Kalt
erwarten konnte, sich mit einem Mann auf den Weg zu machen, bei dem es sich um einen wahnsinnigen Kannibalen handeln konnte.
Zu gesetzestreu, um über Bordsteine zu springen und Grünstreifen zu zerstören, fuhr Dylan zur Vorderseite des ausgedehnten Motels, um zur Ausfahrt zu gelangen. Nicht weit von dem säulengeschmückten Vorbau, der den Eingang der Rezeption überragte, entdeckte er die Ursache des Feuers. Ein Auto war in die Luft geflogen.
Das Bild, das sich ihm bot, war nicht so ästhetisch, wie man es aus Hollywoodfilmen kannte. Schließlich war kein Szenenbildner am Werk gewesen, der das brennende Fahrzeug nach dem künstlerischen Feingefühl seines Regisseurs positioniert hatte, und kein Team aus Pyrotechniker und Stuntkoordinator hatte Größe und Farbe der Flammen so berechnet, dass sie möglichst ansprechend aussahen. Diese keineswegs filmgerechten Flammen glühten in einem bitteren, trüben Orange, das so dunkel war wie blutige Zungen, und die vielen Mäuler des Brandes spien öligen schwarzen Rauch in die Luft. Der Kofferraumdeckel war weggerissen worden und hatte sich zu einer chaotischen Masse zusammengeknüllt, die so hässlich war wie manche modernen Skulpturen. Dann war er auf dem Dach eines der drei schwarzen Kombis gelandet, die das brennende Wrack in sechs Metern Entfernung umzingelten. Der Fahrer, den die Gewalt der Explosion teilweise durch die Windschutzscheibe geschleudert hatte, lag tot halb innerhalb und halb außerhalb des Wagens. Offenbar waren seine Kleider in den ersten Sekunden nach der Explosion von einem Feuersturm zu Asche verbrannt worden. Nun gab sein Körper dem Scheiterhaufen Nahrung, und die brodelnden Flammen, die sein Opfer aus Fett, Fleisch und Mark erzeugte, waren erschreckend anders als jene, die das Automobil verzehrten. Ihr ranziges Gelb war mit einem Rot geädert, das so dunkel war wie saurer Bordeaux, und mit einem trüben Grün, das an Fäulnis denken ließ.
Außerstande, den Blick von diesem Horror abzuwenden, schämte sich Dylan wegen seines Unvermögens, sich aus den Klauen seiner Sensationsgier zu befreien. Freilich, im Grunde war in Hässlichkeit ebenso viel Wahrheit enthalten wie in Schönheit, und zuerst schob er seine makabre Faszination auch auf den Fluch des Künstlerblicks, aber eigentlich war ihm klar, dass dieser Vorwand auf tönernen Füßen stand. Wenn er au f j egliche Selbsttäuschung verzichtete, bestand die hässliche Wahrheit womöglich darin, dass ein dauerhafter Defekt im menschlichen Herzen den Tod auf perverse Weise attraktiv machte.
» Das ist mein DeVille «, sagte Jilly eher bestürzt als wütend. Sie war sichtlich betäubt von der Erkenntnis, dass ihr Leben so unvermittelt auf die falsche Spur geraten war, und das ausgerechnet in einem verschlafenen Kaff in Arizona, das kaum mehr war als eine Autobahnraststätte.
Zehn bis zwölf Männer waren aus den identischen Kombis gestiegen, die mit weit geöffneten Türen dastanden. Statt dunkle Anzüge oder paramilitärische Uniformen zu tragen, waren die Burschen wie für den Aufenthalt in einem Wüstenurlaubsort gekleidet, mit weißen oder gelbbraunen Schuhen, weißen oder beige Hosen, Hemden und Polohemden in verschiedenen Pastelltönen. Sie sahen aus, als hätten sie einen gemütlichen Tag auf dem Golfplatz verbracht und sich dann, von der Sonne geröstet, abends in der Bar des Clubhauses in Gin fertig schmoren lassen; aber keiner von ihnen stellte so viel Bestürzung oder wenigstens Überraschung zur Schau, wie man es von braven Durchschnittsbürgern erwartet hätte, die gerade Zeugen einer Katastrophe geworden waren.
Obwohl Dylan nicht direkt an dem brennenden Cadillac vorbeifahren musste, um vom Motel aus die Ausfahrt zu erreichen, wandten einige der Sportsmänner sich vom Feuer ab, um seinen Wagen ins Visier zu nehmen. Sie sahen weder wie Buchhalter oder Manager aus noch wie Ärzte oder Bauunternehmer, sondern rauer und noch gefährlicher als Anwälte. Ihre Mienen waren ausdruckslose, harte Masken, so wenig lebendig wie in Stein gemeißelt, einmal abgesehen vom Widerschein des Feuers, der ihnen von Ohr zu Ohr und vom Kinn zur Stirn flackerte. In ihren Augen glitzerte es dunkel, aber obwohl sie den Ford bei seiner Abfahrt beobachteten, forderte keiner ihn zum Halten auf, keiner verfolgte ihn.
Sie hatten ihre hartnäckig gejagte Beute zur Strecke gebracht. Der wahnsinnige Doktor hatte in Jillys Cadillac den Tod gefunden, offenbar bevor sie ihn fassen und in die Zange hatten nehmen
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