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Kalogridis, Jeanne - Die Seherin von Avignon

Kalogridis, Jeanne - Die Seherin von Avignon

Titel: Kalogridis, Jeanne - Die Seherin von Avignon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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klagte Michel, kniete sich zu Chretiens Füßen nieder und klammerte sich an die Röcke des Kardinals wie ein untröstliches Kind an die seiner Mutter. Außer sich vor Trauer war er vom Kloster zu Rigauds Palast gelaufen und hatte draußen vor dem Tor so lange gerufen, bis jemand kam, der ihn einließ. Jetzt, im Vorraum eines der prachtvoll verzierten Gästegemächer, wand Michel sich zu Füßen des verblüfften Kardinals auf dem Boden. »Lieber Vater, Ihr müsst mir helfen! Ich habe gesündigt, ich habe mich verhexen lassen, verlockt und verführt durch ihre Magie ...«
    Chretien, barfuss und ohne Kopfbedeckung, in ein spitzenbesetztes Leinenhemd gekleidet, das nur teilweise von einem roten Seidenumhang bedeckt wurde, streckte die Hand aus und zog den erregten jungen Mönch auf die Füße. »Michel, mein Sohn, was immer dir Sorge bereitet, wir werden es beheben. Komm nur, setz dich hin und beruhige dich.«
    Er führte Michel in sein Gemach, in dem bequem dreißig Mönche hätten unterkommen können und in dem es jeden nur denkbaren Luxus gab: Bienenwachskerzen in goldenen Leuchtern auf einem Nachttisch, ein Nachtgeschirr mit bemaltem Deckel, eine Porzellanschüssel und ein Silberkrug mit Wasser, weiche Felle, welche die bloßen Füße vor dem kalten Marmorboden schützten, ein schwerer Brokatvorhang am Bett, der neugierige Blicke abhielt und das Mondlicht, das störend vom überdachten Balkon hereinschien. An der Decke prangte das Gemälde einer lüstern blickenden Eva, deren Scham hinter den gespreizten Federn eines Pfaus verborgen war, während die runden Brüste nicht ganz von ihrem goldenen Haar bedeckt waren. Sie bot dem unsicheren Adam verführerisch den roten Apfel an.
    Chretien führte Michel zu zwei Polsterstühlen, drückte ihn auf einen der beiden und holte ihm einen Becher Wein.
    »Trink«, drängte er ihn, als er ihm den Becher reichte und sich Michel gegenüber auf den Stuhl setzte, neben dem ein kleiner, geschnitzter Tisch stand. »Dann rede.«
    Michel gehorchte und nahm einen tiefen Schluck. Sobald er wieder zu Atem gekommen war, sagte er: »Euer Eminenz, ich bitte um Vergebung. Ich habe mich von der Hexe Marie Francoise beeinflussen lassen. Sie hat mich beinahe davon überzeugt, dass ich schon immer ihr Gefährte war, dass Ihr mich mit einem Zauberbann belegt hättet, damit ich glaubte, ich sei Michel, Euer Sohn. Sie hatte mich überredet, ihr zur Flucht zu verhelfen, und mich glauben lassen, ich selbst besäße magische Kräfte.« Er versuchte, ein heiseres Aufschluchzen zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. »Gott, steh mir bei. Ich habe versucht, Vater Charles zu heilen, doch ich habe nur seinen Tod herbeigeführt.« »Armer Charles«, sagte Chretien düster. Er schien nicht im Geringsten überrascht oder beunruhigt. »Wir sollten froh für ihn sein, mein Sohn, und nicht trauern. Er ist jetzt bei Gott. Und er hat zu seinen Lebzeiten einem großen Ziel gedient.«
    »Aber es ist meine Schuld«, sagte Michel und legte die Hand über die Augen, um sein Schamgefühl und die Tränen zu verbergen. »Ihr müsst meine Beichte hören, Eminenz, und zwar jetzt.« Er beugte sich vor und stellte den Becher auf den Tisch. Dann kniete er nieder und bekreuzigte sich. »Vergebt mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Ich habe mich in die Äbtissin verliebt und habe mich durch ihre Geschichte über Magie und die Anbetung einer Göttin so verführen lassen, dass ich beinahe daran geglaubt und meinen christlichen Glauben verloren habe. Schlimmer noch, ich habe heute Nacht ihrer Magie gedient, ich habe Vater Charles die Hand aufgelegt, weil ich mich für fähig hielt, ihn zu heilen. Stattdessen hat sie mich dazu missbraucht, ihn zu töten.«
    Chretien hatte seine Hände wie zum Gebet zusammengelegt, die Spitzen der Zeigefinger an die Lippen gepresst, eine tiefe Furche zwischen seinen dünnen grauen Augenbrauen, und hörte mit bedächtiger Aufmerksamkeit zu, so wie immer, wenn er wichtige Angelegenheiten überdachte. Sobald Michel fertig war und den Kopf demütig geneigt hatte, sagte der Kardinal: »Nicht du hast Vater Charles umgebracht.«
    Michel hob den Kopf, um zu protestieren, um zu sagen: Ich weiß, dass sie es war, die seinen Tod verursacht hat, doch ich war es, der seine Hände auf ihn gelegt hat, der seinen Tod herbeigeführt hat.. .
    Allein, noch ehe er den raschen Gedanken auszusprechen vermochte, fuhr Kardinal Chretien in unverändert bedächtigem Ton fort: »Ich war es.«
    Michel verschlug es die

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