Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller
sie hatten gerade die Delavan überquert und waren nur noch ein paar Straßenzüge vom Krankenhaus entfernt.
»Diese dritte Partei, von der Trinh vor seinem Kopfsprung faselte«, überlegte Angelina. »Ist Ihnen je in den Sinn gekommen, dass es sich um Baby Doc handeln könnte? Dass er womöglich beide Seiten gegeneinander ausgespielt hat?«
»Ja.«
»Wenn das stimmt, haben wir diesem Hurensohn eine Dreiviertelmillion Dollar hingeblättert, nur um ihm dabei zu helfen, einen Drogenring zu übernehmen, auf den er schon seit Jahren scharf ist.«
»Ja«, bestätigte Kurtz. »Aber es ist nicht Baby Doc.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Ich weiß es eben.«
Sie erreichten die Notaufnahme. Kurtz trat die Hecktüren des Geländewagens auf, zog die Infusionsnadel aus Rigbys Arm, trug die Polizistin vorsichtig aus dem Wagen und legte sie behutsam auf dem nassen Asphalt ab. Angelina lehnte sich auf die Hupe. Kurtz saß schon wieder im Wagen und sie rauschten mit Höchstgeschwindigkeit davon, als die ersten Krankenschwestern und Pfleger aus der Tür schossen.
»Glauben Sie, Rigby kommt durch?« Angelina lenkte den Wagen auf den Kensington Expressway. Niemand folgte ihnen.
»Wie zur Hölle soll ich das wissen?«
Die Leiche des Leibwächters rollte gegen Kurtz, als der Geländewagen die Kurve Richtung Innenstadt nahm. Kurtz kämpfte sich auf den Beifahrersitz nach vorne. »Wo kommt Campbell hin? Auch in die Schrottpresse?«
»Mehr oder weniger.«
»Warum haben Sie ihn dann mit zurückgenommen?«
»Sie wissen schon: keinen Mann zurücklassen und dieser ganze Macho-Mist.« Angelina sah ihn an. »Sind Sie in die Polizistin verliebt, Joe?«
Kurtz rieb sich die Schläfen. »Fahren Sie zurück zu den Marina Towers?«
»Wohin sonst?«
»Gut. Mein Pinto steht da.«
»Sie wollen doch nicht wirklich in Ihren Harbor-Inn-Müllhaufen zurückkehren, oder?«
»Wohin sonst?«
»Haben Sie eine Vorstellung davon, was passiert, wenn die Ihre Freundin identifizieren?«
»Ja«, sagte Kurtz müde. »Das Buffalo Police Department wird komplett durchdrehen. Und Rigbys Partner, ein Hengst namens Kemper, dreht noch mehr durch als der Rest. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Rigby ihm davon erzählt hat, dass sie sich gestern mit mir treffen wollte. Deshalb gehe ich davon aus, dass er eine Streife losschickt, um mich einzusammeln, sobald er davon erfährt.«
»Und trotzdem wollen Sie sich dort blicken lassen?«
Kurtz zuckte die Schultern. »Ich glaube, mir bleiben noch ein paar Stunden Zeit. Rigby hat keinen Ausweis bei sich und sie wird entweder noch eine Weile bewusstlos sein oder …«
»Tot«, ergänzte Angelina.
»… oder sie wird ihren Mund noch eine Weile halten.«
»Aber es geht um eine Schussverletzung«, gab Angelina zu bedenken und meinte damit, dass das Krankenhaus die Polizei informieren würde. Ein Beamter würde sich zeitnah der Sache annehmen.
»Ja.«
»Bleiben Sie heute Nacht im Penthouse«, bat Angelina. »Ich werde Sie nicht vergewaltigen.«
»Ein anderes Mal«, lehnte Kurtz ab. Er sah die Tochter des Don an. »Obwohl ich sagen muss, Sie sehen unwiderstehlich aus.«
Angelina Farino Ferrara lachte selbstbewusst und schob sich das verschwitzte und verklebte Haar aus der blutverkrusteten Stirn.
Kurtz wusste in dem Moment, als er durch die Vordertür des Harbor Inn kam, dass jemand hier gewesen war – oder sich womöglich noch immer im Hotel aufhielt. Er zog die Browning. Dann kniete er sich hin, legte die Umhängetasche auf den Boden, setzte das Nachtsichtgerät auf, das er praktischerweise zurückzugeben vergessen hatte, und schaltete es ein. Das Gerät fuhr winselnd hoch. Grün und weiß leuchtete das dunkle Foyer in seinem Sichtfeld auf.
Die Markierungen an den Treppen und in der Mitte des Raums waren unberührt, aber das musste nichts bedeuteten. Kurtz spürte einen Luftzug, der nicht da sein sollte – und den Gestank von Urin.
Er überprüfte das gesamte Erdgeschoss, bevor er mit der Browning im Anschlag die Treppe hinaufging.
Er entdeckte das überklebte Loch in der Glasscheibe des vorderen Fensters. Jemand hatte auf alle drei Videomonitore gefeuert und die Bildröhren zerstört. In seinem Schlafzimmer empfing ihn eine urindurchtränkte Matratze und wild durcheinandergeworfene Kleidung. In der improvisierten Bibliothek hatte der Unbekannte mit einem Messer seinen reparierten Eames-Stuhl bearbeitet. Die Polster ließen sich nicht mehr retten. Die meisten Bücher lagen im Raum verteilt, die Regale
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