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Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Titel: Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fuhljahn
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Erklärungen, Faktoren, Belege, Studien, das schon. Aber die eine, ganz genaue Antwort auf diese Frage haben wir nicht.«
    Von dem, was er sagte, war ich überrascht. In den Büchern, die ich gelesen hatte, klang das alles viel konkreter. Deshalb hakte ich nach: »Sie sind also sicher, dass es Unterschiede bei den Geschlechtern gibt, können aber nicht genau sagen, welche?«
    Nun bekam ich eine differenzierte Antwort: »Doch, nur existiert eben nicht das einzige, alleinige Merkmal, das für alle depressiven Frauen gilt. So einfach lässt sich die Krankheit nicht entschlüsseln.«
    Ich überlegte laut weiter: »Wenn man den genauen Grund aber nicht kennt, warum sollten sich Patientinnen, Ärzte und Therapeuten dann überhaupt mit dem ›kleinen Unterschied‹ beschäftigen?«
    Professor Böker sagte: »Depressionen sind Krankheiten mit einem sehr individuellen Verlauf, bei vielen können sie chronisch werden. Dem gilt es vorzubeugen beziehungsweise eine bereits bestehende Depression richtig zu behandeln. Und da gehört die Beachtung des Geschlechterunterschieds dazu.«
    Frauen sind vor allem, wie ich nun erfahre, anfällig für eine Depression zwischen ihren Jugend- und den Wechseljahren. In diesem Zeitraum erleben sie vielfältige Belastungen, welche die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, erhöhen können. Das beginnt mit Gewalt oder sexuellem Missbrauch in der Kindheit, schließt Schwangerschaften ein, Mehrfachbelastungen durch Kinder und Beruf und endet bei den Wechseljahren. Auch ist in dieser Zeit die Möglichkeit am größten, sexueller (ehelicher) Gewalt und anderer häuslicher Enttäuschung ausgesetzt zu sein sowie eine finanzielle Benachteiligung zu erleben.
    Frauen und Depressionen – der kleine Unterschied
    Liest man die verschiedensten Publikationen, die sich mit dem Thema »Frauen und Depressionen« beschäftigen, lassen sich folgende Erkenntnisse zusammentragen:
    â€¢ Frauen werden doppelt so häufig klinisch bedeutsam depressiv wie Männer – diese werden dagegen überproportional häufig kriminell.
    â€¢ Vor der Pubertät und nach den Wechseljahren sind die Geschlechterunterschiede in Bezug auf Depressionen geringer oder gar nicht vorhanden.
    â€¢ Bei Frauen verläuft eine Depression häufig länger als bei Männern.
    â€¢ Mehr Frauen als Männer sind chronisch depressiv.
    â€¢ Frauen nehmen doppelt so häufig Medikamente ein.
    â€¢ Frauen neigen doppelt so häufig zur Selbstmedikation, zu einer Eigenbehandlung mit Arzneimitteln.
    â€¢ Suizidversuche sind häufiger bei Frauen als bei Männern, aber dreimal mehr Männer als Frauen bringen sich tatsächlich um.
    â€¢ Frauen leiden häufiger an Essstörungen.
    â€¢ Frauen leiden vermehrt an Angsterkrankungen.
    â€¢ Männer sind deutlich häufiger alkohol- und drogenabhängig als Frauen und maskieren damit eine Depression.
    â€¢ Männer leiden häufiger unter einer dissozialen, einer narzisstischen oder einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung, Frauen an einer Borderline-Störung (siehe Seite 274ff.).
    â€¢ Frauen erzählen mehr von psychischen Problemen, sie nehmen sie besser wahr und nehmen häufiger therapeutische Hilfe in Anspruch.
    â€¢ Bei identischen Symptomen diagnostizieren Ärzte bei Frauen schneller eine Depression als bei Männern.
    â€¢ Frauen gehen bei Befindlichkeitsstörungen häufiger zum Arzt.
    â€¢ Bei Männern können Rückenschmerzen ein Hinweis auf Depressionen sein. Wegen anhaltender Traurigkeit gehen sie nicht zum Arzt, wohl aber wegen anhaltender Rückenschmerzen.
    â€¢ Frauen übernehmen in der Depression eher eine passive Rolle, Männer zeigen ihre Depression eher aggressiv.
    Was die wichtigsten Ursachen für die Krankheit Depression betrifft, sind auch bei den Frauen zuerst die psychologischen und sozialen Faktoren zu nennen, danach folgen die eigene Persönlichkeit und biologische Faktoren. Sie alle stehen in Wechselwirkung miteinander:
    Psychologische Einflüsse
    Eine Scheidung oder ein Todesfall sind typische Auslöser für eine Depression bei Frauen – insgesamt trifft dies auf 75 Prozent der als depressiv diagnostizierten Patienten zu, so Professor Böker. Bei beiden Ereignissen, das ist auffällig, entwickelt sich überzufällig häufig nach vier Wochen eine erste Depression. Bleibt das

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