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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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Toast?«
    »Nein.«
    »Anscheinend sind Sie öfter hier«, sagte Kokina. »Man erinnert sich an Sie.«
    »Gelegentlich. Schließlich arbeitet meine Frau sozusagen um die Ecke.«
    »Wohnen Sie denn nicht bei ihr, wenn Sie Ihre Frau besuchen?«
    »Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.«
    »Wenn Sie fertig sind, machen wir uns an die Arbeit.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie mir irgendetwas zu sagen haben«, entgegnete Vollmer mit müde verknittertem Gesicht. »Wann, was und wie ich etwas mache, entscheide ich selbst.«
    Und Kokina, was sagte der dazu?
    »Der Vietnamese ist der Boss, das hat uns Ihr Schwiegervater mit aller Deutlichkeit klargemacht. Ich behaupte nicht, dass ich glücklich darüber bin, aber so ist es nun mal. Sie sind dabei, okay, aber zu melden haben Sie nichts.«
    Vollmer wäre beinahe an seinem Müsli erstickt. Er begann zu husten, hielt sich die Hand vor den Mund, trotzdem flogen ein paar Brocken zwischen seinen Fingern durch. Als er wieder reden konnte, schnappte er: »Bald wird die Riesenberg-Reederei mir gehören – glauben Sie, das ist der richtige Ton, den Sie mir gegenüber anschlagen?«
    Kokina ließ sich gegen die Rückenlehne fallen und sagte: »Das interessiert mich einen Scheiß.« Und sah zu, wie Vollmer sich mit der Serviette Getreideflocken und Milch aus den Mundwinkeln wischte.
    »Ich bin nicht hergekommen«, sagte Vollmer, als er damit fertig war, »um Informationen über seltsame Hostessen und ihre schrägen Kunden nachzujagen. Die Bungee-Girl-Geschichte ist doch bloß ein Ablenkungsmanöver.«
    »Für mich hört sich das plausibel an, zumindest wären die Bungees ein Anfang.«
    »Ich suche nach meiner Frau, schon vergessen?«
    »Eben.«
    Vollmer aß hastig sein Müsli zu Ende und bestellte Kaffee nach.
    »Also gut«, lenkte er ein, »bevor wir uns langweilen – mit wem wollen wir anfangen?«
    »Liegt bei Ihnen, ich persönlich habe ein Faible für Krankenschwestern«, sagte Big Kokina.
    52
    Am schlimmsten war die Stille. Packer konnte sie hören. Sie war überall. Er versuchte, die Augen zu öffnen, es ging nicht.
    Nach einer Weile nahm er die Schmerzen wahr, die vom Rücken über den Hals bis unter die Schädeldecke pochten. Sie wurden mit jedem Atemzug schlimmer.
    Er lag auf der Seite und streifte sich die Handschuhe ab. Seine Handflächen waren noch warm, was bedeutete, er war nicht lange bewusstlos gewesen. Er hauchte sie an, um ihnen zusätzlich Wärme zu geben, dann legte er sie über die Augenlider. Achtmal wiederholte er diesen Vorgang, dann endlich lösten sich die festgefrorenen Wimpern von der Haut. Er öffnete die Augen.
    Er befand sich auf dem Kamm des Hügels, den er hinaufgeklettert war. Jenna lag in unveränderter Haltung immer noch unten. Das Skidoo war nirgendwo zu sehen. An jenen Punkten, wo Packers Körper den eisigen Boden berührte, drang die Kälte durch den Schutzoverall und breitete sich rasch in ihm aus. Er spürte, wie eine leichte Panik in ihm aufstieg, aber er kämpfte das Schwindelgefühl nieder, das der weite Himmel und die Schmerzen in ihm hervorriefen.
    Zu benommen, um aufzustehen, rutschte und rollte er den Hang hinunter und fragte sich, warum die Männer ihn nicht getötet hatten. Vielleicht dachten sie ja, er würde innerhalb kurzer Zeit sowieso erfrieren. Warum also eine Kugel verschwenden für etwas, das die Natur für sie erledigen würde?
    Erleichtert registrierte er, wie Jennas Brustkorb sich kaum merklich hob und senkte. Der Schnee um sie herum war weiß, ein Zeichen dafür, dass sie nur wenig Blut verloren hatte. Behutsam hob er ihren Oberkörper an, um sich die Wunde anzusehen.
    Dort, wo die Kugel sie getroffen hatte, neben der Wirbelsäule unter dem linken Schulterblatt, war der Overall nass von Blut.
    Der Wind blies jetzt von Norden – vom Pol – über den Spitzbergen-Archipel und trieb in Bodennähe neblige Wehen vor sich her. Nirgendwo sah Packer einen Platz, der ihnen Schutz bieten konnte. Sie mussten auf die andere Seite des Hügels, wo es weniger windig war.
    Er fragte sich, was passieren würde, wenn er Jenna auf seinen Armen hinübertrüge. Die Kugel in ihrem Leib könnte anfangen zu wandern und auf ihrem Weg womöglich lebenswichtige Organe verletzen, trotzdem musste er das Risiko eingehen, denn eine weitere Stunde auf dieser Seite des Hügels, schutzlos dem Sturm ausgesetzt, bedeutete für sie beide den Tod. Auf der anderen Seite hätten sie eine größere Chance, es länger auszuhalten und auf Rettung zu hoffen. Musste

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