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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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nicht in die Gänge kriegen, können wir uns bei Riesenberg nicht wieder blicken lassen. Und das bedeutet: keine Prämie.«
    Dann wollte er von Packer wissen, in welchem Verhältnis er zur Familie Riesenberg stehe.
    Weitläufig verwandt, war die Antwort, die Packer ihm gab.
    »Du bist ein verdammtes Schlitzauge, und die Riesenbergs gehören zum Bremer Geldadel. Wie passt das denn zusammen, hmmhh?«
    »Das passt überhaupt nicht zusammen, das ist ja das Dilemma«, entgegnete Packer.
    »Und das war’s?«
    »Vorläufig.«
    Da, wo er herkomme, sagte Kokina, habe die Familie einen hohen Stellenwert. In der Armee, in der er sieben Jahre lang gedient habe, sei das nicht anders gewesen. Jeder für alle.
    »Und alle für sich selbst«, fügte Packer hinzu.
    »Mir wäre es recht, wenn du mich Alexej nennst«, sagte Kokina.
    »Dafür ist es zu spät. An Kokina hab ich mich schon gewöhnt. Allerdings kann ich ein Big Kokina daraus machen, wenn dir das lieber ist. Klingt bestimmt lustig, wenn ich im Ernstfall rufen müsste: He, Big Kokina, wirf mir mal fix deine Kanone rüber.«
    Nach der winzigen Irritation, die seine Worte bei Kokina hervorriefen, erzählte der ihm von seinen Einsätzen und hängte ein paar schillernde Girlanden an die Worte, um seine Position als ernst zu nehmender Begleiter klarzustellen.
    »Ich war unter den ersten sechshundertfünfzig Männern, die bei der Operation Storm-333 im Dezember 1979 in Kabul den Präsidentenpalast eingenommen haben.«
    »Speznas?«, fragte Packer.
    Kokina nickte.
    »Beeindruckend«, sagte Packer. »Wenn ich mich richtig erinnere, haben euch die Mudschaheddin später gehörig in den Arsch getreten, so steht es jedenfalls in den Geschichtsbüchern. Wäre Gorbatschow nicht an die Macht gekommen, wäre Afghanistan heute vielleicht eine Provinz von Russland. Das hätte dir bestimmt gefallen.«
    »Garantiert.«
    »Hab ich schon wieder recht? Das ist ja unangenehm«, sagte Packer.
    »Und die Warlords hätten wir als Schießscheiben aufgestellt oder in die Gulags geschickt.«
    »Dummerweise haben sie euch nach Hause gejagt, als wärt ihr bloß ein paar Penner auf der Jagd nach Flaschenpfand gewesen.«
    »Gepriesen sei Gorbatschow, dieser Trottel. Seit der Perestroika ist Russland verweichlicht und vergangstert. Ich weiß nicht, was schlimmer ist.«
    Während der Unterhaltung wanderte Packers Blick immer wieder zu Jenna und Kurt Vollmer.
    Jenna öffnete gerade die Augen und fragte Vollmer: »Was kannst du mir über Phong Packer sagen? Gibt es da etwas, das ich wissen sollte? Ihr kennt euch schon ziemlich lange, nehme ich an.«
    »Lass es mich mal so ausdrücken: Als Kind war er ein Träumer, der ständig mit dem Schraubenzieher geklappert hat, um die Welt neu zusammenzuschrauben. Später änderte sich das. Er spielte mit vollem Magazin russisch Roulette, was ihn früh zu dem potenziellen Verlierer machte, der er heute ist.«
    »Deinen Worten entnehme ich eine gewisse Antipathie.«
    »Er ist ein echter Verrückter mit ärztlichem Attest, wenn du mich fragst. Man sollte ihn aus dem Genpool der Menschheit entfernen.«
    »Was hat er dir getan, dass du so sauer auf ihn bist? Carolins Vater und ihrer Mutter scheint es ähnlich zu gehen, euch alle kenne ich inzwischen, aber nie hat auch nur einer den Namen Phong Packer erwähnt. Carolin auch nicht.«
    »Dafür gibt es verdammt gute Gründe.«
    »Die du mir selbstverständlich nicht erklären möchtest.«
    »Nein, ich glaube nicht, nein. Ist eine reine Familienangelegenheit.«
    »Mit richtigen Leichen im Keller?«, fragte Jenna.
    »Frag Carolins Vater, er ist die Autorität auf diesem Gebiet, von mir wirst du dazu nichts hören.«
    20
    Seltsame Geschichte, dachte sie und schaute an Vollmer vorbei zu Packer. Ihre Augen trafen sich.
    21
    Zwanzig Minuten vor der Landung verschwand die Sonne. Die Tragflächen des Flugzeugs, die eben noch weiß geleuchtet hatten, wurden blass und waren in dem einsetzenden Dunst kaum noch zu erkennen. Mit jeder Minute wurde es dunkler.
    Im dichten Schneetreiben setzte die Maschine in Tromsö zur Landung an. Als sie das Flugzeug verließen, ging Kokina voran. Vor dem Ausgang stand die Stewardess und verabschiedete jeden Fluggast mit einem Lächeln, auch Big Kokina. Er blieb einen Moment stehen, drückte ihr einen zerknitterten Zwanzig-Euro-Schein in die Hand und sagte: »Für die Unannehmlichkeiten. Aber es gibt viel Schlimmere als mich, oder? Geben Sie es zu.«
    »Nicht viele«, sagte sie und ließ den Schein geschickt

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