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Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Feuerland
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Jagd teilnahmen, besonders aufgeregt waren. Jetzt endlich konnten sie ihren Mut beweisen und Anerkennung finden. Mit einem einzigen beherzten Lanzenstoß konnte man Fell, Zähne und Gehörn eines Beutetieres erobern und sich überall Bewunderung verschaffen. Und falls sich ein Mann ganz besonders auszeichnete, konnte er sich sogar als künftiger Clanführer ins Gespräch bringen.
     
    »Kalla!«
    Am Bach stand ein Mädchen und winkte lachend zum Felsenpfad hinauf. Kallas Augen leuchteten auf. Es war Chani, ihre beste Freundin, ein fröhliches Mädchen vom Hirschclan. Die beiden hatten sich zuletzt im Frühsommer gesehen. Kalla erinnerte sich daran, wie Tomo versuchthatte, ihnen beiden das Fischefangen beizubringen, und wie sie alle drei bei jedem missratenen Versuch in Gelächter ausgebrochen waren.
    Tomo, fiel es ihr ein. Ich wollte doch Tomo suchen. Kalla beschloss   – wenn sie das Essen zu Loas gebracht hatte   –, sich sofort auf die Suche nach dem Freund zu machen.
    »Kalla!« Chani rief und winkte erneut. Kalla hob die Beutel, um anzudeuten, dass sie noch etwas zu erledigen hatte.
    »Später!«, rief sie zurück. Chani nickte, und Kalla lief weiter, hinüber zum Bärenfelsen, wo sich die Zweige von Toroks Baum im Wind bewegten. Toroks Baum war ein ungewöhnlich hoher, uralter Erlenbaum, unter dem Ahnvater Torok seine erste Clansitzung abgehalten hatte und der als Wohnsitz seiner wiedergeborenen Seele verehrt wurde. Sein Schutztier war der Rabe gewesen, deshalb wurde der Baum auch Rabenbaum genannt.
    Für einen Moment hielt Kalla im Laufen inne und legte die Hand auf die Brust, um dem Ahnvater den Gruß zu entbieten, so wie es die Sitte vorschrieb. Dann lief sie weiter, hinüber nach Westen, wo die Sonne zu sinken begann und den Roten Felsen in das warme Licht des späten Sommertages tauchte.

DER ROTE FELSEN
    D er Rote Felsen erhob sich auf einer riesigen, schräg abfallenden Felsplatte, einige Speerwürfe weit vom Felsmassiv entfernt. Das Plateau war mit Moos und Flechten bewachsen und endete an einem Steilhang, wo der Otterbach wasserfallartig in die Tiefe stürzte. Einst hatte hier ein mächtiger Felsblock gestanden, der jedoch durch die Wucht eines Erdbebens gesprengt worden war. Dabei war ein Teil des Felsens ins Tal gestürzt. Der andere Teil war stehen geblieben, als hoch aufragender, dreifach gespaltener Felsen mit bizarren Zacken, Spalten und Löchern, aus denen Efeuranken herausquollen. Von der Südseite aus blickte man direkt auf den Otterbach hinunter, auf den anderen Seiten war er von dichtem Gestrüpp umwuchert.
    Der Fels hatte eine schmale Öffnung, durch die manin eine dunkle Kammer gelangte. Am Eingang standen drei niedrige Steinblöcke.
    Weil der Felsen aus rötlichem Stein bestand, hatte er den Namen Roter Felsen bekommen. Hier wohnte Loas, der Seher des Löwenclans, der alle Geschichten wusste, alle Lieder kannte und die uralten Ahnenschätze des Clans hütete. Loas konnte geheime Zeichen und Bilder deuten und stand in ständiger Zwiesprache mit den Geistern. Jede Nacht beobachtete er die Himmelslichter, und wann immer Kalla ihn antraf, ritzte er mit der Spitze seines langen Erlenstockes sonderbare Punkte und Gitter in die Erde. Auf alle Fragen wusste er Antwort zu geben, für jeden Zweifel einen Rat, und sein Urteil galt als unantastbar.
    Als Kalla in den Pfad zum Felsen einbog, sah sie Loas am Eingang sitzen, den Stab in der Hand, das Gesicht zur Erde gewandt. Und wie immer, wenn sie hierherkam, beschlich sie ein seltsames Gefühl. Es war eine Mischung aus Neugier und Feierlichkeit, und unwillkürlich verlangsamte sie ihre Schritte. Da hob Loas den Kopf. Als er Kalla erblickte, überzog ein Lächeln sein Gesicht, und sie freute sich. Oft nämlich, wenn sie das Essen brachte, schien er so in seine Gedanken versunken, dass er sie gar nicht wahrnahm. Oder er zeigte sich überhaupt nicht, dann stellte sie nur die Beutel auf einen der Steinblöcke und huschte rasch wieder fort.
    Heute jedoch empfing er sie mit einem freundlichen Lächeln, und Kallas Herz klopfte vor Aufregung. An manchen Tagen nämlich war Loas unerwartet gesprächig, und dann durfte sie ihm eine Frage stellen oder ihn um eine Geschichte bitten. Und was immer Loas dann erzählte, stets war es etwas Besonderes, dafür sorgte schon der eigentümlich wiegende Tonfall, in dem er sprach. Doch auch wenn er stumm blieb   – allein sein Anblick war staunenswert.

    Loas war auffallend hoch gewachsen und feingliedriger als die

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