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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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war öde, die Straßen waren öde, der Schnee war öde. Selbst das Zentrum wirkte trist und trübsinnig und vollkommen reizlos.
    Kokina sagte: »Früher hätten sie nicht mal Missionare in diese Drecksgegend geschickt, man möchte sich gleich hinlegen und erst eine Stunde vor dem Abflug wieder aufwachen.«
    »Halten Sie bitte beim Arctica-Shop an«, wies Packer den Fahrer an.
    Jenna begleitete ihn in den Laden.
    Er hatte sich entschieden, mit seiner Reisegarderobe auf Reinhold Messner zu machen. Reduziert, aber effektiv, viel Rot und Blau.
    Was er aber nicht auftreiben konnte, was er auch nicht brauchte, war eine Rolex II 1655, die Messner trug, als er 1978 auf den Nanga Parbat kraxelte. Auf jedem Foto von damals ist sie zu sehen, die Gipfeluhr. Packer hätte sie Riesenberg gern in Rechnung gestellt, aber mit seiner Timex für vierzig Dollar, beim letzten New-York-Besuch gekauft, war er hochzufrieden, ein bisschen laut vielleicht, ewig dieses Ticken, was ihn besonders im Bett nervte, weil er seine Uhr auch beim Schlafen nicht ablegte.
    Im Einzelnen sahen seine Einkäufe so aus:
    - eine arktistaugliche Wetterjacke,
    - zwei gefütterte Windhosen,
    - zwei Fleecejacken,
    - drei Wollpullover,
    - vier grobe Leinenhemden,
    - vier lange Unterhosen,
    - zwei Paar Handschuhe (Jenna sagte: »Nimm Fäustlinge, die speichern die Wärme besser«),
    - ein Paar braune Schnürstiefel von Timberland,
    - ein halbes Dutzend Sweatshirts.
    Lange Unterhosen hatte Packer noch nie getragen.
    23
    Als sie zu ihrem Hotel kamen, das von außen wie ein Schullandheim im Schwarzwald aussah, parkten vor dem Eingang drei allradgetriebene japanische Autos. Hinter dem spitzgiebeligen Gebäude ragte im kalten Schein des Vollmonds wie aus der Erde gebrochen ein schneebedecktes Felsmassiv auf.
    Das Radisson, mit seinen vier Sternen das beste Haus am Platz, empfing sie mit mauretanischer Hitze, jedenfalls kam es ihnen so vor nach der Kälte, die draußen herrschte. Ein Schild im Vorraum forderte die Gäste auf, ihre Schuhe auszuziehen und in ein Regal zu stellen, das gegenüber vom Eingang des Barents Pub stand, Longyearbyens Abschleppschuppen Nummer eins. In einem Raum nebenan konnten Pub-Gäste ihre Wetterjacken und Überhosen aufhängen.
    Der neonhelle Empfangsbereich vermittelte die Atmosphäre eines Busbahnhofs. An der Rezeption sagte Jenna ihren Namen. »Wir haben reserviert«, und musterte die schlichte skandinavische Einrichtung. Sie drehte sich zu dem Eisbären um, dem zweiten Blickfang dieser Art heute, während der Empfangschef ihre Namen in den Computer eingab und kopfschüttelnd auf den Bildschirm starrte.
    Jenna sagte, er solle es unter dem Namen Riesenberg probieren, und das Gesicht des Portiers hellte sich augenblicklich auf.
    »Da haben wir’s«, sagte er in einem aufsteigenden Singsang. »Herzlich willkommen!«
    Es klang ungefähr so willkommen wie eine Mandelentzündung, auch wenn sein Lächeln etwas anderes zu verheißen schien.
    Zu Vollmer sagte er: »Wie schön, Sie wieder einmal bei uns begrüßen zu dürfen.«
    Im nächsten Moment faltete sich seine eben noch fröhliche Miene zusammen. »Oh, es tut mir leid. Was soll ich sagen. Ihre Frau …«
    »Ist schon in Ordnung. Geben Sie uns einfach die Schlüssel.«
    »Bedauerlicherweise«, der Empfangschef kramte hinter dem Tresen herum, »hat sich ein Problem ergeben. Es ist unsere Schuld, wir haben nicht aufgepasst. Würde es Ihnen etwas ausmachen, zwei Doppelzimmer zu beziehen? Einzelzimmer kann ich Ihnen leider nicht offerieren. Wir sind überbucht, in diesen Tagen kommen besonders viele Gäste nach Spitzbergen, zu unserem berühmten Jazz-Festival. Sie haben reserviert, natürlich, aber doch sehr kurzfristig, wenn ich das erwähnen darf.«
    Vollmer bestand auf einem Einzelzimmer.
    Der Empfangschef hob die Schultern.
    »Ein Versehen, wir entschuldigen uns. Wollen Sie, dass wir die anderen Gäste heute Nacht auf die Straße setzen? Leider sind auch alle anderen Unterkünfte in Longyearbyen ausgebucht, ich habe mich bereits erkundigt.«
    Mürrisch nahm Vollmer die Schlüssel entgegen, zwei Schlüssel für vier Personen, die einander kaum kannten.
    Packer lehnte lässig an der Wand und amüsierte sich darüber, wie Vollmer ratlos die beiden Schlüssel in seiner Hand betrachtete.
    »Na schön«, sagte Vollmer schließlich, »wie teilen wir uns auf?«
    »Dann rate mal frisch drauflos«, sagte Jenna.
    »Vielleicht«, entgegnete er, »wäre es am besten, wenn ich mir ein Zimmer mit dir teile,

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