Kalle Blomquist
ich.«
Draußen preßte sich Kalle fest gegen die Wand. Er konnte Peters’ Stimme hören, als sei er selbst der Angesprochene, und ängstlich versuchte er, etwas auszuweichen. Dabei setzte er seinen Fuß auf einen Grasbüschel – und mit laut vernehmbarem Krach rutschte Meisterdetektiv Blomquist die steile Wand hinunter und knallte, bedeutend schneller als vorgesehen, Anders vor die Füße. Kalle stöhnte, und Anders beugte sich beunruhigt über ihn.
»Hast du dich gestoßen? Tut es weh?«
»Nein, keine Sorge, es ist ein herrliches Gefühl«, versicherte Kalle, noch einmal aufstöhnend. Es blieb ihm aber keine Zeit, an seine blauen Flecke zu denken. Oben vom Haus her war Peters’ Stimme zu hören. Er schrie:
»Nicke! Blom! Wo seid ihr! Durchsucht sofort mit euren Lampen das Gelände unten am Haus! Sofort! Rasch!«
»Du guter Moses«, flüsterte Anders.
»Genau das«, sagte Kalle. »Jetzt können wir uns ganz schön leid tun.«
Bevor sie überhaupt an Flucht denken konnten, begannen die Strahlen der Taschenlampen schon zwischen den Bäumen zu spielen. Jeden Moment konnten sie sich mitten im Lichtke-gel befinden. Es war unangenehm, auch nur daran zu denken!
Nicke und Blom kamen angerast. Kalle und Anders hörten, wie sie sich näherten. Sie wollten weglaufen, aber die Angst lähmte sie. Als Nicke kaum fünfzig Schritte von ihnen entfernt war, drückten sie sich endlich in eine Spalte zwischen zwei großen Steinen. Es war die engste kleine Schlucht, und sie klemmten sich in sie hinein, als wollten sie die Steine ausein-anderpressen. So fühlt man sich sicherlich als armes geplagtes Tier, wenn in der Nähe die Bluthunde keuchen, dachte Kalle verzweifelt.
Und dann waren die Bluthunde über ihnen. Das Scheinwerferlicht flatterte umher, zuckte hierhin und dorthin. Krampfhaft klammerte Kalle und Anders sich aneinander. Sie dachten plötzlich beide an ihre Mütter. Der Mond leuchtete boshaft zwischen die Bäume, gerade als reichten die Lampen noch nicht aus.
»Hierher, Nicke!« schrie Blom. Seine Stimme klang entsetzlich laut und nahe. »Wir wollen einmal zwischen die dichten Tannen dort sehen. Ist jemand hier, so ist er dort.«
»Er kann ja wohl nicht gleichzeitig hier und dort sein«, grunzte Nicke. »Außerdem glaube ich, daß der Chef phantasiert.«
»Das werden wir bald genau wissen«, sagte Blom grimmig.
»Mutter, Mutter, Mutter«, dachte Kalle, »jetzt kommen sie –jetzt ist es mit uns zu Ende – zu Ende für immer …«
Ganz, ganz dicht waren sie nun herangekommen, und für den Bruchteil einer Sekunde leuchtete Nickes Lichtstrahl in das Versteck der Jungen hinein.
Aber manchmal geschehen Wunder.
»Was denn, was denn? Was ist denn mit meiner Taschenlampe?« sagte Nicke. Dank und Preis und Dank und Lob –
Nickes Lampe war erloschen. Und um das Wunder noch vollkommener zu machen, verschwand gleichzeitig der Mond hinter einer großen Wolke. Blom kroch eifrig in allernächster Nähe zwischen dichten Tannen umher. Nicke folgte ihm. Er versuchte, seine Lampe klar zu bekommen.
»Ist jemand hier, so ist er dort«, brummelte er, Bloms Sprache nachahmend, vor sich hin. »Soso, nun geht sie wieder«, fuhr er zufrieden fort und ließ den Lichtstrahl zwischen den Tannen umherhuschen. Es war aber niemand zu finden, und Nicke gab Blom einen Puff in die Seite und sagte: »Na, was hab’
ich gesagt? Der Chef phantasiert. Mit seinen Nerven ist was nicht in Ordnung. Hier findet sich keine Schnauze.«
»Nee, hier ist alles leer«, bestätigte Blom mißlaunig.
»Aber wir gehen noch’n Stück weiter – zur Sicherheit.«
»Jaja«, dachte Kalle, »macht das mal – zur Sicherheit«.
Und wie auf Kommando flitzten er und Anders lautlos die paar Meter, die sie von den Bäumen trennten, und schlüpften unter den allerdichtesten. Die Erfahrung im Krieg der Rosen hatte sie gelehrt, daß es nirgends sicherer ist als in dem Versteck, das gerade untersucht worden ist.
Nicke und Blom kamen schnell zurück. Sie gingen so dicht an den Tannen vorbei, daß Kalle, wenn er die Hand ausgestreckt hätte, von ihnen gestreift worden wäre. Sie gingen auch an der kleinen Mulde zwischen den Steinen vorbei, und Blom leuchtete dort besonders sorgfältig. Aber dort war niemand mehr.
»Ist jemand hier, so ist er auf gar keinen Fall dort.« Nicke lachte und leuchtete noch einmal pedantisch genau die Mulde ab.
»Na, stell dir vor, er ist hier, weil er nicht dort ist«, flüsterte Kalle mit einem Seufzer der Erleichterung.
ACHTES
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