Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis
Kosten: Es soll dir möglichst gut stehen.«
Zalumma neben mir - die meinen Vater nach dem Tod meiner Mutter auch möglichst ignoriert hatte - schaute von ihrer Stickarbeit auf und musterte ihn mit durchdringendem Blick.
»Warum?« Ich konnte mir nicht vorstellen, was ihn dazu gebracht hatte außer dem plötzlichen Wunsch, meine
Zuneigung zurückzugewinnen. Ein solches Verhalten widersprach jedoch gänzlich den Lehren Savonarolas: Der Mönch runzelte die Stirn bei jedweder Zurschaustellung von Reichtum, etwa durch elegante Kleider.
Er seufzte. Die Frage irritierte ihn; grummelnd antwortete er: »Du sollst im Hause Lorenzo de' Medicis eine Funktion übernehmen.«
Il Magnifico - das eigentliche Objekt der Predigten Savonarolas gegen Wohlstand und Überfluss. Ich war einen Moment lang zu verblüfft, um zu antworten.
Er drehte sich um und eilte rasch die Treppe hinunter, und meine Rufe konnten ihn nicht wieder zurückbringen.
Zalumma und ich gingen an jenem Abend hinunter, doch um das Geschenk meines Vaters besser sehen zu können, kehrten wir morgens noch einmal zurück, damit wir Licht hatten.
Im Salon lagen Unmengen der atemberaubendsten Stoffe von ganz Florenz sauber gefaltet und zu einer verblüffenden Ausstellung arrangiert, womit mein Vater in höchst erstaunlicher Weise Widerstand gegen die Luxusgesetze geleistet hatte. Es waren nicht die tristen, düsteren Farben, die zu dem Kind eines von Savonarolas piagnoni gepasst hätten. Es gab Pfauenblau, Türkis, Blauviolett und helles Safran, lebhafte Grüntöne und Rosa, daneben noch zarte Tönungen, bekannt unter den Namen »Pfirsichblüten«, »Apollos Haar« und »rosa Saphir«. Für die camicia waren feine weiße Seiden vorgesehen, leicht wie Luft, die einen mit Silberfäden, die anderen mit Goldgarn bestickt; daneben stand ein Teller mit Staubperlen, die das fertiggestellte Kleidungsstück abrunden sollten. Es gab glänzenden Damast, üppigen Brokat, Pannesamt, Doppelsamte und dünnere Seidensamte, mit Gold und Silber durchwirkt. Mein Blick wurde angezogen vom cangiante, changierender Seide mit steifem Taftgewebe. Wenn man sie ans Licht hielt, spiegelte sie zunächst ein tiefes Scharlachrot wider; wurde der Stoff jedoch langsam bewegt, wechselte die Farbe ins Smaragdgrüne.
Zalumma und ich waren wie zwei Kinder, denen man einen Teller Süßigkeiten vorgesetzt hat: Wir schwelgten, rollten die Stoffe ab, hielten manche aneinander, um uns das fertige Kleidungsstück besser vorzustellen. Ich drapierte sie mir über die Schulter, über den ganzen Körper und schaute in den Handspiegel meiner Mutter, um zu sehen, welche Farbe mir am besten stand; Zalumma tat stets offen ihre Meinung kund. Zum ersten Mal seit Wochen lachten wir leise.
Dann schoss mir ein Gedanke durch den Kopf, der meine Laune auf Anhieb verschlechterte. Ich hatte mir nicht vorstellen können, warum mein frommer Vater mir erlauben sollte, an einem Fest im Palazzo Medici teilzunehmen. Erstens war es noch zu früh nach dem Tod meiner Mutter, als dass ich öffentlich in Festkleidung auftreten könnte; und zweitens war er inzwischen aufgrund seiner Hingabe an Savonarola ein Feind der Medici (geschäftliche Angelegenheiten hatten natürlich nichts mit dem Seelenheil zu tun, weshalb er seine Waren auch weiterhin an sie verkaufte). Es gab nur eine Erklärung für seinen Wunsch, seine Tochter in prächtiger Aufmachung zu il Magnifico zu schicken: Lorenzo war der inoffizielle Heiratsvermittler des Geldadels von Florenz. Kein Kind der Oberschicht wagte ohne seine Einwilligung zu heiraten, und die meisten Familien zogen es vor, dass Lorenzo die künftigen Eheleute aussuchte. Ich sollte in Augenschein genommen werden, beurteilt wie ein Kalb vor dem Schlachten. Doch fast jede Braut hatte fünfzehn Lenze gesehen.
Meine Gegenwart im Haushalt war ein stiller Vorwurf an meinen Vater, eine beständige Mahnung, dass er das Leben meiner Mutter ruiniert hatte. »Ich bin noch keine dreizehn«, sagte ich und knüllte den bezaubernden can-giante achtlos auf meinem Schoß zusammen. »Trotzdem kann er es nicht erwarten, mich loszuwerden.«
Zalumma legte einen dicken Ballen Pannesamt ab und glättete ihn mit der Hand. Dann schaute sie mich durchdringend an. »Du bist zu jung«, sagte sie. »Doch Ser Lorenzo war sehr krank. Vielleicht will dein Vater einfach seinen Rat einholen, solange er noch unter uns weilt.«
»Warum sollte mein Vater ihn überhaupt konsultieren wollen, wenn er nicht eine Möglichkeit sehen würde,
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