Kalix - Die Werwölfin von London
bezahlte sie sehr gut und behandelte sie höflich. Wahrscheinlich höflicher als die meisten anderen Leute. Die Zauberin hatte eine spitze Zunge und ein recht ungeduldiges Wesen. Ihrer eigenen Belegschaft gegenüber verlor sie selten die Beherrschung, aber es gab Menschen in der Branche, die Thrix MacRinnalch nicht besonders mochten. Sie war zu intelligent, zu schön und zu ehrgeizig, um allgemein beliebt zu sein.
Thrix hatte längst nicht so viel vom großen Reichtum der Familie bekommen, wie sie gewollt hatte. Die Gelder wurden größtenteils von Verasa kontrolliert, und Verasa hatte die Bemühungen ihrer Tochter in der Modebranche nie unterstützt. Lange war es Thrix schwergefallen, ihre Rechnungen zu bezahlen.
In den letzten zwei Jahren hatte sich das geändert. Das Unternehmen warf langsam Gewinne ab, und durch die zusätzlichen Einnahmen aus ihrer Arbeit für Malveria ging es der Zauberin finanziell gut. Sie besaß ein gemütliches Apartment in der Innenstadt und hatte vor kurzem eine Anzahlung für einen Mercedes geleistet.
Ihr Wohlstand, ihre Schönheit und der sich abzeichnende Erfolg hätten der Zauberin wenigstens eine gute Beziehung verschaffen müssen, aber aus irgendeinem Grund fand Thrix nie einen Freund, den sie mochte.
»Kannst du nicht einfach jemanden entführen?«, schlug die Feuerkönigin vor.
»Nicht, wenn ich eine dauerhafte Beziehung möchte«, erklärte Thrix. Die Feuerkönigin verstand das nicht ganz. Wie vieles in der menschlichen Welt. Als eine der großen Königinnen der Naturgeister besaß Malveria auf der ganzen Welt menschliche Anhänger, aber obwohl die Königin ihre Gefolgschaft zu schätzen wusste, hatte sie von den Regeln menschlicher Beziehungen fast genauso wenig Ahnung wie von Klempnerarbeiten.
»Liegt es daran, dass du eine Werwölfin bist und dich nur mit 5°
anderen Werwölfen verabreden solltest, aber dir das nicht leichtfällt, weil du dich von deinem Clan distanzieren willst?«
»Dadurch wird es nicht einfacher«, räumte die Zauberin ein. »Aber ich würde mich auch mit einem netten Menschen zufriedengeben, der mich zum Essen einlädt und nicht damit zu Tode langweilt, die ganze Zeit über sich selbst zu sprechen.«
Malveria nickte. Das konnte sie verstehen. Selbst in ihrem Reich waren die meisten männlichen Feuergeister selbstverliebt. Ihre Hofdamen klagten ständig darüber.
»Vielleicht fühlen sich die netteren Menschen eingeschüchtert durch deine Schönheit«, vermutete die Feuerkönigin. »Darunter leide ich natürlich auch oft.
Meine legendäre Attraktivität hat schon viele Verehrer erzittern lassen, aber natürlich wähle ich als Gefährten, wen ich will. Ach, letzte Woche hatte ich Besuch von einem ausgesprochen attraktiven jungen Mann, zum Teil Geist, aber mit einem Schuss Alb oder Fee. Er hatte ein prächtiges Lächeln und ein paar interessante Geschichten über verschiedene Reiche. Würdest du ihn gerne kennenlernen?«
Thrix schüttelte den Kopf. Mit Blind Dates hatte sie noch nie gute Erfahrungen gemacht. Die Unterhaltung fand ein Ende, als Malveria von einem wunderbaren Paar silberner Sandalen abgelenkt wurde und vor Begeisterung praktisch von ihrem Stuhl schoss, während an ihren Fingerspitzen winzige Flammen aufzün-gelten. Thrix warf ihr einen warnenden Blick zu. Nicht, dass sie noch ganz in Flammen aufging und die Models erschreckte. Außerdem wäre sie Gefahr gelaufen, die Kleider zu beschädigen.
»Ich will hundert Paar«, rief Malveria.
»Ich kann dir vier geben«, sagte Thrix.
»Vier sind zufriedenstellend«, antwortete die Feuerkönigin.
i8
Kalix war mittlerweile beängstigend schwach. In menschlicher Gestalt aß sie fast nie, aber sie konnte nicht verhungern, denn in den drei Vollmondnächten, in denen sie sich unweigerlich verwandelte, fraß die Wölfin in ihr.
Als Werwölfin besaß Kalix noch die Kontrolle über das, was sie tat. Sie konnte auch noch vernünftig denken. Aber es gab Unterschiede. In Werwolfgestalt erschien das Leben nicht so wie sonst. Ihre Probleme mit dem Essen verschwanden, und die Wölfin Kalix fraß sich in jeder Nacht mit allem Fleisch voll, das sie bekommen konnte. Manchmal waren das Straßenhunde, manchmal die Waren in Metzgereien, in die sie eindrang, indem sie einfach die Türen aus den Angeln riss. Wenn sie sich wieder in einen Menschen verwandelte, wurde ihr bei der Erinnerung an das Fressen immer schlecht. Dann brachte sie sich dazu, sich zu übergeben, aber es war zu spät, um die Nahrung aus
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