Kalix - Die Werwölfin von London
dass du -« »Ich habe keine Zeit«, sagte Thrix.
»Ich bin beim Essen.« »Geschäftlich?« »Nein.«
»Hast du etwa eine Verabredung?« Markus klang belustigt. »Dann sollte ich dich wirklich nicht aufhalten, Schwester. Schließlich hast du nicht oft Verabredungen.«
»Nein, habe ich nicht«, antwortete Thrix spitz und legte auf.
»Mein Bruder«, entschuldigte sie sich bei Donald. »Sollen wir bestellen?«
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Es war die Nacht nach Vollmond. Alle MacRinnalchs hatten ihre Werwolfgestalt angenommen, nur Thrix nicht. Sie hatte sich entschieden, Mensch zu bleiben.
Die Verwandlung konnte sie durch Magie verhindern. Das war nicht einfach, aber wenn die Verabredung gut lief, lohnte sich die Mühe vielleicht.
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Thrix versuchte nicht als einziges Familienmitglied, das Privatleben mit den Ansprüchen des Clans zu vereinen. Markus telefonierte mit Talixia und sagte ihr, er würde bald nach London zurückkommen. Dominil nüchterte die Zwillinge aus und bemühte sich, ihnen verständlich zu machen, dass sie ihnen helfen wollte. Sarapen besprach sich mit seinen Ratgebern, verstärkte die Mauern seines Wohnturms und sammelte seine Truppen. In der Burg verabschiedete sich Lucia von einigen Werwölfen, die zum Begräbnis aus Übersee angereist waren. Sie versicherte ihnen, die Nachfolge des Fürsten würde so rasch wie möglich geklärt werden. Lucia war eine ausgesprochen charmante Werwölfin und konnte andere gut beruhigen.
Tupan überlegte in seinen Gemächern, dass die Sitzungen des Großen Rats alles in allem recht gut verlaufen waren. Wenn dieser Schwächling Markus jemals als Fürst eingesetzt wurde, würde der Clan ihn als Anführer ohne Zweifel unzulänglich finden und nach einem anderen suchen.
Kalix saß in Wolfsgestalt auf Daniels und Moonglows Sofa, hielt auf dem Schoß die Fernsehzeitung und versuchte, die gedruckten Spalten zu entziffern, aber das meiste erschien ihr ebenso unverständlich wie Moonglows sumerische Keilschrift. Sie überlegte, ob Daniel ihr vielleicht nicht die Wahrheit darüber gesagt
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hatte, wie oft Sabrina lief. Kalix war es gewohnt, dass ihr Leute nicht die Wahrheit sagten. Sie betrachtete das Wort Sabrina und prägte es sich genau ein, um es wiederzuerkennen, dann blätterte sie tapsig mit ihren Pfoten die Seiten um und suchte danach. »Aha!«, rief sie plötzlich.
Es war so seltsam, einen Werwolf Aha! rufen zu hören, dass Daniel und Moonglow laut auflachten.
»Was ist denn so lustig?«, fragte Kalix unsicher.
»Nichts«, antwortete Moonglow. »Was gibt's denn?«
Aufgeregt zeigte Kalix auf eine Seite der Fernsehzeitschrift, auf der, da war sie sich fast sicher, zweimal in einer Zeile das Wort Sabrina stand. Auf der nächsten Seite, die, so nahm sie an, für den folgenden Tag stand, tauchte es wieder zweimal auf.
»Es kommt doch öfter!«
Daniel schüttelte voll Bedauern den Kopf. Er erklärte Kalix, dass der Sender, dessen Programm sie gelesen hatte, zwar öfter Sabrina zeigte, sie diesen Sender aber nicht empfingen.
»Das ist ein Kabelsender. Wir können nur über Antenne sehen.«
Kalix war verwirrt.
»Holt ihn euch!«, sagte sie voller Begeisterung. »Ich fürchte, das kostet Geld. In der Fernsehzeitschrift stehen zwar neunzig Programme, aber wir bekommen davon nur fünf.« Kalix wirkte niedergeschmettert.
»Aber sie zeigen öfter Sabrina«, sagte sie. »Und tagsüber Cartoons.«
»Wir wollen gar keine neunzig Programme«, sagte Moonglow. »Fernsehen ist nicht gut, damit solltest du nicht deine ganze Zeit verplempern.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Kalix.
»Und zu Recht nicht«, meinte Daniel. »Wer würde denn nicht mehr Fernsehprogramme haben wollen? Aber Moonglow ist gegen das Fernsehen. Sie hat sogar abgelehnt, als ihre Mutter ihr den Kabelanschluss zum Geburtstag schenken wollte.«
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Kalix starrte Moonglow an. »Ist das wahr?«
Moonglow gab zu, dass es stimmte, und wiederholte, es sei nicht gut, zu viel fernzusehen. Kalix wurde ganz aufgeregt. Sie lief im Zimmer auf und ab. Dann setzte sie sich neben Moonglow und sah sie flehentlich an.
»Können wir Kabelfernsehen bekommen?«
Moonglow schüttelte den Kopf.
»Wer braucht denn neunzig Programme? Glaub mir, Kalix, das ist reine Zeitverschwendung.«
Kalix verstand das nicht, und als Moonglow ihr die Bitte immer wieder abschlug, begann sie zu schmollen. Sie stand auf und stapfte aus dem Zimmer.
»Jetzt hast du sie wütend gemacht«, sagte Daniel.
»Sie ist nicht richtig wütend, sie schmollt nur.
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