Kalix - Die Werwölfin von London
Feuerkönigin etwas durch Magie zu verbergen. In ihrer eigenen Dimension war sie gegen Zauberei beinahe völlig gefeit, und selbst in dieser Welt konnten ihr nur extrem mächtige Zaubersprüche etwas anhaben.
Malveria war bei einer After-Show-Party auf Thrix zugegangen und hatte laut gesagt: »Ich habe noch nie eine Werwölfin getroffen, die Mode entwirft.« Zuerst war Thrix erschreckt, weil sie Malveria für eine Jägerin hielt, aber dann verrieten ihre Sinne ihr die Wahrheit. Sie beugte sich vor, um Malveria ins Ohr zu flüstern. »Und ich habe noch nie eine Hiyasta bei einer Modenschau getroffen. Aber ich werde nichts sagen, wenn Sie nicht mehr in aller Öffentlichkeit herausposaunen, dass ich eine Werwölfin bin.«
»Ist das ein Geheimnis?« »Ja.«
»Dann bleibt es unser Geheimnis«, sagte Malveria mit warmem Lächeln.
»Normalerweise pflegen wir Hiyastas ja keine Freundschaft mit Werwölfen, aber wie sollte man eine Werwölfin, die so wunderbare Kleider entwirft, nicht mögen?«
Sie hatten sich auf Anhieb verstanden und waren sofort Freundinnen geworden.
Ihre gemeinsame Liebe zur Mode ließ ihre althergebrachte Feindschaft völlig unwichtig erscheinen. Denn, wie die Feuerkönigin sagte, wenn man bedachte, wie wichtig das richtige Outfit war, zählte es doch nicht, ob vor neunhundert Jahren Murdo MacRinnalch ihre Großmutter Königin Malgravane schwer beleidigt hatte. Und Thrix stimmte ihr zu; wenn Königin Malgravane ganz unnötigerweise an einem einfachen Lapsus ihres Urgroßvaters Murdo Anstoß genommen hatte, musste man sich deswegen heute nicht mehr aufregen. Kurz darauf hatte Malveria
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die Zauberin zu ihrer Modeberaterin, Designerin und Lieferantin gemacht -
eine Verbindung, von der beide profitierten.
Thrix grübelte wieder über ihre gestohlenen Entwürfe für Malveria nach. Sie war noch ganz in Gedanken, als sie das Restaurant erreichte, und sah den Mann, der auf sie zukam, verständnislos an.
»Ja?«
»Wir sind verabredet.«
»Natürlich«, sagte Thrix und lächelte, obwohl sie ihrer Probleme wegen nicht bei der Sache war. Weil sie ein wenig zu spät gekommen war, setzten sie sich gleich an ihren Tisch. Der Kellner brachte ihnen die Speisekarten.
»Ich glaube, ich -«, setzte Donald an, da klingelte Thrix' Handy.
»Entschuldigung«, sagte Thrix. »Ein wichtiges geschäftliches Gespräch, es wird nicht lange dauern.«
Es war kein geschäftlicher Anruf. Es war ihre Mutter.
»Thrix«, begann Verasa. »Hast du schon nach Kalix gesehen? Ich glaube, Sarapen könnte -«
»Mutter, ich kann jetzt nicht reden.«
»Warum nicht?«
»Ich bin in einem Restaurant.«
»Bist du so hungrig, dass du mit dem Essen nicht einen Moment warten kannst?« »Ich bin nicht allein.«
»Ah«, sagte die Herrin der Werwölfe. »Ist Ann bei dir?« »Nein.«
»Heißt das, du hast eine Verabredung? Mit einem Menschen?« »Ja.«
»Meine liebe Tochter, ist das klug? Ich weiß, du konntest bisher keinen passenden Werwolf für dich interessieren, aber denk doch an die Probleme.
Menschen leben nicht sehr lange, und die meisten reagieren nicht gerade positiv darauf, wenn sie erfahren, dass sie sich mit einem Werwolf eingelassen haben.«
»Mutter, jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt -«
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»Ich will doch nur helfen. Hättest du gesagt, dass du jemanden kennenlernen willst, hätte ich dich diesem reizenden Andrew MacRinnalch vorgestellt, der zum Begräbnis hier war. Er hat jetzt seine Zulassung als Anwalt, weißt du.«
Thrix stöhnte innerlich auf. Andrew MacRinnalch, ein entfernter Cousin, war wahrscheinlich der langweiligste Werwolf des ganzen Clans.
»Er hat eine Kanzlei in Edinburgh«, erzählte Verasa weiter.
»Ich muss jetzt wirklich aufhören«, sagte Thrix schroff. »Wegen Kalix rufe ich später zurück. Bis dann.«
Thrix legte das Handy weg und entschuldigte sich bei ihrem Begleiter.
»Meine Mutter. Sie ruft immer genau im falschen Moment an.«
Donald nahm das natürlich gelassen. Er hatte Thrix schon lange einladen wollen, und nachdem er sich dank etwas diskreter Ermutigung durch Ann endlich getraut hatte, wollte er nicht alles verderben, indem er sich über einen Anruf beschwerte. Sie lasen die Speisekarten und plauderten über ihren Tag bei der Arbeit.
»Ich warte auf Stoffe aus Korea -«
Thrix unterbrach sich, als ihr Handy klingelte. Das musste New York sein.
»Hallo?«
»Thrix, ich bin's, Markus. Ich komme nach London, und wir müssen eine Menge besprechen. Mutter will,
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