Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
nur auf, dass sie dich nicht zwischen die Zähne bekommt!«, rief eine fröhliche Stimme. Sie gehörte Chani, die ihre Arme liebevoll um die Freundin schlang.
Kalla hatte gar nicht richtig zugehört. Die seltsamen Geschichten des Sehers wollten nicht aufhören, in ihrem Kopf herumzuspuken. Chani setzte sich neben sie und lehnte ihre Schulter an die der Freundin. In der behaglichen Wärme des Feuers begannen die Schreckensbilder allmählich zu verblassen, und Kalla fühlte sich geborgen. Wie tröstlich war es, in all die vertrauten Gesichter zu sehen. Beinahe dankbar wanderte ihr Blick von einem zum anderen.
»Ferigal, du sollst doch keine Zwiebeln essen, du verträgst sie nicht.«
Die sich so fürsorglich kümmerte, war die stille dunkeläugige Mea. Sie sorgte nicht nur für ihre Söhne Aikle, Brai und Tomo, sondern auch für ihren Bruder Ferigal. Der Werkzeugmacher hatte nie das Glück gehabt, eine Gefährtin zu finden, und so hatte ihn die Schwester in ihrer Höhle aufgenommen und kümmerte sich um ihn.
Neben Mea saß die üppige Spona. Sie besaß die beneidenswerte Gabe, auch in schwierigen Situationen ihre gute Laune zu bewahren, und so erzog sie ihre Töchter Kuna, Nomit und Wani und ihren Sohn Muk überwiegend mit Gutmütigkeit und Humor. Im letzten Winter hatte sie einen zweiten Sohn geboren, der trotz des lauten Trubels friedlich in ihrem Arm schlummerte. Sponas Gefährte war Laiko, ein hagerer, schweigsamer Mann, der ständig über neue Techniken des Fischfangs nachsann.
Neben ihm saß der kleine schlaue Trus, der mit Nati und ihren Söhnen Jonol und Olep eine Höhle bewohnte. Nati war einen halben Kopf größer als ihr Gefährte und von eigenwilliger Schönheit. Das Aufffälligste waren ihre hellen Augen, die in seltsamem Kontrast zu ihren schwarzen Haaren standen. Ihre beiden Söhne waren sehr gegensätzlich. Jonol stand im dreizehnten Sommer. Er hatte kurze stämmige Beine und konnte einen halben Tag lang laufen, ohne eine Pause zu machen. Außerdem schien er vor nichts und niemandem Angst zu haben. Sein älterer Bruder Olep hingegen war groß und mager und sah mit seinem weichen bartlosen Gesicht noch fast kindlich aus. Er war ein ausgezeichneter Fährtenleserr, doch galt sein Interesse hauptsächlich der Musik. Keiner konnte so gut mit Trommel und Schwirrholz umgehen wie er, außerdem konnte er die Sprache der Vögel nachahmen. Oft traf man ihn bei Ferigal, der ihm beibrachte, wie man Knochenflöten schnitzte.
Hinter Olep stand Lomna, klein und energisch, mit einer hohen Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Sie bewohnte mit ihrem Gefährten Keril und ihren Söhnen Agal und Krot eine Höhle. Keril war ein bedächtiger Mann, der seine Ruhe liebte. Die Brüder hingegen lagen sich ständig in den Haaren. Fast jeder Streit wurde von Agal ausgelöst, der ein ausgezeichneter Schütze und Jäger war, aber auch ein jähzorniger Hitzkopf. Er konnte es nicht lassen, den jüngeren Krot zu reizen, und spätestens am Abend eines jeden Tages wälzten sich die Brüder in erbittertem Kampf am Boden.
Kallas Blick wanderte weiter und verweilte bei dem alten Ubruk. Er war fast blind, hatte keine Zähne mehr und kam ohne Hilfe nicht mehr zurecht. Doch da er derälteste und erfahrenste Mann im Löwenclan war, wurde er oft um Rat gebeten. Neben ihm saßen Mutter Sina, Ixi und Yonna. Ixi war im vorigen Sommer mit Kimra vom Hirschclan verbunden worden, der jedoch wenig später in einem reißenden Fluss ertrunken war. So hatte sie nur sehr kurz das Lager mit ihm geteilt, war aber dennoch von Ama mit einem Kind gesegnet worden. Bald würde es geboren werden, und Kalla freute sich darauf.
»Schläfst du etwa?« Chani knuffte die Freundin liebevoll in den Arm.
»Nein«, sagte Kalla. »Ich habe nur darüber nachgedacht, wie schön es ist, dass wir alle hier sind.«
»Ich glaube, dieser Hogre hat es ernsthaft auf Kuna abgesehen«, sagte Chani. Sie stand auf und deutete auf einen mageren jungen Mann, der neben Agal unter einer Kiefer stand. »Aber sie scheint ihn nicht zu mögen. Und mir gefällt er, ehrlich gesagt, auch nicht. Ich finde, er hat etwas Verschlagenes. Wenn er lacht, sieht er aus wie ein tückisches bissiges Frettchen.«
Kalla nickte. Hogre vom Luchsclan trieb sich immer häufiger bei den Löwenleuten herum und bewegte sich dort so selbstverständlich, als ob er zu ihnen gehörte. Es war offensichtlich, dass ihm Kuna gefiel und er sie sich zur Gefährtin wünschte. Doch Kuna war längst dem jungen Efle vom
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