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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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die Positionslichter in der Dunkelheit.
    99
    Moskau.
    Wladimir Choma hatte seine engsten Mitarbeiter und ein hochrangiges Mitglied der Regierung samt Leibwächter in seinem Penthouse am Lenin-Prospekt hoch über dem Gorki-Park versammelt und versuchte sich darüber klar zu werden, warum das Unternehmen »Pole Position« gescheitert war.
    Die Atmosphäre in dem großen Wohnzimmer, das mit viktorianischen Möbeln vollgestellt war, bebte vor Anspannung. Die grünen Chintzvorhänge waren vor die Fenster gezogen, in der Luft hing der Rauch von schwarzen Zigaretten.
    Die Männer hatten ihre Jacketts abgelegt und tranken, die Ärmel der Hemden aufgerollt, Tee aus einem silbernen Samowar, dessen Strom kein Ende zu nehmen schien.
    »Das kann er nicht machen!«, brüllte Choma.
    »Solange nicht klar ist«, sagte Pjotr Worobjow, »welches Ausmaß die Krise annehmen wird, Wladimir, bleiben Ihre Konten eingefroren, und Sie dürfen das Land nicht verlassen. Der Präsident wird seine Entscheidung noch heute den Amerikanern mitteilen. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Hätte er sich hinstellen sollen und sagen: Seht her, das da oben auf dieser Scheißinsel, das waren wir? Nein, nein. So ist es für uns alle am besten.«
    Pjotr Worobjow durfte sich seit Jugendzeiten zu den engsten Freunden und Beratern des russischen Präsidenten zählen. Er hatte ein gerötetes Gesicht, ansonsten verliehen ihm die leeren Augen, die eingefallenen Wangen und der schlaffe Mund einen leblosen Ausdruck. Der Chefstratege des Kremls wurde wegen seiner kniffligen Schachzüge sogar von seinen ärgsten Feinden in der Partei bewundert. Und davon gab es viele. Die Opposition attackierte und fürchtete ihn gleichermaßen.
    Wer dem Präsidenten diente, musste damit leben, misstrauisch bekämpft zu werden, und Worobjow hatte sich über die Jahre ein dickes Fell zugelegt.
    Sein Begleiter hörte auf den Namen Michail und war zu Worobjows persönlichem Schutz da. Er stand neben dem knisternden Kaminfeuer, den rechten Ellenbogen lässig auf den Sims gestützt, und behielt Boris Below im Auge, Chomas Leibwächter, der zu voller Größe aufgerichtet in der Nähe seines Chefs wachte, eine Hand in der Sakkotasche, in der sich eine Makarow befand, mit seinem Monogramm auf dem Pistolenlauf.
    »Mich lässt er bluten, dieser Feigling«, brüllte Choma, »um selber ungeschoren davonzukommen. Hat er vergessen, dass es seine Idee war, im Nordmeer einen Stützpunkt aufzubauen?«
    »Sehr richtig, diese Notwendigkeit hat der Präsident frühzeitig erkannt«, bestätigte Worobjow. »Und er war hocherfreut, in Ihnen, mein lieber Wladimir, jemanden gefunden zu haben, der bereit war, die Sache mit eigenem Kapital und vollem Risiko voranzutreiben, ohne dass die Regierung in Erscheinung treten musste. Im Gegenzug für Ihr Engagement, und das sollten Sie ebenfalls erwähnen, hat er Ihnen einen großzügigen Teil der Nutzungsrechte in der Arktis eingeräumt, über einen Zeitraum von zwanzig Jahren. Wahrscheinlich wären Sie durch seine Großzügigkeit der reichste Mann der Welt geworden, aber nun«, Worobjow legte die Fingerspitzen seiner Hände zusammen, »haben sich die Ereignisse bedauerlicherweise gegen Sie gewandt, und glauben Sie mir, niemanden schmerzt das mehr als den Präsidenten. Um die Wahrheit zu sagen, er ist ungeheuer aufgebracht über den Verrat, den Sie an seinem Land geübt haben.«
    »Den was?«, polterte Choma. »Verdammt noch mal, er hat uns grünes Licht gegeben und betont, wie wichtig die Exploration im Nordmeer für Russland ist.«
    »Ich empfehle Ihnen, seinen Anweisungen Folge zu leisten«, fuhr Worobjow unbeirrt fort. »Wer weiß, wozu er fähig ist, um sein Land vor diplomatischem Schaden zu bewahren. Betrachten Sie es als ehrenwerte Geste, dass er Sie lediglich unter Hausarrest stellt und nicht gleich vor den Augen der internationalen Presse in die Lubjanka schaffen lässt, um die Gemüter im Westen zu kühlen. Der Alleingang eines übergeschnappten Oligarchen – vielleicht würde man uns diese Geschichte sogar abkaufen.«
    Choma stützte seine Ellenbogen auf die Knie und verbarg sein Gesicht in den Händen während er nachdachte.
    »Also gut«, sagte er schließlich, ging zur Bar und schenkte sich zwei Fingerbreit Wodka in ein geschliffenes Kristallglas, ohne seinen Gästen ebenfalls etwas anzubieten. »Wenn er mit mir spielen will, kann er das haben. Aber die Partie fängt erst an, sagen Sie ihm das.«
    Er hatte noch einen Trumpf in der Hand, und jetzt war

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