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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Anders erbittert. »Es hätte nahegelegen, den Großmummrich in der Gegend von Jönköping zu verstecken. Aber wir haben ihn freundlicherweise ganz in der Nähe – bei Eklunds Villa – versteckt. Das ist doch wirklich anständig.«
    »Klar sind wir anständig.« Eva-Lotte lachte zufrieden. Und dann sagte sie etwas völlig Unerwartetes: »Seht mal, da drinnen auf der Verandatreppe sitzt ein kleiner Knirps.«
    Wirklich, da saß ein Knirps auf der Verandatreppe. Mehr war nicht nötig, um Eva-Lotte ein Weilchen den Großmummrich vergessen zu lassen. Die berühmte Eva-Lotte die ein so tapferer Krieger war, hatte eben einen Augenblick weiblicher Schwäche.

    Es hatte noch nie etwas geholfen, wenn der Anführer ihr klarzumachen versuchte, daß für so etwas im Krieg der Rosen kein Platz war. Anders und Kalle waren immer wieder erstaunt über Eva-Lottes Veränderung, sowie sie in die Nähe kleiner Kinder kam. Für Anders und Kalle waren Kleinkinder nur beschwerlich, naß und rotznäsig. Aber auf Eva-Lotte wirkten sie, als wären es alles kleine entzückende Lichtelfen. Kam sie in den Zau-berkreis einer dieser Elfen, so veränderte sich ihr jungenhafter kleiner Amazonenkörper, und sie benahm sich in einer Weise, die nach Anders’ Meinung völlig unbeherrscht war. Sie stieß wunderliche weiche Laute aus, die Kalle und Anders einfach auf die Nerven gingen. Die lebendige, übermütige Eva-Lotte, Ritter der Weißen Rose, war wie fortgeblasen. Es fehlte nur noch, daß die Roten sie einmal in einer solchen Stunde der Schwäche überraschten –
der
Fleck auf dem Wappenschild der Weißen Rose konnte so schnell nicht weggewaschen werden, meinten Kalle und Anders.
    Der Kleine auf der Verandatreppe hatte wohl bemerkt, daß vor seinem Zaun etwas Ungewöhnliches geschah, denn er trottete jetzt langsam zur Gartenpforte. Er blieb stehen, als er Eva-Lotte sah. »Hej«, sagte er etwas schüchtern.
    Eva-Lotte stand am Zaun und hatte das im Gesicht, was Anders und Kalle Idiotenlachen nannten. »Hej«, sagte sie. »Wie heißt du?«
    Der Kleine sah sie mit ruhigen, dunklen blauen Augen an und schien für das Idiotenlachen nicht sonderlich empfänglich.
    »Rasmus heiß’ ich«, antwortete er und malte mit dem großen Zeh im Sand des Gartenweges. Dann kam er näher. Er steckte ein kleines, stumpfes, sommersprossiges Naschen durch die Latten im Zaun und sah Kalle und Anders, die draußen im Gras sa-
    ßen. Sein ruhiges Gesicht wurde von einem breiten, entzückten Grinsen gespalten. »Hej«, sagte er. »Ich heiße Rasmus!«
    »Ja, haben wir gehört«, erwiderte Kalle gnädig.
    »Wie alt bist du?« fragte Eva-Lotte.
    »Fünf Jahre«, antwortete Rasmus. »Aber nächstes Jahr, da werde ich sechs. Wie alt wirst du denn nächstes Jahr?«
    Eva-Lotte lachte. »Nächstes Jahr werde ich eine alte Tante«, sagte sie. »Was machst du übrigens hier? Wohnst du bei Eklunds?«
    »Das gerade nicht«, antwortete Rasmus. »Ich wohne bei meinem Vater.«
    »Wohnt er in Eklunds Villa?«
    »Klar macht er das«, sagte Rasmus energisch. »Ich könnte doch sonst nicht hier bei ihm wohnen. Das verstehst du doch wohl!«
    »Das ist reinste und feinste Logik, Eva-Lotte«, kicherte Anders.
    »Heißt sie Eva-Lotte?« fragte Rasmus und zeigte mit dem großen Zeh auf Eva-Lotte.
    »Ja, sie heißt Eva-Lotte«, sagte Eva-Lotte. »Und sie findet dich prima!«

    Da die Roten noch nicht in Sicht waren, kletterte sie über den Zaun und näherte sich dem reizenden Kleinen in Eklunds Garten. Es konnte Rasmus nicht entgehen, daß zumindest einer da war, der an ihm interessiert war, und er beschloß, als Gegenleistung artig zu sein. Nun kam es nur noch darauf an, einen passenden Gesprächsstoff zu finden.
    »Mein Vater macht Bleche«, begann er nach kurzer Überlegung.
    »Bleche macht er?« fragte Eva-Lotte. »Ist er Schmied?«
    »Nein, Schmied ist er nicht«, sagte Rasmus. »Er ist ein Professor, der Bleche macht.«
    »Wunderbar«, sagte Eva-Lotte. »Dann kann er vielleicht für meinen Vater Bleche machen. Der ist Bäcker, verstehst du, und der kann eine Menge Bleche brauchen.«
    »Ich werde meinen Vater bitten, daß er ein Blech für deinen Vater macht«, versicherte Rasmus freundlich und legte seine Hand in Eva-Lottes.
    »Ach, Eva-Lotte, laß doch bloß den Bengel sausen«, sagte Anders. »Die Roten können jeden Moment kommen.«
    »Immer ruhig«, beschwichtigte ihn Eva-Lotte. »Ich werde die erste sein, die ihnen auf den Kopf klopft.«
    Rasmus starrte Eva-Lotte voller Bewunderung

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