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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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dich hin, habe ich gesagt!« Er hob eine Hand und drehte den Handrücken zu mir, als wollte er mich schlagen. Ich zuckte zusammen und wandte das Gesicht ab.
    Das gefiel ihm. Er wuchs in mir; dabei schloss er die Augen und flüsterte vor sich hin. »Hure. Unverschämtes Luder ...!«
    Ich dachte an nichts. Ich ließ meinen Kopf an das Holzbrett am Kopfende stoßen. Ich hörte, wie dieses gegen die Wand donnerte.
    Es waren lange, schmerzvolle Augenblicke; er hatte seine liebe Not, geilte sich aber mit schmutzigen Wörtern auf, bis er endlich am Ziel war.
    Sobald er fertig war, stieß er sich von mir ab, richtete rasch seine Kleidung und verließ wortlos das Zimmer, die Tür hinter sich schließend.
    Ich rief nach Zalumma. Eine gute Ehefrau wäre auf dem Bett liegengeblieben, um schwanger zu werden. Ich aber stand sofort auf, und als Zalumma kam, sagte ich mit bebender Stimme: »Ich will kein Kind von ihm. Verstehst du? Ich will nicht!«
    Zalumma verstand. Am nächsten Morgen brachte sie mir einen Krug Tee und unterwies mich, wie ich ihn anzuwenden hatte.

61
    Die Warnung meines Vaters erwies sich als prophetisch: Der Regen hörte nicht auf. Mitte des Monats trat der Arno über die Ufer und riss das Getreide mit sich. Anfang Juni führte der Rifredi Hochwasser und zerstörte alle Felder, die noch übrig waren.
    Zu der Zeit, als der Himmel im Sommer trocken wurde, litt die Stadt unter einer Fieberepidemie. Aus Sorge um Matteo ließ ich im Kinderzimmer keine Besucher zu und erlaubte ihm auch nicht, den Palazzo zu verlassen. Er fing gerade an, seine ersten, unbeholfenen Schritte zu tun; je öfter ich in sein Gesicht schaute, umso mehr sah ich seinen Vater darin.
    Ich ging nur selten aus dem Haus. Sobald das Fieber sich ausbreitete, verbot ich Zalumma, mit Agrippina auf den Markt zu gehen, und ich suchte die Santissima Annunziata nur unregelmäßig auf, auch deshalb, weil ich in jenen Wochen keine neuen Briefe in Francescos Schreibtisch fand.
    Da ich jedoch als gute Ehefrau dastehen und jeglichen Verdacht zerstreuen wollte, besuchte ich weiterhin Savo-narolas Samstagspredigten für Frauen. Seine Schmähreden gegen die Medici und deren Anhänger gingen weiter, verbunden mit einer neuen Besessenheit: Alexanders Zusammenleben mit seiner jungen Mätresse, Giulia Farnese, im Vatikan und seine Neigung, Prostituierte zu seinen Festen einzuladen.
    »Führer der Kirche!«, tobte er. »Jeden Abend sucht Ihr Eure Konkubine auf, jeden Morgen geht Ihr her und nehmt die heiligen Sakramente entgegen; Ihr habt den
    Zorn Gottes erregt. Ihr Metzen, ihr elenden Kuppler, ihr habt eure Kirchen in Freudenhäuser verwandelt!« Als die Kardinäle murrten, er solle nicht so über den Papst reden, verkündete er: »Ich bin es nicht, der Rom droht, sondern Gott! Soll die Stadt doch machen, was sie will, Rom wird diese Flamme niemals auslöschen!«
    Kurz darauf, nachdem mein Gemahl abends zu seinen Konkubinen unterwegs und die Dienerschaft zu Bett gegangen war, suchte ich Francescos Arbeitszimmer auf.
    Der im Schreibtisch verborgene Brief hatte einen klagenden Ton.
    Lasst ihn gegen die Medici wettern, habe ich gesagt. Aber ich habe ihn nicht aufgefordert, Alexander anzugreifen - weit gefehlt! Er macht meine sorgfältige Arbeit hier in Rom zunichte. Macht es allen Beteiligten deutlich: Wenn sie diese Dummheit nicht umgehend einstellen, werden sie dafür bezahlen müssen!
    Einstweilen: Der Hunger im Volk könnte zu Unruhen führen. Schürt sie. Lenkt ihre Aufmerksamkeit nicht auf ihre Bäuche, sondern auf den Himmel und Fra Girolamo.
    Still wiederholte ich die Worte für mich und brannte jedes einzelne in mein Gedächtnis ein, sodass ich sie beliebig wieder hervorholen konnte.
    Am nächsten Morgen ließ ich das Buch für Isabella sichtbar liegen. Am übernächsten Tag fuhr ich zur Santissima Annunziata, als die Glocke gerade zur Sext schlug.
    Salai versuchte nicht mehr, eine List anzuwenden. Die Diener Mariä waren beim Gebet und würden bald im Refektorium zu Mittag essen; unser Weg war frei. Wir gingen von der Kapelle in einen schmalen Korridor, dann eine steinerne Wendeltreppe hinauf. Oben gelangten wir zu einer leeren Holzwand; Salai trat in eine Ecke und gurrte leise wie eine Taube, woraufhin sich ein in der Wand verstecktes Fach öffnete. Wir traten ein.
    Ein junger Künstler in der langen, mit Farbflecken übersäten Tunika seines Handwerks schloss das Fach hinter uns. Wir gingen über einen Korridor, der in drei Räume führte: in eine

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