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Kalle Wirsch und die Wilde Utze

Kalle Wirsch und die Wilde Utze

Titel: Kalle Wirsch und die Wilde Utze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilde Michels
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mit der Meerfrau?« drängte Kalle
Wirsch.
    »Sie ist nicht mehr in der Korallengrotte«,
sagte die Robbe langsam. »Kulax, der grausige Kulax, ist jetzt der Herr da
unten.«
    »Und wo sind die Meermenschen?«
    »Gefangengesetzt«, sagte die Robbe.
    Und dann erzählte sie die ganze traurige
Geschichte von Kulax und den Meermenschen. Von Kulax, den früher keiner
beachtet hatte, der zusammen mit Krebsen in Löchern gehaust hatte; denn zuerst
war er nicht viel größer gewesen als eine Qualle. Eines Tages aber entdeckte
er, daß elektrische Funken um ihn knisterten, wenn er zitterte. Und er
entdeckte außerdem, daß andere Lebewesen davon gelähmt wurden; die kleineren
konnte er sogar damit töten.
    Von da ab begann Kulax, sich zu mästen. Er
dehnte sich aus, bis er ein riesiger, glibberiger Koloß war. Gleichzeitig
füllte sich seine Wabbelmasse randvoll auf mit Elektrizität. Und dann beschloß
er, die Uralte Meerfrau zu verdrängen und sich selbst zum Herrn in der
Korallengrotte zu machen. »Er kam über die Meermenschen wie ein Gewitter«,
sagte die Robbe. »Keiner konnte entfliehen. Kulax hat sie alle mit seinen
elektrischen Schlägen gelähmt. Als sie sich nicht mehr rühren konnten, hat er
sie in das Verlies geworfen. — Da sitzen sie noch immer.«
    Als die Robbe ihren Bericht beendet hatte,
seufzte Juke tief auf. Tutulla fiepte leise und aufgeregt vor sich hin, und
Kalle Wirsch versank in Nachdenken.
    »Was ist das für ein Verlies?« fragte er.
    »Es liegt tiefer als der Meeresgrund und hat nur
einen einzigen Ausgang«, antwortete die Robbe.
    »Einen einzigen Ausgang?« wiederholte Kalle
Wirsch. »Weißt du, wo sich dieser Ausgang befindet?«
    »Im Boden der Korallengrotte«, sagte die Robbe.
»Kulax hat sich mit seinem gewaltigen Quallenbauch genau darübergelegt und
versperrt ihn. Solange Kulax lebt, gibt es keine Hoffnung, die Meermenschen zu
befreien.«
    Kalle Wirsch kniff die Augen zusammen und schaute
in die Wellen, die blasigen Schaum ans Ufer spülten. »Das klingt nicht gut«,
sagte er. »Solange Kulax auf dem Meeresgrund liegt, komme ich nicht an ihn
heran.«
    »Kannst du nicht tauchen wie ich?« fragte die
Robbe.
    »Keiner von uns Unterirdischen kann das«,
antwortete Kalle Wirsch.
    Juke wiegte bekümmert seinen freundlichen runden
Kopf: »Meinst du wirklich, es gibt keine Hoffnung für die Meermenschen?«
    »Wenn wir sie nicht befreien«, rief Tutulla,
»dann gibt es auch keine Erlösung für den Fährmann.«
    Kalle Wirsch sah ernst und entschlossen aus.
»Ich gebe nicht auf«, sagte er. »Selbst wenn ich lange hier warten muß.
Irgendwann wird Kulax doch einmal auftauchen aus dem Wasser. Dann soll ihn der
Strahl des Uransteins treffen.«
    »Da wartest du vergeblich«, sagte die Robbe.
»Kulax wird niemals auftauchen. Er kann nicht. Luft verträgt er nicht. Wenn
Luft an seinen wabbeligen Leib kommt, ist es aus mit ihm. Das weiß er. Deshalb
bleibt er am Meeresgrund. — Nein, Kalle Wirsch, wer nicht tauchen kann, wer
nicht gefeit ist gegen Stromschläge, der wird mit Kulax nicht fertig.«
    Kalle Wirsch, Tutulla und der Kohlen-Juke
schauten sich stumm an. Jeder erwartete vom andern einen rettenden Einfall,
aber keinem fiel etwas ein.
    Kalle Wirsch ging eine Weile in tiefen Gedanken
auf und ab, dann setzte er sich abseits auf einen Stein und blickte ins Meer.
Der Kohlen-Juke rupfte sich einen Halm vom Dünengras und blies darauf eine
traurige Melodie. Tutulla flatterte nervös über die Insel. Undwie meistens,
wenn sie bedrückt war, bekam sie Hunger. Ihr Magen knurrte, und sie konnte
nicht mehr klar denken.
    Sie hielt Ausschau nach ein paar Mücken, aber es
war keine einzige zu finden. Statt dessen hörte sie wieder dieses Summen und
Sirren in der Luft. Und mit einem Mal erblickte sie etwas ganz und gar
Absonderliches: Um sie herum schwebten durchsichtige, schillernde Gebilde. Die
tanzten mit dem Wind auf und ab, drehten sich um sich selbst und gaben dabei
zarte schwirrende Töne von sich.
    »Tss«, machte Tutulla. »Das ist eine komische
Gegend. Mücken gibt’s keine, dafür wehen singende Seifenblasen vom Himmel.«
    »Mit wem redest du denn, Tutulla?« fragte Kalle
Wirsch.
    »Im Augenblick mit mir selbst«, antwortete
Tutulla. »Ich gebe meinem Erstaunen Ausdruck. Ich habe nämlich gerade
durchsichtige Sänger entdeckt.«
    Kalle Wirsch und Juke begriffen nicht, was
Tutulla meinte. »Schaut doch mal über euch«, rief sie. »Sowas ist euch bestimmt
noch nicht begegnet.«
    Jetzt sahen auch Kalle

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