachen nicht richtig lesen«, gestand Kalix. »Mit der Schrift war irgendwas nicht in Ordnung.«
»Die Schrift war schon in Ordnung, Kalix«, sagte Moonglow. »Du kannst nur nicht gerade gut lesen.«
»Kann ich wohl.«
»Nein, kannst du nicht.«
»Du musst mir nicht ständig Vorträge halten«, schnaubte Kalix und lief aus dem Zimmer.
Moonglow seufzte. Sie hatte gewusst, dass es bei diesem Thema heikel werden konnte. Aber dann dachte sie, nachdem sie es schon einmal angesprochen hatte, könnte sie vielleicht auch etwas unternehmen. Sie schnappte sich ihren Laptop und ging hinüber in Kalix' Zimmer.
»Hör mal, statt meinen Computer kaputt zu machen, könntest du mit ihm doch auch besser lesen lernen.« »Ich kann doch lesen«, sagte Kalix stur.
Moonglow loggte sich schon auf einer Website ein, die sie neulich entdeckt hatte und die vielleicht nützlich sein konnte. Außer natürlich, sie würde die junge Werwölfin noch tiefer beleidigen.
»Du musst dich nicht dafür schämen, dass du nicht gut lesen kannst«, sagte Moonglow. »Das heißt doch nicht, du wärst nicht schlau. Ich weiß längst, dass du intelligent bist. Das liegt nur daran, dass du kaum Unterricht bekommen hast. Schau dir das mal an.«
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Moonglow hatte sich auf einer Förderseite zum Lesenlernen eingeloggt. Die Seite war sehr fröhlich und zeigte viele bunte Bilder von Tieren und Blumen. Sie sah aus wie ein einfaches Lesebuch für Kleinkinder, war dazu aber knallig animiert. Wenn man etwas richtig machte, tanzten die Tiere über den Bildschirm und gratulierten dem Benutzer zu seiner Leistung. Machte man einen Fehler, wurde man von den bunten Tieren zu einem neuen Versuch ermutigt.
»Wenn du mit dieser Seite arbeitest, kannst du im Handumdrehen lesen und schreiben, und das wäre doch besser, als nur wütend zu werden, oder?«
»Ich brauche keine Hilfe«, sagte Kalix.
»Sieh sie dir trotzdem mal an«, sagte Moonglow. »Ich muss jetzt für Jay kochen.
Wenn ich meinen Computer hierlasse, versprichst du mir dann, ihm nichts zu tun?«
»Na gut.«
Inbrünstig hoffend, dass sie ihr geliebtes MacBook nicht zum letzten Mal in intaktem Zustand gesehen hatte, ging Moonglow in die Küche.
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Wahnsinnig vor Wut lief Markus durch die Straßen Londons. Wer das Pech hatte, dem rasenden Werwolf in die Quere zu kommen, während er Richtung Norden zum Hyde Park rannte, wurde grob beiseitegestoßen. Sarapens Stadtvilla stand gleich am Park, und Markus hatte nur einen einzigen Gedanken: Sarapen zu töten. Sarapen hatte das Begravarmesser gestohlen undTalixia umgebracht. Jetzt würde Markus ihn umbringen. Markus dachte nicht an die Nachfolge des Fürsten oder daran, welche Konsequenzen seine Tat 221
für den Clan haben konnte. Er dachte nicht einmal daran, was Verasa sagen würde. Sein großer Bruder musste sterben. Nichts anderes zählte.
Markus erreichte den Hyde Park genau
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