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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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es an der Zeit, diesen Trumpf zu ziehen.
    100
    Bremen.
    »Die Stunde ist um«, sagte Vollmer, »wo bleibt dein Beweis?«
    Packer antwortete nicht. Was war schiefgegangen? Kokina hätte längst da sein müssen.
    Eine weitere Viertelstunde verstrich, in der jeder seinen Gedanken nachhing.
    Um zwanzig vor elf hatte die Warterei ein Ende.
    Durch die Gegensprechanlage kündigte Frau Schröder an: »Hier sind zwei Herrschaften, die behaupten, sie werden erwartet.«
    O. C. Riesenberg sah zu Packer hinüber, der ihm zunickte.
    »Das hat seine Richtigkeit, Frau Schröder. Lassen Sie die beiden herein.«
    Vollmer erschrak, als er sah, wen Kokina mit festem Griff ins Zimmer schob. Packer auch. In Vollmers Gesicht breitete sich Entsetzen aus.
    »Hat etwas länger gedauert. Ich musste die Tür eintreten«, sagte Kokina. »Die da«, er stupste den Arm der Frau an, »wollte partout nicht aufmachen.«
    »Wer ist das?«, fragte Riesenberg, mit einem Mal hellwach. »Was tut sie hier?«
    »Ihr Name ist Sylvia Brustedt«, erklärte Kokina. »Sie ist eine Freundin Ihrer Tochter. Ich dachte, ich würde Carolin in der Wohnung Ihres Schwiegersohnes antreffen. Aber dann war die da.«
    Sylvia Brustedt. Die Frau, die angeblich von einem Eisbären zerfleischt worden war, die Frau, hinter deren Ohr Packer das Einschussloch ertastet hatte – diese Frau stand nun vor ihm und war so lebendig, wie ein Mensch nur sein kann.
    Ihre Ähnlichkeit mit Carolin war verblüffend. Wie Carolin trug sie das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und offenbarte die gleichen sanften Züge um den Mund. Ihre Augen leuchteten ebenso ultramarin wie Carolins Augen, und selbst die Zähne schienen identisch zu sein. Auch in Statur und Größe passten sie gut zueinander. Wer Carolin nur einmal flüchtig gesehen hatte, musste glauben, dass sie es sei.
    Das Unbehagen stand Sylvia Brustedt auf die Stirn geschrieben.
    »Warum hat man mich hierhergebracht?«, fragte sie und sah Hilfe suchend zu Vollmer. »Du hast mir versprochen, es gibt keine Schwierigkeiten.«
    Riesenbergs Stimme donnerte dazwischen.
    »Was ist hier los?«
    »Erklär du’s ihm, Kurt«, sagte Packer. »Von uns allen weißt du am besten, um was es geht. Aber vorher«, seine mächtige Hand packte Vollmers Unterkiefer und hielt ihn wie in einem Schraubstock fest, »will ich von dir wissen, ob die tote Frau auf Spitzbergen Carolin war. Und wehe, du lügst mich an. Dann breche ich ihn kaputt, und das wäre erst der Anfang, das schwöre ich.«
    Vollmers Lippen stülpten sich unter dem Druck nach vorn, er sah aus wie ein Frosch mit Erdnussallergie.
    »Nein«, presste er gequält hervor. »Das war nicht Carolin.«
    Packer drückte stärker zu.
    »Sie war es nicht!«, keuchte Vollmer. »Sie war es nicht!«
    101
    Moskau.
    Wladimir Choma zog die schweren Vorhänge beiseite. Vor ihm breitete sich der tief verschneite Gorki-Park aus, Spaziergänger in dicken Mänteln schlenderten über die freigeschaufelten Wege und behielten ihre Hunde und Kinder im Auge, die ausgelassen herumtollten. Zum ersten Mal seit Tagen schien die Sonne und überschüttete die grauen Dächer Moskaus mit ihrem Glanz. Auf dem zugefrorenen See drehten drei ältere Pärchen auf ihren Schlittschuhen elegante Runden. Jogger rannten kreuz und quer und scheuchten die Vögel in den kahlen Bäumen auf.
    »Seht euch das an«, sagte Choma. »Man könnte meinen, die Welt ist in Ordnung.«
    Das Wodkaglas in der Hand, drehte er sich zu Worobjow um.
    »Komm her, Pjotr, und sieh sie dir an! All die Menschen da draußen, die glauben, sie leben in Sicherheit und Frieden. Die darauf vertrauen, dass der Staat sie und ihre Familien beschützt. Diese Dummköpfe! Wir beiden wissen es besser, nicht wahr?«
    Widerwillig trat Worobjow ans Fenster neben Choma, der ihn um Haupteslänge überragte und ihm gönnerhaft seinen Arm auf die Schultern legte.
    »Diese Schafe. Lassen alles mit sich machen.«
    Mit einem kräftigen Ruck klemmte er den Hals von Worobjow zwischen die Beuge von Ober- und Unterarm und presste seine Nase gegen die kalte Scheibe.
    »Sieh sie dir an!«
    Michail, der Leibwächter, wollte seinem Chef zu Hilfe eilen, doch Boris Below, Chomas Mann fürs Grobe, versperrte ihm den Weg, eine Drohgebärde, die wegen der Waffe in seiner Hand ihre Wirkung nicht verfehlte.
    »Die beiden kommen ganz gut ohne uns klar«, sagte Below. »Lassen wir sie eine Weile ungestört plaudern und schauen mal, was dabei herauskommt.«
    Worobjow hatte einen Fehler gemacht, als

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