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Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Titel: Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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hoch, vielleicht sogar 70 – und in die nackte Felswand hineingeschlagen. Knapp 100 Meter tiefer endete der Parcours, der so manchem erfahrenen Bergwanderer den Schweiß auf die Stirn getrieben hätte, am schwarzen Asphalt der kurvigen Auffahrt.
    »Sie machen Witze«, sagte Kurtz.
    »Ich mache niemals Witze«, versicherte Major Michael O’Toole.
    Kurtz seufzte und streckte die Hände aus, damit ihm jemand die Fesseln durchschnitt.
    »Später vielleicht. Sheriff Gerey wird Sie unten erwarten.« Der alte Mann im Rollstuhl nickte noch einmal und jemand versetzte Kurtz einen heftigen Stoß.
    Er wäre fast kopfüber in die Tiefe gestürzt, taumelte wild und konnte ein Abrutschen allein dadurch verhindern, dass er von der Terrasse auf die erste schmale Stufe hinuntersprang. Der Aufprall fuhr ihm durch die Wirbelsäule und hätte ihn fast wieder nach vorne kippen lassen. Er stand schwankend da und hielt die gefesselten Arme nach hinten, um das Gleichgewicht zu halten.
    »Schärfen Sie Mr. Gonzaga und Miss Ferrara ein, dass sie sich morgen exakt um zwölf Uhr mittags in Sheriff Gereys Büro einfinden sollen«, gab ihm der Major mit auf den Weg. »Eine Minute Verspätung hat bereits unangenehme Konsequenzen zur Folge – der Tod von Detective King ist noch das kleinste Übel.«
    Der Mann im Blazer schob den Rollstuhl des Majors durch die Glastüren ins Haus zurück. Colonel Trinh und vier der anderen Vietnamesen postierten sich mit dem Gewehr vor der Brust am Rand der Terrasse und beobachteten Kurtz bei seinem Abstieg.
    Zuerst dachte Kurtz, es wäre leichter als erwartet. Zumindest, wenn ihn die Männer da oben nicht erschossen – was er durchaus für denkbar hielt. Und wenn er nicht stolperte und mit hinter dem Rücken gefesselten Händen stürzte – was ihm mit jedem Schritt wahrscheinlicher vorkam.
    Doch zunächst blieb er optimistisch. Es mochten 70 oder 80 Meter Strecke vor ihm liegen – aus diesem grässlichen Winkel schwer einzuschätzen – mit fast vertikalen Zikkuratstufen, jede mindestens einen halben Meter über der anderen. Sie reichten Kurtz fast bis zum Knie und die Betonfläche, auf der er balancieren konnte, war lediglich 20 oder 25 Zentimeter breit. Aber wenn er vorsichtig am Rand jedes Tritts balancierte und dann zum nächsten hüpfte, die Hände hinter dem Rücken, aber ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu halten, sollte er es schaffen. Fast wie ein gemütlicher Nachmittagsspaziergang am Strand.
    Mal davon abgesehen, dass der wiederholte Aufprall nach neun oder zehn Sprüngen – nur noch 150 lagen vor ihm – seine Wirbelsäule stauchte, seine Knie folterte und riesige glühende Gleisnägel des Schmerzes durch seinen malträtierten Schädel trieb.
    Kurtz hielt es für einen Segen, dass sie seine Taschen vor dem Fesseln entleert hatten – sogar die Ray-Charles-Sonnenbrille war ihm von der Nase genommen und weggelegt worden –, denn der ganze Kram wäre sonst längst gen Abgrund gesegelt. Es wäre wirklich ärgerlich, dachte Kurtz, wenn er unterwegs haltmachen müsste, um seine Habseligkeiten mit den Zähnen aufzusammeln. Und Daddy Bruce wäre stinksauer, wenn er ohne die Sonnenbrille nach Hause kam. Er trat an den Rand der zehnten oder elften Stufe, so genau wusste er es inzwischen nicht mehr, und sprang.
    Der Schock des Aufpralls erschütterte seine Wirbelsäule und ließ ein Feuerwerk der Torturen in seinem Schädel explodieren. Seine Sicht verschwamm.
    Noch nicht. Noch nicht . Er schloss einen Pakt mit den verdammten Kopfschmerzen: Sie durften ihn kotzen oder sogar ohnmächtig werden lassen, sobald er unten war – oder auf einer der letzten drei Stufen. Aber nicht hier. Nicht hier .
    Weitere drei Stufen. Diesmal versuchte er, sie hinunterzu steigen . Das ging besser. Aber der Schmerz trat trotzdem jedes Mal, wenn er das andere Bein nachzog, in seinen Hinterkopf rein und durch das Loch in der rechten Seite seines Schädels wieder raus. Außerdem war es mit dieser Methode ungleich schwieriger, mit den Händen hinter dem Rücken im Gleichgewicht zu bleiben. Die viel zu straff angezogenen Fesseln behinderten die Blutzirkulation in den Händen und jetzt wurden auch noch seine Unterarme taub. Eine kleine Vorhut der Qualen eilte der Taubheit voran wie kleine Elfen, die vor einem Waldbrand flohen.
    Was? Mensch, konzentrier dich, Joe! Er blieb auf dem schmalen Betonabsatz stehen, seine Zehen ragten darüber hinaus. Kurtz keuchte, der Schweiß lief ihm in die Augen – Schweiß, den er weder wegblinzeln

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