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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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können. Mit ihm war sicherlich auch das verbrannt, was er als sein Lebenswerk bezeichnet hatte, ebenso wie sämtliche Hinweise darauf, dass irgendwelche Röhrchen mit seinem mysteriösen Zeug fehlten. Vorläufig glaubten diese Männer, ob Trupp oder Meute, ihre Jagd habe ein erfolgreiches Ende gefunden. Wenn das Glück Dylan gewogen war, dann würden sie nie etwas anderes erfahren, und ihm blieb eine Kugel im Kopf erspart.
    Er bremste seinen Wagen ab und brachte ihn dann ganz zum Stehen, um das brennende Wrack mit demonstrativ morbider Neugier zu begaffen. Ohne Pause weiterzufahren, hätte womöglich verdächtig ausgesehen.
    Jilly neben ihm hatte seine Strategie, sich möglichst unauffällig davonzumachen, offenbar begriffen. » Es ist nicht leicht, sensationsgeil zu glotzen, wenn man das Opfer kennt «, bemerkte sie.
    » Gekannt haben wir es nicht, und erst vor ein paar Minuten haben Sie es als Drecksack bezeichnet. «
    » Von diesem Opfer rede ich gar nicht. Ich bin froh, dass der grinsende Bastard tot ist. Ich spreche von der Liebe meines Lebens, meinem wunderschönen mitternachtsblauen Cadillac Coupe DeVille. «
    Einen Moment lang beobachteten einige der vorgeblichen Golfer, wie Dylan und Jilly das brennende Wrack anstierten. Der Himmel mochte wissen, was sie über Shepherd dachten, der mit den Händen auf dem Kopf auf dem Rücksitz saß und so wenig an dem Feuer interessiert war wie an allem anderen, was sich außerhalb seiner Haut abspielte. Als die Männer sich abwandten, weil sie die Insassen des Fords offenbar als die üblichen Schaulustigen einschätzten, nahm Dylan den Fuß von der Bremse und fuhr weiter.
    Am Ende der Ausfahrt lag die Straße, die er vor kaum einer Stunde überquert hatte, um Cheeseburger mit Fritten für einen Herzinfarkt auf Raten zu besorgen. Die Gelegenheit, sein Abendessen auch tatsächlich zu verzehren, hatte er nun nicht gehabt.
    Dylan bog nach rechts auf die Straße ein und peilte die Schnellstraße an, während in der Ferne Sirenen zu kreischen begannen. Trotzdem hielt er die vorgeschriebene Geschwindigkeit ein.
    » Was haben wir vor? «, fragte Jillian Jackson.
    » Hier abhauen. «
    » Und dann? «
    » Noch weiter weg abhauen. «
    » Wir können doch nicht nur davonlaufen, vor allem nicht, wenn wir nicht wissen, vor wem oder was wir davonlaufen – oder wieso. «
    Jillys Bemerkung enthielt zu viel Wahrheit und gesunden Menschenverstand, um Widerspruch zuzulassen. Als Dylan trotzdem nach einer Erwiderung suchte, stellte er fest, dass er momentan tatsächlich so wenig schlagfertig war, wie sie es von einem Künstler erwartete.
    Als sie die Auffahrt der Interstate erreicht hatten, flüsterte Shepherd hinten: » Beim Licht des Mondes. «
    Diese Worte raunte Dylans kleiner Bruder zwar nur ein einziges Mal, was angesichts seiner Neigung zu Wiederholungen erfreulich war, aber dann brach er in Tränen aus. Shep war eigentlich kein weinerlicher Bursche. Siebzehn Jahre waren vergangen, seit er sich als dreijähriges Kind von den Schmerzen und Enttäuschungen dieser Welt zurückgezogen hatte, um zumeist in einer sichereren, selbst erschaffenen Welt zu leben, und in dieser ganzen Zeit hatte er nur selten geweint. Nun kamen ihm schon zum zweiten Mal in einer Nacht die Tränen.
    Er kreischte und heulte nicht etwa, sondern weinte leise vor sich hin. Es war ein dumpfes Schluchzen, durchschossen vo n e inem dünnen Wimmern, von kläglichen Lauten, die er verschluckte, bevor sie ihren vollen Ausdruck fanden. Obwohl Shep sich bemühte, seine Gefühle zu ersticken, gelang es ihm nicht ganz, ihre schreckliche Kraft zu verbergen. Irgendein unbekannter Kummer oder Schmerz marterte ihn. Im Rückspiegel war zu sehen, dass sein normalerweise friedliches Gesicht – nun eingerahmt von der Haube aus Händen und Ellbogen – von Qualen verzerrt wurde, die so verstörend waren wie das Gesicht auf Edvard Munchs berühmtem Bild Der Schrei.
    » Was hat er bloß? «, fragte Jilly, als sie das obere Ende der Auffahrt erreicht hatten.
    » Ich weiß nicht. « Dylans Blick sprang besorgt zwischen der Straße vor ihm und dem Rückspiegel hin und her. » Ich weiß es nicht. «
    Langsam glitten Shepherds Hände von seinem Scheitel an seinen Schläfen entlang, als würden sie schmelzen, wurden dann jedoch wieder fest und versteiften sich knapp unterhalb der Ohren zu Fäusten. Er presste sich die Fingerknöchel an die Backenknochen, als wehrte er sich gegen einen fürchterlichen inneren Druck, der ihm die Gesichtsknochen

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