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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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nichts anderes übrig, als unsere Hände auf die Fußgelenke meiner Mutter zu legen.
    Der kleine Mönch hob die Hände, presste sie noch fester auf die Schultern meiner Mutter und kniff die Augen zu. »O Herr!«, rief er mit der Donnerstimme aus, die er zum Predigen benutzt hatte. »Vor Dir siehst Du eine Frau, eine elende Sünderin ...«
    Meine Mutter regte sich unter seinen Händen. Ihre Augenlider flatterten. Heiser flüsterte sie: »Antonio?«
    Er nahm ihre Hand und sprach leise. »Lucrezia, ich bin hier. Alles wird gut. Fra Girolamo betet für deine Heilung. Ruh dich aus und habe Vertrauen.«
    Während ihres freundlichen Wortwechsels setzte der Mönch sein Gebet fort. »Hier liegt etwas Dunkles begraben, eine Öffnung für Satan. Herr! Dadurch wurde ihr der Körper gestohlen, entwendet .«
    Angstvoll riss meine Mutter die Augen weit auf. Trotz ihrer Schläfrigkeit spürte sie, wie Savonarolas Griff auf ihren Schultern fester wurde; sie bewegte sich schwach, als wollte sie alle Hände abschütteln, die sie niederdrückten. »Antonio! Was sagt er da? Was ist passiert?«
    In diesem Augenblick schrie der Priester, der vor rechtschaffener Inbrunst zitterte: »Sie ist von Teufeln besessen, o Herr!«
    »Ja!«, brummte Domenico mit tiefer Stimme. »Teufel, Herr!«
    »Hört auf«, flüsterte meine Mutter.
    Zalumma schaltete sich ein. Ihre raschen, scharfen Worte waren vor allem an den Priester, aber auch an Savonarola gerichtet. Sie drückte sich gegen Domenicos hohen, breiten Rücken und versuchte, nach ihrer Herrin zu greifen. »Hört auf! Ihr jagt ihr Angst ein! Sie muss ruhig bleiben!«
    »Alles wird gut, Lucrezia«, sagte mein Vater. »Alles wird gut .«
    Savonarola schenkte niemandem Beachtung; seine ernste Unterhaltung lief zwischen ihm und Gott. »O Herr! Niemand außer DIR kann sie retten. Ich bin es nicht wert, Dich selbst von Angesicht zu Angesicht zu sehen, doch ich bitte in aller Bescheidenheit: Erlöse sie von ihren Sünden. Heile sie .«
    Der pockennarbige Priester, verloren im eigenen Wahn, führte das Gebet fort, als wäre es sein eigenes. »Befreie sie aus Satans Griff! Hör mich an, Teufel! Nicht ich bin es, sondern Gott, der dir befiehlt - verlasse diese Frau! Im Namen Jesu Christi, verlasse ihren Körper und lass sie frei!«
    Fra Domenico, durch die Worte des Priesters zu rechtschaffenem Eifer angeregt, beugte sich vor und packte beide Arme meiner Mutter mit ungebührlicher Kraft. Spuckend schrie er ihr direkt ins Gesicht: »Geh, Teufel, im Namen Jesu Christi!«
    »Hilf mir«, rief meine Mutter schwach. »Antonio, im Namen Gottes .«
    Gleichzeitig ergriff mein Vater die dicken Handgelenke Fra Domenicos und brüllte: »Nimm deine Hände weg! Lass sie los!«
    Savonarolas Stimme erhob sich, ein Vorwurf an den Priester, an Domenico, an meinen Vater. »Wir bitten darum, dass sie geheilt, dass ihr die Sünde vergeben werde. Erst dann, Herr, wird das Böse seinen Griff lockern .«
    »Hört auf damit!«, befahl Zalumma angesichts des
    Stimmengewirrs. »Seht ihr denn nicht, was ihr mit ihr anstellt?«
    Der Körper meiner Mutter versteifte sich. Der Kiefer begann zu mahlen, ihre Gliedmaßen schlugen gegen den Holztisch. Ihr Kopf warf sich von einer Seite zur anderen, Blut aus der verletzten Zunge spritzte auf die Männer.
    Zalumma und ich versuchten, unsere Notfallpositionen einzunehmen, doch die Mönche und Priester ließen mich nicht in die Nähe des Kopfes meiner Mutter. Gemeinsam mit Zalumma legte ich mich quer über die Beine meiner Mutter, doch Fra Domenico schob uns mit einer weit ausholenden Armbewegung beiseite, ohne uns anzusehen. Mein Vater beugte sich über meine Mutter und legte ihr einen Arm unter die Schulter.
    »Siehst du, Babbo, der Teufel zeigt sich!«, krähte Domenico triumphierend und lachte. »Fort mit dir! Du hast hier keine Macht!«
    »Lasst uns zu Gott beten«, donnerte Fra Girolamo. »O Herr, wir bitten DICH, erlöse diese Frau von Sünde, vom Einfluss des Bösen; wir bitten um ihre Heilung. Sollte es ein Hindernis geben, offenbare es uns jetzt, o Herr!«
    »Hinfort mit dir, Satan«, entgegnete der Priester, ebenso stimmgewaltig und inbrünstig. »Geh, im Namen des Vaters!«
    Fra Domenicos ansonsten glanzlose Erscheinung erstrahlte vor geradezu unheimlicher, ja furchteinflößender innerer Überzeugungskraft. Er verfing sich in den Gebeten von Prior und Priester. Er sprach die Worte seines Herrn nach und schrie: »Offenbare es jetzt, o Herr! Geh, Satan, im Namen des Sohnes!«
    Bei

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