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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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schaute der junge Mann in die Sakristei. »Aha! Das ist also die Frau, die von den vielen Dämonen besessen ist!«
    Fra Girolamo schaute ihn warnend an. »Wir werden Gott über ihre Beschwerden urteilen lassen.« Er warf Fra Domenico einen eindeutigen Blick zu, der dem Priester Wohlwollen entgegengebracht hatte; der hoch aufgeschossene Mönch trat zögernd einen Schritt zur Tür.
    Behende schlängelte sich der Priester an dem größeren Mönch vorbei und trat in den Raum, noch ehe man ihn daran hindern konnte. »Aber Fra Girolamo, Ihr habt es doch selbst gesagt: Der Leibhaftige hat versucht, die Menschen davon abzuhalten, die Botschaft anzuhören, die Gott Euch gesandt hat. Niemand hätte jemals solche Worte ausgestoßen wie sie, wenn der Teufel selbst sie nicht verfasst hätte.« Seine blassen Augen strahlten vor beängstigender
    Überzeugung. »Dasselbe hat sie auch schon im Duomo getan - Worte herausgeschrien, die der Teufel ihr eingegeben hat.«
    Fra Domenico hörte fasziniert zu; selbst der freundliche Fra Marciano trat aus unserer Gruppe vor, um dem charismatischen jungen Priester zu lauschen.
    »Es stimmt, Babbo«, sagte Domenico zu seinem Herrn. »Eure Anwesenheit provoziert das Böse. Wie wütend müsst Ihr die Teufel machen! Wie ängstlich! Hier bietet sich eine Möglichkeit, die wahre Macht des Herrn zu zeigen.«
    Savonarola fühlte sich unwohl mit der Richtung, die das Gespräch nahm, war aber nicht imstande, sie zu ignorieren. Er ging an Domenico und dem Priester vorbei, bis er an der Seite meiner Mutter stand, meinem Vater und Pico direkt gegenüber.
    »Stimmt das?«, fragte Fra Girolamo meinen Vater ruhig. »Hat sie im Duomo seltsame Worte geäußert, bevor sie einen Anfall bekam?«
    Schweigend und vorsichtig schaute mein Vater mich und Zalumma an. Sie war frech, herausfordernd, hatte die Haube inzwischen abgelegt, und ihre wilde, blauschwarze Mähne war einschüchternd wie Medusas Schlangenhaupt.
    »Nein«, log sie. »Sie leidet seit einer Kopfverletzung unter den Anfällen, aber das hat nichts mit dem Teufel zu tun.«
    Savonarola trat an den Kopf meiner Mutter und legte ihr leicht die Hände auf die Schultern; seine Schüchternheit verschwand, und er sagte mit Zuversicht: »Lasst uns still beten.«
    Wir gehorchten und neigten unsere Häupter; ich wagte es, unter meinen halb geschlossenen Augenlidern hervorzublinzeln. Der Priester und Domenico traten näher, Letzterer schloss die große Messingtür hinter sich. Beide eilten an Fra Girolamos Seite. Sie drängten sich zur Rechten meiner Mutter, um dem Objekt ihrer Bewunderung so nah wie möglich zu sein, was zur Folge hatte, dass Zalumma und ich weggedrängt wurden und schließlich zu Füßen meiner Mutter standen.
    Mein Vater senkte den Kopf, doch seine geröteten Augen waren offen, sein Blick wachsam und grimmig. Er stand zur Linken meiner Mutter, Pico neben ihm.
    Nach einer langen Pause zogen sich Savonarolas Augenbrauen zusammen. »Gott hat zu mir gesprochen. Unge-sühnte Sünde hat zur Krankheit dieser Frau geführt - eine Sünde, die zu lange geheim gehalten und vergraben war; sie hat ihre Seele vergiftet. Ich werde zu Gott beten, ihr das Herz zu öffnen und ihr die Last zu nehmen, damit sie frei von jeglichem Einfluss durch das Böse ist.« Er hob den Kopf und fragte meinen Vater mit tieferer Stimme: »Wisst Ihr, Herr, von einer schweren Sünde, die sie vielleicht nicht hat beichten wollen?«
    Mein Vater schaute ehrlich überrascht zu ihm auf; plötzlich wurde er von Gefühlen übermannt, sodass er nicht sprechen und nur einen verärgerten Seufzer ausstoßen konnte.
    Pico wandte sich ihm zu. »Antonio, mein Freund, du musst Fra Girolamo vertrauen. Gott hat uns alle zu einem besonderen Zweck hergeführt. Das alles ist nur zum Besten für Madonna Lucrezia.«
    »Fehlt es jemandem am Glauben? Möchte jemand den Raum verlassen?« Fra Girolamo schaute uns der Reihe nach an.
    »Ich werde mit Euch beten!«, sagte der Priester aufgeregt.
    Savonarola brachte ihn mit strengem Blick zum Schweigen. »Wer will, kann ihr mit mir die Hände auflegen und meinem Gebet still folgen.«
    »Betet nur, dass ihr kein Leid geschieht«, drängte mein Vater. »Betet nur, dass Gott sie heilt!«
    Savonarola antwortete mit einem starren Blick, der meinen Vater sogleich verstummen ließ. Der Priester und Fra Domenico legten rasch ihre Hände auf die Oberarme und die Taille meiner Mutter; mein Vater legte eine Hand auf ihren rechten Arm, Pico ebenfalls. Zalumma und mir blieb

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