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Kalt wie ein Brilliant

Kalt wie ein Brilliant

Titel: Kalt wie ein Brilliant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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herumschwamm. Ich
vermißte nur die schwimmende Kunststoff-Bar mit Kunststoff-Eis und
Kunststoff-Martinis!
    Das langgestreckte,
dreistöckige Verwaltungsgebäude bestand hauptsächlich aus Spiegelglas und
Aluminium. An einem Parkplatz verkündete ein Schild: »Nur für leitende
Angestellte«. Dort brachte ich meinen Wagen unter. Ich hatte nicht die Absicht,
mich von Anfang an mit einem Minderwertigkeitskomplex zu belasten. Rechts und
links des Plattenweges erstreckte sich gepflegter, dunkelgrüner Rasen. Die
Empfangshalle war ein Traum aus Plastik und der geeignete Startplatz für
windige Geschäfte.
    Inmitten dieser Pracht saß eine
phlegmatische Empfangsdame, die sich sehr viel Zeit nahm, bevor sie sich dazu
bequemte, nach meinen Wünschen zu fragen. Ihre Figur erinnerte an gewisse
italienische Filmsternchen, die nicht auf ihre Linie zu achten brauchen. Wenn
sie ging, wippte und wackelte wahrscheinlich alles an ihr wie ein Pudding. Ihr
zwei Nummern zu kleiner Orion-Pullover und eng anliegender Gabardinerock ließen
keine Frage, außer vielleicht der ihres Alters offen.
    »Ja, bitte?« Sie gähnte
verhalten. Mir und meinem markanten Profil geht solch unliebenswürdige
Behandlung gewaltig gegen den Strich. »Ich bin ein Mann schneller Entschlüsse«,
sagte ich ernst und geschäftlich. »15 Millionen für den ganzen Laden, mit
Grundstücken, Werksgebäuden und allem Drum und Dran. Na, ist das ein Angebot?«
    Sie blinzelte ein paarmal. Ihre
Wimperntusche begann vor Schreck zu zerfließen.
    »Eins allerdings verlange ich
von allen meinen Angestellten«, fuhr ich fort, ohne sie zu Atem kommen zu
lassen. »Und das ist bedingungslose Betriebstreue. Meine Angestellten müssen an
unsere Produkte glauben. Glauben Sie an die Produkte der Firma Poolside Plastics?«
    Sie riß die Augen auf. »Ich
will Ihnen ein Beispiel nennen«, erklärte ich zuvorkommend. »Tragen Sie Büsten-
und Hüfthalter aus Plastik-Material?«
    »Büsten- und Hüfthalter aus Pla ...?« Sie verstummte und klimperte verstört mit völlig
verklebten Augenwimpern. »Was wollen Sie überhaupt? Sind Sie vielleicht aus
einer Nervenheilanstalt entsprungen?« würgte sie mühsam hervor.
    Ein überkorrekt gekleideter
Herr, etwa Mitte 30, kam auf das Empfangspult zu und erkannte den Ausdruck
grenzenloser Verblüffung im Gesicht der Brünetten. Dann musterte er mich
ausgiebig und voller Verachtung von oben bis unten. »Wünschen Sie etwas?«
fragte er in einem Tonfall, dem man anhörte, daß er dies für höchst
unwahrscheinlich hielt.
    »Klar wünsche ich was«, sagte
ich weinerlich. »Sie machen doch so’n Plastikzeugs in
Ihrem Laden, nicht?«
    »Nun ja, allerdings!« Er
lächelte. Mein unterwürfiger Tonfall hatte ihn offenbar davon überzeugt, daß
ich nicht ganz ernst zu nehmen war. »Sie wollen doch nicht etwa was kaufen,
guter Mann?«
    »Die Sache ist so«, erklärte
ich in weithin hörbarem Flüsterton. »Ich bin Kapitän, Mister. Ein schweres
Leben, das kann ich Ihnen versichern. Wie ich so allein auf meinem Pott nach
Long Beach unterwegs bin, denke ich mir: Mensch, denke ich mir, da gibt es doch
jetzt diese Plastikfrauen in Lebensgröße. Wenn du wieder an Land bist, sage ich
mir, gehst du hin und fragst mal, wieviel so was
kostet. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie einsam so’n oller Seebär sich nachts in seiner Kajüte fühlen
kann.«
    Ich überlegte, wie ich diese
schöne Geschichte noch etwas ausspinnen könnte. Mein Blick fiel auf die
Empfangsdame, deren Augen starr ins Nichts gerichtet waren, und mir kam ein
glänzender Einfall, »’ne schöne kurvenreiche Puppe suche ich, wissen Sie? So
’ne Figur wie die da dürfte es ruhig sein.«
    Der überkorrekt gekleidete Herr
verlor sichtlich an Haltung. Sein Mund öffnete und schloß sich einige Male
stumm. Man brauchte ihn nur in ein Kugelglas zu setzen und regelmäßig mit
Ameiseneisern zu füttern, und bald würde man ihn von den anderen Goldfischen
kaum mehr unterscheiden können. Da der Arme nur ein paar abgerissene Laute herausbrachte,
konnte man ihm eine Fortsetzung des Ulks wohl nicht mehr zumuten. Schließlich
bin ich ein aktives Mitglied des Tierschutzvereins. Ich stellte mich also vor
und sagte ihm, daß ich für Elmo arbeitete.
    Er brauchte ein paar Sekunden,
um diese Mitteilung zu verdauen. Bei der Empfangsdame würde es wohl wesentlich
länger dauern, bis der Groschen endlich gefallen war — ein halbes Jahr
mindestens! Im Augenblick sah sie aus wie ein Gummipferd, aus dem man die

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