Kalix - Die Werwölfin von London
stelle die Benachrichtigung ein.«
Moonglow machte sich daran, Malveria Decken zu bringen und nachzusehen, ob Kalix gut versorgt war.
»Heute Nacht brauche ich keine Wärmflasche«, sagte Kalix. »Als Werwölfin ist mir immer warm.«
»Nimm sie lieber trotzdem«, antwortete Moonglow. »Durch das hintere Fenster zieht es, und nach dem, was du durchgemacht hast, bist du noch schwach.«
Kalix machte ein finsteres Gesicht. Sie ließ sich nicht gerne verhätscheln. Sie teilte sich auch nicht gerne das Zimmer mit Malveria. Aber plötzlich merkte sie, dass sie müde war. Sie wickelte sich in ihre Decke, rollte sich vor dem Feuer zusammen und schlief ein, während die Feuerkönigin auf dem Sofa unter einer sehr hübschen Seidendecke lag, die Moonglow ihr gegeben hatte. Malveria war nicht sonderlich müde, aber sie fühlte sich in diesem Haus seltsam wohl und schlief ein, um von einem großen modischen Triumph bei der Ratssitzung der Gebieter der Elementargeister im nächsten Monat zu träumen.
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Burg MacRinnalch mochte vielleicht von internen Streitereien zerrissen sein, aber beim Begräbnis des Fürsten war davon nichts zu spüren. Sarapen und Markus standen während der Zeremonie Seite an Seite und zeigten keine Spur von Feindseligkeit. Respektvoll neigten sie die Köpfe, als die Herrin der Werwölfe den traditionellen Abschiedsgruß an den Fürsten verlas, den gleichen Abschiedsgruß, mit dem jeder Fürst seit Durghaid MacRinnalch im Jahr 1128
bestattet wurde. Fackeln erleuchteten den großen Saal der Burg, und ein Dudelsackpfeifer spielte ein Klagelied, während die Sargträger den großen Eichensarg aufnahmen. Es war schwierig, als Werwolf Dudelsack zu spielen, aber beim Begräbnis des Fürsten wurde gespielt. Die geisterhaften, seelenvollen Klänge drangen durch die große Halle, als der Sarg nach draußen getragen wurde. Dort würden die versammelten Werwölfe zum letzten Mal Abschied vom Fürsten nehmen, bevor er seine Reise in die Wälder der toten Werwölfe antrat.
Die Herrin der Werwölfe führte die Familie auf dem Weg von der Burg an. Als der Clan Verasa an der Spitze des Trauerzugs sah, ging ein leichtes Beben durch die Menge. Es hatte schon Gerüchte gegeben, dass der Große Rat sich nicht auf einen neuen Fürsten hatte einigen können, und das war der Beweis. Hätte es einen neuen Fürsten gegeben, hätte er den Zug angeführt. Zahlreiche Anwesende warfen ihren Nachbarn vielsagende Blicke zu. Es würde Ärger geben. Das war jedem klar.
In dieser Nacht war Vollmond. Als der Sarg des Fürsten hinausgetragen wurde, stimmten die Werwölfe ein Heulen an, wie es die Welt bislang nur selten gehört hatte. Der ganze Clan betrauerte den Tod seines Oberhaupts. Von allen Werwölfen dort heulte allein Thrix nicht. Obwohl es erschreckend war, sich das einzugestehen, war ihr bewusst geworden, dass sie über den Tod des Fürsten 127
froh war. Das Leben in der Burg war für seine Töchter nicht leicht gewesen.
»Wäre ich in Kalix' Alter mutiger gewesen, hätte ich ihn vielleicht selbst angegriffen«, dachte Thrix und schämte sich sofort ein wenig für diesen Gedanken.
Sarapen heulte laut und anhaltend, aber als sein Geheul verklang, sah er zu seinem Bruder Markus hinüber. »Ich werde dich töten, Bruder«, dachte Sarapen. »Und jeden anderen, der sich mir in den Weg stellt.«
Dominil heulte, aber nur kurz. Sie langweilte sich bereits. Sie überlegte, ob sie Verasas Bitte folgen und nach London gehen sollte. Sie sah keinen Grund, das zu tun. Aber sie sah auch keinen Grund, es nicht zu tun. Dieses Problem hatte sie schon ihr ganzes Leben lang. Es war weniger Unschlüssigkeit als vielmehr das Gefühl, dass keine Alternative der Mühe wert war.
Und Verasa kamen während der Beerdigung die Tränen. Sicher, so etwas wie Vertrautheit hatte es zwischen ihr und ihrem Mann schon lange nicht mehr gegeben, aber sie waren doch lange zusammen gewesen. Beinahe dreihundert Jahre lang. Sie verband eine gemeinsame Vergangenheit, die nur wenige Menschen begreifen konnten. Und jetzt gab es ihn nicht mehr. Verasa legte den Kopf in den Nacken und heulte voll Inbrunst.
Inmitten der Menge stand Gawain mit erhobenem Kopf. Er betrachtete die Trauernden. Kalix war nicht bei ihnen. Das war eine bittere Enttäuschung.
Hinter Gawain standen sechs Angehörige vom Haushalt der Herrin. Sie hatten Gawain beobachtet, seit er das Anwesen betreten hatte. Verasa hatte angeordnet, dass sie das Begräbnis nicht stören, ihn danach aber
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