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Kalle Wirsch und die Wilde Utze

Kalle Wirsch und die Wilde Utze

Titel: Kalle Wirsch und die Wilde Utze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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ihm auftauchte.
    »Was hat Kalle Wirsch gesagt?« fragte er. »Weiß
er einen Ausweg?«
    Statt einer Antwort ließ sich Tutulla auf seine
Brust nieder und begann, die Schnüre mit ihren scharfen Zähnen zu bearbeiten.
Bald hatte Juke die Arme frei und konnte den Rest der Fesseln selbst
abstreifen.
    »Alles ist so einfach«, sagte er, »wenn man nur
die richtige Lösung findet.«
    Er reckte und streckte sich und holte ein
paarmal tief Luft. Dann ergriff er die Ruder und steuerte in die Bucht der
gelben Muscheln. Tutulla setzte sich auf die Bugspitze und lotste ihn.
     
    Kalle Wirsch hatte die ganze Zeit über am Strand
gestanden und das Meer mit den Augen abgesucht.
    Als Juke endlich anlangte und schuldbewußt aus
dem Boot stieg, legte ihm Kalle Wirsch begütigend die Hand auf die Schulter.
»Es ist schon recht, Juke. Für diese hinterlistigen Kerle bist du halt zu
gutgläubig. Es ist schwer, immer genau zu wissen, wann man mißtrauisch sein muß
und wann man vertrauen darf.«
    »Ich will es lernen«, sagte Juke. »So etwas muß
man lernen. Ich habe uns alle in Gefahr gebracht.«
    Kalle Wirsch betrachtete jetzt das Boot und
lobte Jukes Arbeit.
    »Fühlst du dich schon wieder kräftig genug, um
uns auf das Weiße Riff zu rudern?« fragte er.
    »Gewiß«, versicherte Juke, »kräftig und frisch.
Es kann gleich losgehn.«
    »Ich weiß genau, wo das Weiße Riff liegt«,
erklärte Tutulla. »Ich habe es schon aus der Luft gesehn.«
    »Wenn das so ist«, sagte Kalle Wirsch, »soll uns
nichts mehr aufhalten.«
    Er nahm im Boot Platz, und Juke stieß ab.
Tutulla segelte ein Stück voraus. Nur ab und zu mußte sie sich sind bestimmt
Robbenjäger. Nicht einmal hier ist man seines Lebens sicher.«
    Sie stützte sich auf die Flossenbeine und
watschelte ans Wasser. Aber Tutulla hatte sie erblickt und rief: »Bleib ruhig
hier. Die beiden sind dir nicht gefährlich. Der eine ist Kalle Wirsch, König
der Unterirdischen, der andere ist der Kohlen-Juke, besonders harmlos!«
    »Bestimmt keine Robbenjäger?«
    »Wenn das Robbenjäger sind, dann bist du ein
fliegender Wal«, sagte Tutulla.
    Die Robbe ließ sich beruhigen und schaute dem
Boot neugierig entgegen. Tutulla setzte sich neben sie. Sie warteten
schweigend. In der Stille aber vernahm Tutulla außer dem Plätschern der Wellen
noch etwas anderes: fremdartige Töne, erst ganz leise, dann stärker
anschwellend. Es war eine sirrende, schwirrende Melodie, von der die ganze Luft
erfüllt schien.
    Tutulla blickte sich um, konnte aber niemanden
entdecken. »Was sind denn das für seltsame Töne?« fragte sie.
    Die Robbe patschte sich mit der Flosse an den
glatten Bauch. »Weiß ich auch nicht. Hier auf dem Weißen Riff summt’s und sirrt’s
immer so. Ich komme gern her. Das ist angenehm und einschläfernd.« Sie ließ die
Lider müde über die Augen klappen und sagte vorwurfsvoll: »Es war gerade so
friedlich, und jetzt habt ihr mich aufgeschreckt.«
    »Ich bedauere das außerordentlich«, sagte
Tutulla. »Ist aber leider nicht zu ändern. Wir haben hier nämlich eine Aufgabe
zu erfüllen, etwas Bedeutendes sozusagen.«
    Der Kohlen-Juke hatte inzwischen angelegt und
kam mit Kalle Wirsch an Land.
    »Hallo, Kalle Wirsch«, rief Tutulla. »Hier ist
ein Einheimischer, der kennt die Gegend.«
    »Das ist ja ausgezeichnet«, sagte Kalle Wirsch.
    Juke machte viele tiefe Verbeugungen vor der
Robbe: »Hocherfreut, sehr angenehm.«
    Die Robbe lachte breit und sagte: »Ganz
meinerseits.« Dann gab sie ein heiseres Bellen von sich, bei dem ihr ein
durchdringender Duft von Fischtran entströmte. Tutullas Magen drehte sich um,
aber sie wollte nicht unhöflich sein und bezwang ihren Abscheu vor Fischgeruch.
    Die Robbe wandte sich an Kalle Wirsch und den
Kohlen-Juke. »Ihr stammt also aus der Erde«, sagte sie. »Aber erklärt mir doch:
Was führt euch auf diese Insel?«
    »Ich will die Uralte Meerfrau rufen«, antwortete
Kalle Wirsch. »Ich will versuchen, Gnade für den Fährmann von ihr zu erwirken.«
    Die großen runden Augen der Robbe wurden noch
größer. Sie starrte Kalle Wirsch an. »Wen? Hab ich richtig gehört? Die Uralte
Meerfrau willst du rufen?«
    »Was ist daran so erstaunlich?« fragte Kalle
Wirsch.
    »Ist sie vielleicht bösartig?« erkundigte sich
Tutulla.
    »Das meine ich nicht«, sagte die Robbe. »Nur...«
sie machte eine lange Pause.
    In die gespannte Stille hinein klangen wieder
die an- und abschwellenden Töne aus der Luft, aber darauf achtete jetzt keiner
von ihnen.
    »Was ist

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