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Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft

Titel: Kalt erwischt - wie ich mit Depressionen lebe und was mir hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fuhljahn
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sieht. Das erscheint mir logisch und unmöglich zugleich, ist es ja eine zeitlich begrenzte und professionelle Beziehung, die zwischen einem Therapeuten und seinem Patienten besteht. Dennoch erhält sie nach einigen Jahren einen derart hohen Stellenwert, dass ein Ende der Therapie kaum denkbar ist. Für mich ist es sehr schwer nachvollziehbar, dass man eine derart enge Beziehung zu einem Therapeuten entwickeln kann. Vor allem macht es mir Schwierigkeiten, dass ein ständiges Thema in der Therapie wohl die Therapie selbst ist. Ist die Frequenz tatsächlich ausreichend? Ist es in Ordnung, in jeder Sprechstunde anzurufen? Ist es für Heide zumutbar, vier Wochen Pause zwischen den Terminen bei ihrem Therapeuten zu haben? Wie und wann gestalten wir den Abschied beziehungsweise das Ende der Therapie? Ab und zu habe ich meine Zweifel, ob das wirklich weiterhilft, schlussendlich bin ich aber ein Laie und kann das »Arbeitsverhältnis« nicht wirklich beurteilen.
    Es ist schwer, Fortschritte zu erkennen, aber ich sehe schon, dass Heide sich zwar selbst immer noch sehr schlecht fühlt, dass es aber bei ihr eine Besserung gibt. So zum Beispiel interpretiere ich ihren plötzlich aufgetretenen Hass auf ihren Lieblingstherapeuten durchaus als pubertierendes Verhalten. Das wäre ein großer Entwicklungsschritt in ihrer Eltern-Kind-Beziehung!
    Klinik
    Als Heide das erste Mal aufgrund ihrer Depression im Krankenhaus war, empfand ich das als sehr irreal. Die Vorstellung von einer Psychiatrie war irgendwie unheimlich, doch sie dort zu sehen war kaum anders, als wenn man jemanden in der Klinik besucht, der eine OP hatte.
    Für mich ist diese Klinik nach vielen noch folgenden Aufenthalten zur Normalität geworden. Ich bin etwas unschlüssig, ob das gut oder schlecht ist. Einerseits finde ich es gut, dass die Psychiatrie für mich an Schrecken verloren hat. Viele der Patienten sind nicht wirr, sondern so wie Heide. Und mittlerweile habe ich begriffen, dass Depressionen sehr verbreitet sind und es völlig normale Menschen trifft, denen man die Krankheit höchst selten anmerkt.
    Andererseits finde ich es etwas bedenklich, dass es für mich inzwischen schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, dass Heide alle paar Monate dorthin muss. Ich muss mir dann jedes Mal klarmachen, dass die Situation für sie unerträglich geworden ist, sodass sie sich ihr Leben nicht mehr allein zutraut, es allein nicht mehr zu Hause aushalten kann.
    Grundsätzlich ist diese Klinik für mich aber positiv besetzt. Wenn Heide dort ist, weiß ich zwar, dass sie heftige Auseinandersetzungen durchstehen muss und sich permanent Gedanken macht, weil sie nicht arbeiten kann, aber ich denke, dass sie dort gut aufgehoben ist. Ich mache mir dann weniger Sorgen.
    Selbstbild und Fremdbild
    Nach allem, was ich von Heide über ihr Selbstbild gelernt und natürlich auch von ihr erklärt bekommen habe, also wie stark die Diskrepanz zwischen ihrem Selbst- und dem Fremdbild in ihrer Therapie ist, kann ich es trotzdem immer noch nicht fassen, dass ihre Wahrnehmung so ist, wie sie ist. Neben einer sicherlich tieftraurigen und verletzten Seele sehe ich so viele tolle Eigenschaften, die sie für ihre Umwelt wertvoll machen, dass ich es manchmal fast nicht glauben kann, wie unsichtbar und unbedeutend sie sich fühlt. Was mich am meisten beschäftigt, ist ihre unnachahmliche Art und Weise, Freundschaften zu pflegen und Interesse für das Leben ihrer Freunde offen zu zeigen. Sie selbst ist der Ansicht, dass sie ihren Freunden vor allem eine Belastung ist und dass sie am liebsten permanent kleine Geschenke mitbringen würde, um bloß nicht in irgendjemandes Schuld zu stehen. Sie kann sich sonst gar nicht vorstellen, dass man sie einfach gern mag.
    Sorgen und Hoffnung
    Latent mache ich mir immer Sorgen um Heide. Gerade wenn ich selbst im Stress bin und ein paar Tage lang mal alles außerhalb meines engsten Alltags ausblende, muss ich an sie denken: Hoffentlich geht es ihr nicht gerade jetzt schlecht, wo ich so wenig Zeit habe.
    Am schlimmsten ist es, wenn ich sie telefonisch nicht erreichen kann. Zwar ist es in der Vergangenheit so gewesen, dass sie häufig Bescheid gesagt hat, wenn sie »mal wieder kurz vor der Klinik« war, aber ich habe doch immer ein bisschen Angst, dass sie vielleicht irgendwann einmal Ernst mit ihren Suizidgedanken macht und ein völlig anderes Verhaltensmuster einschlägt, damit

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