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Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller

Titel: Kalt wie Stahl - Der 3 Joe Kurtz Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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noch aus dem Gesicht wischen konnte. Er spähte in die Höhe zu den dunklen Gestalten, die jeden seiner Schritte beobachteten. Der Major war nicht da, wohl aber Colonel Trinh. Er lächelte nicht. Die anderen Vietnamesen schon. Sie hatten ihren Spaß und schlossen wahrscheinlich Wetten darauf ab, ob und wann er abstürzte. Trinh schien sich ebenfalls zu amüsieren, aber viel zu sehr, um sich ein Grinsen abzuringen.
    Konzentrier dich. Die Klippe zu beiden Seiten bestand aus rutschigem Kalkstein mit einigen Graniteinschlüssen – ein steiles Gemisch aus Gestein und Erde, durchsetzt mit ein paar Flechten, kümmerlichen Pflanzen und gelegentlichem Eichengestrüpp. Aber die Treppe zu verlassen, wäre Selbstmord gewesen. Selbst mit freien Händen und nicht behindertem Blutkreislauf musste man schon ein erfahrener Bergsteiger sein, um diesen rutschigen Abhang zu meistern.
    Kurtz hoppelte eine weitere Stufe nach unten, wartete ab, bis das Flimmern hinter seinen Augen sich wieder beruhigt hatte, und nahm die nächste in Angriff.
    Ich glaube kaum, dass Dr. Singh das als geeignete Therapie für eine Gehirnerschütterung einstufen würde .
    Wer war Dr. Singh?, fragte Kurtz sich dumpf. Es war faszinierend, wie die Kopfschmerzen ähnlich einer Meeresbrandung angeströmt kamen, ohne Unterlass und Pause wogten sie über ihn hinweg.
    Er setzte seinen lebensgefährlichen Trip in die Tiefe auf dieselbe Weise fort. Ließ sich fallen, taumelte, fing sich, trat zur Kante und ließ sich erneut fallen. Bildete er es sich nur ein oder wurden die Trittflächen der Stufen zunehmend schmaler? Er kratzte mit der Ferse am Beton, wenn er die Füße fest aufzusetzen versuchte, obwohl seine Zehen bereits in der Luft hingen. Am Anfang war Kurtz noch froh gewesen, dass er heute seine Turnschuhe trug, doch jetzt wünschte er sich seine alten Kampfstiefel herbei. Seine Knöchel fühlten sich an, als wären sie gebrochen. Seine Fersen schienen zu bluten.
    Er rutschte weiter nach unten. Und weiter. Der Schweiß stach ihm in die Augen und brannte im Kontrapunkt zu den wahren Schmerzen.
    Schlimmer kann’s nicht werden …, lautete eine Zeile aus einem alten Army-Lied. Kurtz glaubte natürlich nicht daran. Wenn das Leben ihn eines gelehrt hatte, dann dies: Es wurde immer noch schlimmer.
    Wie auf Kommando fing es an zu regnen. Sturzbäche prasselten vom Himmel.
    Kurtz’ Haar klebte an seinem Kopf. Er schmeckte den Regen und stellte fest, dass sich das Wasser mit Blut von seiner Kopfverletzung vermischte. Er konnte die zähe Flüssigkeit in seinen Augen und auf seinen Wimpern nicht wegblinzeln, also blieb er einen Moment stehen. Er wusste nicht, ob er die Hälfte, zwei Drittel oder ein Viertel des Weges nach unten bewältigt hatte. Sein Kopf und sein Hals schmerzten zu sehr, um noch einmal einen Blick nach oben zu werfen. Und nach unten wollte er nicht mehr schauen.
    Es kann immer schlimmer werden.
    Ein Blitz schlug so dicht neben ihm ein, dass er geblendet wurde. Der Donner hätte ihn fast umgeworfen. Die Welt war mit dem Gestank von Ozon erfüllt. Kurtz’ nasses und blutiges Haar versuchte, sich an seinem Kopf aufzurichten, als der Hang um ihn herum weiß aufleuchtete.
    Kurtz setzte sich schwer auf den Hintern, seine Beine flogen nach vorne. Er keuchte, war desorientiert und so benommen, dass er bezweifelte, jemals wieder aufstehen zu können, ohne abzustürzen.
    Der Regen prügelte wie mit Fäusten auf Schultern und Nacken ein. Er war kalt wie Hagel und tat seinem Kopf weh. Kalt wie Hagel, dachte er noch einmal und versuchte, es mit einem texanischen Akzent zu denken. Jede Faser seines Körpers schmerzte. Warum zur Hölle hat dieser bescheuerte Jemenitenjunge nicht besser gezielt? Die Sache zu Ende gebracht? Aber es war gar nicht der Jemenitenjunge gewesen, oder? Zu diesem Zeitpunkt hatte Kurtz ihn bereits niedergeschossen.
    Jemand anders hatte ihn erwischt, wie Kurtz erkannte. Dieser Jemand hatte den Jemenitenjungen dorthin gebracht, um … wen zu töten? Peg O’Toole, dachte er. Die hübsche Peg O’Toole, die noch vor einem Jahr ihren Job als Bewährungshelferin riskiert hatte, um sich vor ihn zu stellen – verdammt, um sein Leben zu retten. Damals hatte ein Bulle, der auf der Farino-Gehaltsliste stand, ihn mit einer fingierten Anklage in die Arrestzelle geworfen und anschließend zurück nach Attica geschickt. Dort warteten bereits die D-Block-Mosque und Hunderte anderer Knastbrüder darauf, das auf ihn angesetzte Kopfgeld einzustreichen

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