Kalt, kaltes Herz
betrachtete sie mich. Sie trug einen blauen OP-Anzug, der ihre Augen noch strahlender wirken ließ. Ihr Haar war feucht.
»Was willst du hier?« fragte sie.
»Himmelherrgott!« Ich rieb mir die Schulter.
»Was willst du hier?«
»Ich habe dich gesucht. Sonst noch was?«
»Warum?«
»Ich habe dich gestern Nacht vermißt.«
»Wirklich?« Sie setzte sich aufs Sofa. »Warum?«
Ich holte tief Luft und richtete mich auf. »Ach, ich weiß nicht, Kathy. Wenn man nächtelang mit einem Menschen im gleichen Bett schläft, gewöhnt man sich eben an ihn.«
Sie zuckte die Achseln. »Rangiere ich auf der Liste deiner Gewohnheiten vor oder nach dem Kokain?« Ihr Blick fiel auf mein Handgelenk. »Was ist denn mit dir passiert?«
Ich betrachtete den Verband. Blut war durchgesickert. »Nichts. Ich habe mit dem Mann gesprochen, der ... Es ist im Gefängnis geschehen.«
»Mit dem Mann, der Sarah getötet hat«, sagte sie tonlos. »Du kannst es ruhig aussprechen. Ich breche schon nicht in Tränen aus. Hoffentlich kommt er auf den elektrischen Stuhl. Ich würde am liebsten selbst den Knopf drücken.«
»Es ist nicht verboten, in Tränen auszubrechen«, erwiderte ich. »Oder wütend zu werden.«
»Das weißt du selbst wohl am besten. Laß mich dein Handgelenk anschauen.«
»Ist schon erledigt. Nels hat mich zusammengeflickt.«
Sie machte ein besorgtes Gesicht. »Gestern nacht?«
Ich lächelte. »Nein, Nels hat Frühdienst. Ich war eben bei ihm. Aber du hast recht. Gestern nacht hatte er auch Dienst. Er hat Buck Berenson vertreten. Ich glaube, es ist ihm peinlich, daß er euch gestört hat.«
»Uns?«
»Dich und Trevor.«
Sie stand auf. »Soll ich dir was sagen? Ich kann es nicht leiden, verhört oder in die Ecke gedrängt zu werden. Vor allem nicht von einem vertrauenswürdigen Menschen wie dir.«
»Hast du mit ihm geschlafen?«
»Ob ich was ... ?« Tränen traten ihr in die Augen. »Wie kannst du in ich so etwas fragen?«
»Hast du?«
Sie sah aus wie ein kleines, unverstandenes Mädchen.
»Nein.«
»Soll ich allen Ernstes glauben, daß du ihm nur einen freundschaftlichen Besuch abgestattet hast?«
»Glaub doch, was du willst.«
»Du bist nicht nach Hause gekommen.«
»Ich habe kein Zuhause.«
»Wo hast du übernachtet?«
»Bei deiner Mutter.« Sie wischte sich eine Träne weg.
»Sie hat mir gezeigt, wo du den Tisch zerkratzt hast.«
»Ihr beide werdet noch richtige Busenfreundinnen.«
Ich stand auf, ging auf sie zu, packte sie am OP-Hemd und zog sie an mich. Dann fing ich an, ihren Hals zu küssen. »Laß mich los!« verlangte sie.
Ich umarmte sie immer fester, löste das Taillenband ihrer OP-Hose und ließ meine Hand an ihrem Bein hinuntergleiten. Zuerst versuchte sie mich wegzuschubsen, aber als ich sie weiter streichelte, hörte ihr Widerstand auf. Es hatte sie schon immer angemacht, mit mir zu raufen. Ich spürte, wie sie feucht wurde, und schob erst einen, dann zwei Finger in sie hinein. Sie preßte sich an mich. Ihr Atem wurde schneller, und ihr Becken stieß gegen mich. Doch als ich gerade spürte, wie sie sich um meine Finger zusammenzog, erstarrte sie plötzlich. Sie grub die Nägel in meinen Arm. »Nicht«, sagte sie.
Ich versuchte mit den Fingern in ihr zu bleiben.
Sie trat einen Schritt zurück und zerrte meine Hand aus ihrer Hose.
Sie sah verwirrt, hilflos, wütend und unbeschreiblich schön aus. Ich strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Ich will mit dir zusammen sein, Frank. Das weißt du ganz genau. Aber ich komme erst zurück, wenn du dir helfen läßt. Ich möchte nicht mit einem Mann leben, der jeden Moment umkippen könnte.«
»Das kann jedem von uns passieren.«
»Dann probier es doch mal aus.« Sie stopfte das Hemd in die Hose und ging zur Tür. »Meine Patienten warten. Ruf mich an, wenn du von diesem Zeug los bist. Wenn du etwas achtsamer mit dir selbst umgehst, könnte ich vielleicht wieder etwas für dich empfinden.«
»Wo willst du hin?«
»An einen Ort, wo ich in Sicherheit bin.«
Ich verlies' Krankenhaus und fuhr in Richtung Boston, da ich hoffte, von der Veteranenklinik in der Huntington Avenue mehr über Westmoreland zu erfahren. Auf halbem Wege stach mir plötzlich das zweistöckige, neonrosane Gebäude der Wonderland-Hunderennbahn ins Auge.
Ich wußte, daß es ein Fehler war anzuhalten. Wenn ich beim Wetten Glück hatte, würde ich mich wieder in einen Rausch hineinsteigern – obwohl ich nüchtern bleiben mußte und keine Zeit verschwenden durfte. Allerdings gehen
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