Kalt kommt der Tod (German Edition)
ist was für Frauen.«
Packer quittierte die Bemerkung, indem er kurz das Gesicht verzog.
»Wirst Du hier fürs Reden bezahlt?«
Der Pole kniff die Augenbrauen zusammen und machte sich mit routinierten Handgriffen an die Arbeit.
Die Schorle schmeckte herrlich trocken und kalt. Packer nahm einen zweiten Schluck und stellte das Glas auf den Untersetzer zurück.
»Nun?«, fragte er.
»Nun was?«, erwiderte Anton, der vor ihm stehen geblieben war.
»Bis zum Ende Ihrer Schicht dauert es zwar noch eine Weile, aber ich bin ziemlich ungeduldig. Verraten Sie mir, was Carolin Riesenberg und Morton Paulsen miteinander verbindet? Wir waren vorhin bei ihm. Als wir die Bungee-Girls erwähnten, kriegte er so einen komischen Schimmer in den Augen.«
Antons Gesicht blieb ausdruckslos.
»Das Theaterleben hat seine Tücken. Springt für mich was dabei raus, wenn ich mit Ihnen rede?«
Packer schubste einen Schein auf die Theke und legte seine Hand drauf, sodass nur eine Ecke zu sehen war, auf der die Zahl Zweitausend stand.
»Ich bewundere die schönen Künste«, sagte er, »und Literatur hat es mir besonders angetan. Wenn sich die Gelegenheit bietet, bin ich gern bereit, hoffnungsvollen Talenten unter die Arme zu greifen. In diesem Fall schwebt mir ein Stipendium vor, damit Sie in Ruhe weiter an Ihrem Stück schreiben können.«
Er legte eine Pause ein, um seinen nächsten Worten das richtige Gewicht zu geben.
»Und jetzt hören Sie auf rumzueiern. Sie wissen, was Sie sagen müssen.«
Anton warf sich das Trockentuch über die Schulter und stemmte beide Hände auf den Tresen.
»Wie wär’s mit fünftausend?«
Amüsiert schüttelte Packer den Kopf.
»Nichts zu machen, für fünftausend Kronen miete ich mir drei Albaner, die hauen Ihnen so lange auf die Nase, bis Sie mir erzählen, was ich wissen will.«
»Sie drohen mir?«, sagte Anton.
»Darauf kann’s hinauslaufen. Ich würde es allerdings verhandeln nennen. Nehmen Sie das Geld, oder lassen Sie es bleiben, ein zweites Mal komm ich nicht wieder.«
Anton sah aus, als würde er Nein sagen, doch dann wanderten seine Finger zum Geldschein und zogen daran.
»Ihr Engagement für das Theater ist außerordentlich erfrischend«, sagte er.
Packer ließ den Schein los.
»Stellen Sie sich vor, Anton, ich wäre der Intendant eines Theaters und Sie müssten mir erklären, wovon Ihr nächstes Stück handelt, das, sagen wir mal, ›Bungee-Girl‹ heißen soll. Na, was würde ich da wohl zu hören kriegen?«
Ein pubertärer Schlägerblick und die Antwort: »Noch ein bisschen lauter, Mann, und Sie können sich Ihr Geld sonst wohin stecken.«
»Keine fünfundzwanzig Jahre alt und ein solches Mundwerk«, entgegnete Packer kopfschüttelnd.
Er packte die Jackenaufschläge des Polen. Es ging so schnell, dass niemand in der Bar etwas davon mitbekam. Packer hielt ihn fest und brachte seinen Kopf vor Antons Gesicht in Stellung. Antons Grinsen erstarrte, alles Jungenhafte fiel plötzlich von ihm ab.
»Wenn das eine Komödie wird, will ich meinen Eintrittspreis zurück«, sagte Packer.
»Sachte, Mann, sachte. Müssen ja nicht gleich alle mitkriegen, worüber wir reden. In dieser Angelegenheit muss jeder Beteiligte auf der Hut sein. Gehen wir nach hinten.«
Packer ließ ihn los. Anton verschwand in einer Tür zwischen zwei Flaschenregalen. Packer ging um die Theke herum und folgte ihm.
In der um diese Zeit leeren Küche des Hotelrestaurants standen ein paar Bierkästen, ein monströser Kühlschrank und drei Gasherde. Über einer Heizung hing ein abgetragener brauner Pullover.
Anton zündete sich eine Zigarette an und setzte sich an einen niedrigen Tisch mit einer roten Wachstuchdecke, auf der ein voller Aschenbecher und eine angebrochene Cola-Flasche standen.
»Ich hab gehört, was passiert ist«, sagte er, »eine der Frauen wurde gefunden.«
»Erzählen Sie mir was Neues. Wir waren bei den Bungee-Girls stehen geblieben.«
»Fragen Sie, wen Sie wollen«, fing Anton an, »der Direktor der Universität gehört ins Guinness-Buch der Arschlöcher, ein Akademiker mit scharfem Verstand, das ja, aber einer mit seltsamen Vorlieben. Was glauben Sie, woher der Ausdruck ›Bungee-Girl‹ kommt? Irgendeine Idee?«
Er saugte hastig an seiner Zigarette.
Packer sagte nichts, er ließ ihn reden.
»Sadomaso«, sagte Anton.
Das Wort knallte Packer gegen den Kopf.
»Beim Bungee-Springen«, fuhr der Pole fort, »wird man festgebunden und ist allem ausgeliefert, was mit einem geschieht, darum
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