Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
bleich.«
    Unter dem Tisch griff mein Vater nach meiner Hand und drückte sie. Er verhielt sich gegenüber Francesco genauso reserviert wie damals gegenüber Pico, nachdem meine Mutter gestorben war. »Der Schnitt ist sehr schön«, sagte er. »Ich weiß, dass er Lisa auch gefällt. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass die Farben, die ihrer Mutter schmeichelten, Blau und Grün und Purpur sind, je lebhafter, umso besser. Und Saphire ...« Für einen kurzen Augenblick nur versagte ihm die Stimme, dann wurde sie wieder kräftiger. »Saphire waren die Lieblingsedelsteine ihrer Mutter, und bei Lisa ist es genauso. Sie stehen ihr. Und Diamanten.«
    »Danke«, sagte Francesco. »Danke, Ser Antonio. Dann soll Lisa Saphire und Diamanten haben. Und dazu passend tiefe Blautöne mit einem Hauch von Purpur.«
    »Du musst nicht tun, was sie will«, stichelte Ser Massimo und hätte noch mehr gesagt, doch sein Sohn brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Ich muss nicht, aber ich will«, sagte Francesco bestimmt.
    »Ich hatte mir nur eine bescheidene Braut erhofft, die einigermaßen aussehen sollte. Ich hatte allerdings nie zu hoffen gewagt, eine zu bekommen, die sowohl bescheiden als auch wunderschön ist. Eine so schöne Frau muss sich in ihrem Hochzeitskleid schön fühlen. Das ist das Mindeste, was ich ihr schulde.«
    Ich schaute vor mich auf den Tisch; vielleicht hielten andere diese Reaktion für sittsam.
    »Nett ausgedrückt«, meinte seine Schwester Caterina. Erst rückblickend höre ich den leichten Sarkasmus in ihrer Stimme.
    »Du hast so ein Glück, Lisa!«, rief Giovanna Maria aus und warf ihrem Mann Lauro einen vielsagenden Blick zu. »Das Glück, einen Mann zu haben, der dir so schmeichelt und so viel um deine Meinung gibt.«
    Die Zusammenkunft schleppte sich quälend dahin, doch schließlich war sie vorbei, und nur mein Vater und Francesco blieben noch am Tisch, auf dem der Kandelaber und unsere Kelche standen. Der geplante Zeitpunkt meiner Täuschung näherte sich mit Riesenschritten. Ich hob den
    Kelch an die Lippen, stellte ihn dann aber rasch ab, als ich merkte, wie meine Hand zitterte.
    Mein Vater und Francesco unterhielten sich leise über mich hinweg, wobei sie sich vorbeugten, damit ich nicht im Weg war. Francesco hatte seine Skizze vor sich ausgebreitet und zeigte auf den Rock des Kleides. »Kein allzu schwerer Stoff, denke ich jetzt«, sagte er. Man war übereingekommen, Samt für den Rock zu nehmen - doch im Nachhinein kam Francesco zu der Erkenntnis, dass die Wahl von diesem besonders kalten Dezemberabend beeinflusst worden war. »Im Juni kann es warm sein. Lisa, was meinst du?«
    Meine Stimme klang erstaunlich kühl in meinen Ohren. »Ich glaube«, sagte ich, »dass mein Vater müde ist und zu Bett gehen sollte.«
    »Lisa«, ermahnte mich mein Vater milde. »Ser Francesco spricht noch über das Kleid. Und er hat ein Recht darauf, seinen Wein zu genießen.«
    »Einverstanden. Er sollte seinen Wein auch weiterhin genießen, und du solltest dich zurückziehen.«
    Francesco wandte mir abrupt das Gesicht zu und hob eine Augenbraue.
    Mein Vater blinzelte und atmete kurz durch. Er betrachtete mich eingehend. »Ich ... bin müde«, sagte er schließlich. Die Feststellung war durchaus glaubwürdig. Er hatte die Arme auf dem Tisch verschränkt und stützte sich auf die Ellenbogen, als er unter einer unsichtbaren Bürde nach vorn sackte. Der Feuerschein fing das Goldblond seiner Haare ein, das inzwischen auch mit Silber durchsetzt war. Sein Blick hütete Geheimnisse; eins davon kannte ich.
    Er stand auf und legte Francesco eine Hand auf die Schulter. »Der Herr sei mit dir.« Er sprach die Worte wie eine Warnung aus. Dann beugte er sich herab und küsste traurig meine Wange.
    Ich umfasste den Stiel meines Weinkelchs und lauschte seinen Schritten, als er den Raum verließ, die große Diele durchquerte und die Treppe hinaufging.
    Das Geräusch war noch nicht verhallt, als Francesco das Wort ergriff. »Ich habe dir ein Geschenk mitgebracht.« Er fuhr mit der Hand unter den Stapel Stoff und zog ein kleines Quadrat aus rotem Satin hervor, mit einem Band zusammengehalten. »Möchtest du es sehen?«
    Ich nickte. Ich erwartete, dass er es mir reichen würde, damit ich es öffnen könnte, stattdessen aber zog er an dem Band und holte etwas Helles aus dem glänzenden Satin.
    Auch Francescos Augen leuchteten mit einer eigenartigen Intensität. Er hielt mein Geschenk an die brennenden Kerzen: ein

Weitere Kostenlose Bücher