Kalle Blomquist
Björk«, sagte sie, »wenn du nicht so ungeheuer alt wärst – Onkel Björk, du könntest direkt den Krieg der Rosen mitmachen.«
»Ja, Onkel Björk wäre eine feine Rote Rose«, sagte Sixtus.
»Kaum«, sagte Anders. »Eine Weiße!«
»Bloß nicht, nein!« wehrte Schutzmann Björk ab. »An so lebensgefährliche Sachen wage ich mich nicht heran. Die ruhige, sichere Arbeit eines Polizeimannes paßt viel besser zu mir ungeheuer altem Mann!«
»Bah, man muß doch auch mal gefährlich leben«, sagte Kalle mit Überzeugung und wölbte die Brust vor.
Einige Stunden später lag er in seiner Lieblingsstellung unter dem Birnbaum und dachte über dieses »Gefährlich-Leben«
nach. Er dachte nach und starrte so beharrlich hinauf in die ziehenden Sommerwolken, daß er kaum bemerkte, wie sein erdachter Zuhörer vorsichtig angeschlichen kam und sich zögernd neben ihn setzte.
»Stimmt es, Herr Blomquist, Sie haben da schon wieder einen Mörder festgesetzt?« fragte er einschmeichelnd.
Da plusterte plötzlich die helle Wut in Kalle Blomquist hoch.
»Habe ich?« fragte er und starrte böse auf den erdachten Zuhörer, der sich nicht fernhalten konnte. »Reden Sie nicht so dummes Zeug! Ich habe keinen Mörder festgesetzt. Die Polizei hat das getan, weil das ihre Arbeit ist. Ich gedenke auch in meinem ganzen Leben keinen Mörder festzusetzen. Ich gedenke mit der Detektiverei Schluß zu machen. Man bekommt nur einen Haufen Ärger davon.«
»Aber ich dachte, Herr Blomquist, Sie lieben es, gefährlich zu leben?« sagte der erdachte Zuhörer, und es hörte sich, ehrlich gesagt, ein wenig vorwurfsvoll an.
»Als ob ich nicht trotzdem gefährlich leben kann!« sagte der Meisterdetektiv. »Junger Freund, Sie sollten nur ahnen, wie es im Krieg der Rosen zugeht …«
Hier wurde der Fluß seiner Gedanken jäh durch einen Pflaumenstein unterbrochen. der seinen Kopf traf. Mit der Schlauheit eines Meisterdetektivs rechnete er sich sofort aus, daß ein Pflaumenstein nicht gut von einem Birnbaum herunter-fallen kann, und wandte sich suchend nach dem Täter um.
Anders und Eva-Lotte standen am Zaun.
»Wach auf, der du dort schläfst!« schrie Anders. »Wir wollen den Großmummrich erjagen!«
»Und weißt du, was wir glauben?« rief Eva-Lotte. »Wir glauben, daß Onkel Björk ihn auf dem Aussichtsturm im Stadtpark versteckt hat. Du weißt doch, wie viele Krähen dort zur Zeit hausen.«
»Pop ror i mom i sos sos i mom a!« schrie Kalle begeistert.
»Die Rötlichen schlagen uns zu Brei, wenn wir ihn zuerst finden«, sagte Anders.
»Das ist egal«, meinte Kalle. »Man muß doch auch mal gefährlich leben!«
Fragend sah Kalle seinen erdachten Zuhörer an. Verstand er nun endlich, daß man gefährlich leben konnte, ohne Meisterdetektiv zu sein? Heimlich winkte er einen Abschiedsgruß zu dem netten jungen Mann hinüber, der noch dastand und ihn genauso bewundernd ansah wie immer.
Dann trommelten Kalles nackte braune Füße fröhlich auf den Gartenweg, als er hinauslief zu Anders und Eva-Lotte. Und sein erdachter Zuhörer verschwand – verschwand so still und un-merklich, als hätte ihn der leichte Sommerwind verweht.
BAND DREI.
Kalle Blomquist, Eva-Lotte und Rasmus
ERSTES KAPITEL
»Kalle! Anders! Eva-Lotte! Seid ihr da?«
Sixtus sah zum Bäckereiboden hinauf und wartete, ob jemand von den Weißen Rosen den Kopf aus der Luke stecken und auf seinen Ruf antworten würde.
»Darf man fragen, warum ihr nicht da seid?« schrie Jonte, als sich im Hauptquartier der Weißen nichts regte.
»Seid ihr wirklich nicht da?« wunderte sich Sixtus, diesmal sehr ungläubig.
In der Bodenluke wurde Kalle Blomquists strohgelber Kopf sichtbar. »Nein, wir sind nicht hier«, versicherte er in aller Ruhe. »Wir tun nur so.«
Die feine Ironie dieser Sätze war an Sixtus einfach verschwendet. »Was macht ihr?« wollte er wissen.
»Ja, was meinst du?« fragte Kalle. »Glaubst du, wir spielen Vater, Mutter, Kind?«
»Euch kann man doch alles zutrauen«, entgegnete Sixtus.
»Sind Anders und Eva-Lotte auch oben?« Zwei andere Köpfe tauchten in der Bodenluke auf.
»Nein, wir sind auch nicht hier«, sagte Eva-Lotte. »Was wollt ihr übrigens, ihr Roten?«
»Ach, euch nur so ein wenig auf den Kopf klopfen«, sagte Sixtus sanft.
»Und endlich wissen, was mit dem Großmummrich werden soll«, ergänzte Benka.
»Oder sollen etwa die ganzen Sommerferien draufgehen, ehe ihr euch entscheiden könnt?« brummte Jonte. »Habt ihr ihn nun versteckt oder
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