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Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Titel: Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller
Autoren: Dan Simmons
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Aufenthalt in Attica war die Detektei ebenfalls in diesem Stadtviertel untergekommen. Damals war es noch ein deutlich raueres Pflaster gewesen. Als er letztes Jahr aus dem Knast entlassen wurde, trieben sie zunächst eine deutlich billigere Bürofläche im Keller des letzten Pornoladens im Zentrum von Buffalo auf. Als der gesamte Block im Frühjahr abgerissen wurde, hatte Kurtz über ein Büro im Harbor Inn oder in einem der aufgegebenen Getreidesilos nachgedacht, aber Arlene schoss das Geld für die höhere Miete in der Chippewa Street zu und setzte ihren Dickschädel durch.
    Die Detektei, die sie hier vor 13 Jahren betrieben hatten, bestand lediglich aus ihm, seiner Partnerin Samantha Fielding und Arlene als Sekretärin. Die Straße wirkte schäbig, befand sich aber auf dem aufsteigenden Ast – viele Cafés, Antiquariate, ein Waffenladen – was Kurtz sehr praktisch fand – und nicht weniger als vier Tattooshops. In den 70ern, in Kurtz’ Jugend, gab es in der Chippewa Street fast nur schmuddelige Buchhandlungen mit einer breiten Auswahl fragwürdiger Literatur unter dem Ladentisch, Prostituierte und Drogendealer. Kurtz hatte eine Menge glücklicher Stunden hier verbracht.
    Inzwischen war die Chippewa Street eine der angesagtesten Adressen im verrottenden Korpus der Stadt. Wenn man sich nur in ihrem direkten Umkreis herumtrieb, konnte man durchaus glauben, dass es sich bei Buffalo, New York, noch immer um ein lebensfähiges Konstrukt handelte. Drei kurze Straßenzüge lang schlug hier das Herz der Stadt: Neonreklamen, Weinbars, Nachtclubs, am Bordstein vorfahrende Limousinen, schicke Restaurants und Fußgänger, die sich auch nach 18 Uhr noch auf der Straße herumtrieben. Nach zwei Uhr morgens sogar, wenn die letzten Clubs schlossen. Natürlich durfte auch ein Starbucks nicht fehlen. Kurtz fand, dass die Einheimischen übertrieben stolz auf ihr Starbucks waren.
    Als Arlene das Geld für das Büro aufgetrieben hatte, hatte Kurtz darauf bestanden, dass es nicht über einer Filiale des Kaffeerösters lag. Er hasste die Kette. Der Kaffee war so weit okay – Kurtz stellte keine hohen Ansprüche an die schwarze Brühe, Hauptsache es schwammen keine Kakerlaken oder Schlimmeres darin –, aber sobald irgendwo ein Starbucks auftauchte, war das ein Anzeichen dafür, dass ein Stadtviertel zum Teufel ging. Zugegeben, auf noble Weise, aber wenn die Gentrifizierung abgeschlossen war, blieb nur noch eine Disney-Parodie der ursprünglichen Gegend zurück.
    Arlene hatte ihm versprochen, diesen speziellen Dienstleister zu meiden wie der Teufel das Weihwasser. Deshalb befand sich ihre neue Zentrale anderthalb Straßenblocks weiter östlich und zwei Stockwerke höher als die nächstgelegene Starbucks-Filiale. Aber es hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass bald eine weitere direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite eröffnen sollte.
    Als Kurtz sich die Treppen zum zweiten Stock hinaufkämpfte und durch die Tür trat, sah er, warum Arlene unbedingt hier ein Büro haben wollte. Während seiner Zeit im Gefängnis hatte seine Sekretärin zunächst ihren Sohn durch einen Verkehrsunfall und später ihren Mann aufgrund eines Herzinfarkts verloren. Die beiden waren Computerfreaks gewesen und Arlene galt als beste Hackerin – oder wie immer man solche Leute nannte – in der Familie. Sie verwendete noch heute die Zugangscodes für Dateien und Konten des Bezirksstaatsanwaltes von Erie County, dabei arbeitete sie schon seit fünf Jahren nicht mehr dort.
    Aber sie arbeitete zu hart und rauchte zu viel. Ihr einziges Hobby waren Kriminalromane. Wegen Sweetheart Search und Weddings Bells hielt sie sich zu jeder Tages- und Nachtzeit und selbst am Wochenende hier auf, obwohl sie genauso gut aus ihrem Haus in Cheektowaga auf die Server zugreifen konnte. Sogar um zwei Uhr nachts, wusste Kurtz, tobte hinter dem Südfenster direkt an ihrem Schreibtisch das Leben – Lichter und Menschen und Verkehrsgeräusche brodelten, als würde man in einer echten Großstadt wohnen.
    Er blieb im Eingang stehen. Er war nicht sicher, wie sie auf seine Kopfverletzung, die Verbände, die Waschbärmaske, die Abschürfungen und seine Dämonenaugen reagieren würde.
    »Hey«, grüßte er und ging an seinem chaotischen Schreibtisch vorbei zu ihrem makellos aufgeräumten.
    »Selber hey«, grüßte Arlene und tippte konzentriert weiter, die Augen gebannt auf den Monitor gerichtet. Eine Marlboro baumelte lässig in ihrem Mundwinkel. Der Rauch kräuselte sich um ihren
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